Weihnachtsengel gibt es doch
auch nicht?
„Kannst du das nicht ausfallen lassen?“, fragte Eddie.
„Nein. Vor allem nicht dieses Jahr. Ich muss mich vielleicht bald nach einem neuen Job umsehen, also muss ich mit den Leuten in Kontakt bleiben.“
„Du sicherst dich immer noch nach allen Seiten ab.“ Erstand da in seinen Weihnachtsmann-Shorts und sah so anziehend aus, dass sie tatsächlich darüber nachdachte, das Treffen ausfallen zu lassen und mit ihm hierzubleiben.
„Ich muss realistisch sein“, erklärte sie. „ich weiß, dass wir alles für die Bücherei tun, aber die Zeit läuft uns davon, und wir sind noch nicht mal in der Nähe der Summe, die wir benötigen.“
„Ja, aber es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist. Bleib hier.“ Er packte sie und drückte sie zärtlich gegen die Wand. Seine verführerischen Küsse an ihrem Hals ließen sie beinahe schwach werden. „Ich bitte die Mädchen im Sender, heute Morgen eine Aufzeichnung zu senden.“
Das leichte Kratzen seiner Bartstoppeln jagte ihr Schauer über den Rücken. „Ich muss los“, wiederholte sie und duckte sich unter seinem Arm hindurch. „Das Treffen findet dieses Jahr in Seaview statt.“ Sie warf ihm einen wissenden Blick zu.
„Die Heimat der Havens“, sagte er mit seiner Radiostimme. „Ich glaube nicht, dass meine Leute Büchereibesucher sind.“
„Vielleicht schaue ich bei ihnen vorbei und lade sie zu Weihnachten ein.“
Er lachte. „Klar. Das fänden sie super. Nein, glaub mir, Honey, sie haben andere Pläne.“
„Hast du sie jemals eingeladen?“
„Die Zeiten, in denen sie an Weihnachten herumgereist sind, sind vorbei, und ich glaube, das gefällt ihnen ganz gut.“
„Aber du hast sie niemals eingeladen.“
„Ich weiß, was sie sagen würden.“
„Sie könnten dich überraschen.“
„Moe, ich weiß, was du mir sagen willst.“ Er zog sie wieder in seine Arme. „Und ich weiß deine Sorge zu schätzen. Aber glaub mir, ich muss an Weihnachten nicht mit meiner Familie zusammen sein, und sie müssen weiß Gott auch nichtmit mir zusammen sein. Das haben wir versucht, als ich noch ein Kind war, und es hat nicht so gut funktioniert.“
Er gab ihr einen köstlichen Kuss, der so süß war wie Schokolade. „Und falls du es noch nicht bemerkt hast, ich habe dieses Jahr an Weihnachten Besseres zu tun.“
5. TEIL
Der Heiligabend war eine Nacht der Lieder, die sich wie ein Schal um dich legt. Aber sie wärmte mehr als nur deinen Körper. Sie wärmte dein Herz … und erfüllte es mit einer Melodie, die bis in alle Ewigkeiten erklingen würde.
Bess Streeter Aldrich (1881-1954),
amerikanische Autorin, aus „Song of Years“
19. KAPITEL
E ddie träumte von dem Engel … wieder einmal. Dieses Mal war es jedoch anders. Die bisherigen Träume waren wilde Mischungen aus halb vergessenen Erinnerungen und Wunschträumen gewesen. Nun jedoch weckten ihn die Bilder in seinem Kopf, die so klar waren wie eine wolkenlose Winternacht. Der erste Teil des Traumes war wie immer gewesen – er lag nach dem Unfall halb in einer Schneewehe begraben, stumm vor Schmerzen und Schock, kurz davor, sich zu Tode zu frieren. Die Leute, die aus der Kirche geströmt waren, sahen ihn nicht … bis der Engel kam. Und anders als in seinen bisherigen Träumen, konnte er dieses Mal das Gesicht des Engels erkennen.
Er setzte sich im Bett auf, mit einem Mal hellwach. Schnurstracks ging er zu seiner Gitarre und schrieb das Lied für das Krippenspiel. Einfach so – kein Zögern, kein Herumsuchen nach den richtigen Tönen und Worten. In seinem Leben hatte er schon viele Hundert Lieder für alle möglichen Gelegenheiten komponiert, aber noch nie hatte er mit einer solchen Klarheit und Überzeugung geschrieben. Er konnte es kaum erwarten, den Song Maureen vorzusingen, ihn ihr als Geschenk zu geben. Als Versprechen.
Unglücklicherweise musste er damit noch warten. Sie war auf irgendeiner Bibliothekarversammlung auf Long Island und blieb über Nacht weg. Die vierundzwanzig Stunden ohne sie zogen sich endlos dahin. Wenn sie wieder da wäre, versprach er sich, würde er ihr jede freie Minute widmen. Sein Ziel war klar: Sie sollte sich so in ihn verlieben, wie er sich in sie verliebt hatte. Vielleicht würde er mit ihr ins Apple Tree Inn fahren und … nein. Der Ort weckte immer noch schlechte Erinnerungen in ihm. Okay, vielleicht würde er sie dann mit zu sich nach Hause nehmen, in sein Häuschen am See. Zum Teufel, vielleicht würde er sogar für siekochen. Auf jeden Fall würde er sie
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