Weihnachtsgeschichten am Kamin 02
waren natürlich die Meister auf unserer «Hausbahn», und respektvoll machten uns die anderen Kinder Platz, wenn wir zum Rodeln kamen.
Unter dem Berg, in den Felsen eingehauen, befand sich der Keller einer Brauerei, in welchem die großen Eisblöcke gestapelt wurden, die man im Winter aus dem nahen See heraussägte. Sie wurden im Sommer zum Kühlen gebraucht. Es gab damals ja noch keine Kühlschränke und keine großen Kühlräume.
Am Rande des Sees stand natürlich im Winter eine große Tafel mit der Aufschrift: «Eislaufen auf eigene Gefahr!»
Einen Tag vor Weihnachten verabredeten wir uns zum Schlittschuhlaufen. Das Wetter war wunderbar, zwar recht kalt, aber das hat uns Buben überhaupt nichts ausgemacht. Wir hatten Weihnachtsferien und wollten sie natürlich gut nutzen, denn immer nur auf der Rodelbahn zu sein, machte uns auch keinen Spaß. Also gingen wir Schlittschuh laufen. Peter brachte seinen Hund mit, und wir tollten zusammen vergnügt auf dem Eis herum. Nach einer Weile kamen wir auf die Idee, einen Wettlauf auf dem Eis zu veranstalten. Wir wollten sehen, wer von uns der schnellste Schlittschuhläufer war. Allerdings konnten wir dabei den Waldi nicht zwischen uns herumspringen lassen. Er wurde also für diese kurze Zeit an einen Weidenbaum gebunden. Die Hundeleine war ja lang genug und er konnte trotzdem noch herumtollen.
So, jetzt ging es los. Peter war als erster Läufer an der Reihe. Als einziger von uns besaß er schon eine Uhr. Die wurde zum Zeitnehmen gebraucht, und der Sekundenzeiger sollte darüber bestimmen, wer der Schnellste war. Die Strecke über den See wurde von uns vieren bestimmt, und auf das Kommando «Los» stürmte er davon. Nach etwa 40 Metern hörten wir es krachen, und Peter war im Eis eingebrochen. Wir konnten ja nicht wissen, daß am Tag zuvor an dieser Stelle Eisblöcke herausgesägt worden waren, denn über Nacht hatte sich dort bereits wieder eine dünne Eisdecke gebildet. Peter schrie laut um Hilfe, und wir drei anderen waren vor Schreck ganz durcheinander. Da kam ich als Kleinster auf den Gedanken, die Hundeleine müßte her, damit wir Peter herausziehen könnten.
Herbert war der Längste von uns. Er legte sich vorsichtig einige Meter von der Einbruchstelle entfernt flach auf das Eis, die Hundeleine in den Händen. An den Füßen hielt Werner ihn fest, ebenfalls lang auf dem Eis hegend. Ich mußte Waldi am Halsband festhalten, denn er wollte unbedingt zu Peter ins Wasser. Aber da hätte er ihm ja nicht helfen können. Nach einigen Fehlgriffen konnte Peter endlich die Hundeleine packen. Er hielt sie fest, und Herbert und Werner zogen, so doll sie konnten. Endlich hatten sie es geschafft, und Peter war aus dem kalten Wasser heraus. Was wir dann alles durcheinandergebrüllt haben, weiß ich nicht mehr. Herbert rief mir zu, ich sollte laufen so schnell ich könne und Hilfe holen. Vor allen Dingen warme Decken mitbringen. Unser Haus war ja nicht weit entfernt. Nach kurzer Zeit kam ich zu Hause an, rief nach Vater und sagte ihm, was passiert war. Schnell holten wir den Schlitten, legten Decken darauf und rasten wieder zurück zum See. Vater schimpfte unterwegs tüchtig und drohte uns allen Prügel an, daß uns der Hintern noch Tage danach weh tun sollte. Herbert und Werner kamen uns bereits mit Peter auf den Armen entgegen, alle erschöpft und verheult. Vater packte den Unglücksraben in warme Decken auf den Schlitten, und im Eiltempo ging es zu uns nach Hause. Mutter hatte inzwischen heiße Milch mit viel Honig bereitgestellt. Trockene Sachen von mir lagen auch schon da. Peter wurde ausgezogen, tüchtig abgerubbelt, und dann mußte er meine Sachen anziehen. Er sah darin recht lustig aus, denn sie paßten ihm kaum. Aber die Hauptsache war ja, daß er schön warm gehalten wurde.
Als er sich etwas erholt hatte, fuhren wir mit ihm und Vater zu seinen Eltern. Ihr Erschrecken war natürlich sehr groß, aber die Freude darüber, daß doch noch alles gut ausgegangen war, überbrückte alles.
Am Heiligen Abend bekamen wir drei anderen eine Einladung von Peters Eltern zum Kaffee. Festlich herausgeputzt gingen wir hin und freuten uns, daß es Peter schon wieder ganz gut ging und er wohl nur einen tüchtigen Schnupfen von seinem unfreiwilligen Bad bekommen hatte.
Vor unseren Tellern lag für jeden ein kleines Päckchen. Peters Mutter sagte uns, wir sollten dies kleine Dankeschön von ihnen annehmen für die selbstlose Hilfe bei Peters Rettung. Neugierig packten wir nun die Päckchen
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