Weihnachtsgeschichten am Kamin 04
meiner Vermißtenliste stand. So mühte er sich herein, wedelte mit einer Rute aus Weidenzweigen und sagte: «Moin, moin!» «Guten Abend», erwiderte ich verblüfft und fügte hinzu: «Wer bist du denn?» — «Ja, kennst du mich denn nicht?» fragte das Männlein mit blitzenden blauen Augen und grollender Stimme und fuhr gleich darauf fort: «Ick bün de Wihnachtsmann!» Das «Wihnachtsmann» endete dabei mit einem Kiekser. Oma gab daraufhin einen Juchzer von sich, was ihr einen strafenden Blick vom Weihnachtsmann einbrachte. «Der Weihnachtsmann!» riefen wir alle, wie aus einem Munde. «Aber der war doch schon da!» — «Ach der, das war doch nur ein Gehilfe, den ich mir vom Arbeitsamt ausgeliehen habe», antwortete das Männlein auf hochdeutsch, um gleich darauf aufplatt zu stöhnen: «Oh, oh, mien Rheuma, kannikmiwoll eben hensetten?» — «Wat, Rheuma häst du ok al?» fragte der Opa. «Kumm du erstmol in mien Öller», bekam er zur Antwort und schwieg daraufhin lieber. Ich war natürlich neugierig und fragte deshalb: «Hast du uns denn auch etwas mitgebracht, lieber Weihnachtsmann?» — «Allerdings, das habe ich und sogar für dich, aber zuerst müßt ihr ein Weihnachtslied singen», bekam ich zur Antwort. In Anbetracht eines so gestrengen Gesellen, ließ ich mich natürlich nicht zweimal bitten und stimmte die Familie ein. Nach einem zwar nicht schönen — aber dafür lauten «O Tannenbaum» war der Weihnachtsmann schon wesentlich milder gestimmt, brummte «moi, moi» und kramte kleine Pakete aus seinem Kartoffelsack. Nachdem wir auf diese Weise alle beschenkt waren, sah er uns nochmals befriedigt der Reihe nach an und sprach: «Ick mutt nu gahn, ick hebb keen Tiet. Das ihr mir aber auch immer schön artig seid», fügte er noch hinzu, drehte sich um und knallte die Stubentür hinter sich zu.
Nachdem wir hörten, wie auch die Haustür geschlossen wurde, legte Opa als erster los. Er saß auf dem Sofa und hielt sich den Bauch vor Lachen. Wir anderen stimmten ein und wickelten unter Lachen und Reden unsere Geschenke aus. Jeder von uns freute sich riesig über die Gabe, die er da erhalten hatte. Denn es waren jene kleinen Kostbarkeiten, die im Allgemeinen in der Vorweihnachtszeit in den Schulklassen mit viel Liebe und Fleiß gebastelt werden. Nach einer Weile, wir waren natürlich immer noch mit dem Ereignis beschäftigt, öffnete sich die Tür und unsere Tochter erschien mit unschuldigem Blick. Sie setzte sich wortlos unter den Weihnachtsbaum und fing intensiv an zu spielen. Wir schauten uns lächelnd an und fingen an, ihr zu erzählen, was sich zugetragen hatte. Zuerst wollte sie uns gar nicht glauben und machte extra große Kulleraugen. Nach und nach hörte sie aber mit offensichtlich steigendem Interesse zu. Letztendlich lehnte sie sich sogar zurück und quittierte einzelne Passagen unserer Erzählung teils mit einem schelmischen, teils mit einem zufriedenen Lächeln. Zum Schluß behauptete sie sogar scheinheilig, daß sie furchtbar traurig sei, weil sie den wahren Weihnachtsmann verpaßt habe.
Broder-M. Ketelsen
Wiehnachten ward de Lüüd gediegen
«Wiehnachten ward de Lüüd gediegen», sä mien Oma froher mal in de Vörwiehnachtstied, un ümmer wedder fallt mi düsse Wöör in, wenn de hillige Tied kümmt, un ümmer wedder heff ik doröver nadenken mußt, was se wull dormit meent hett. To mien Omas Tied weer dat jo noch allens en beten anners op de Welt, aver wenn ik mi dat so överleggen do, denn geiht mi dat jüst so as de Lüüd, de mien Oma meent hett: ik war ok gediegen. Un so geiht dat uns wull all, oder?
All hebbt wi dat bannig hild, denn jüst nu mutt allens noch in’ne Reeg bröcht warrn, wat över lang Tied liggen hieven is. Un all dat Geld, wat för düsse Tied spaart wurrn is, dat mutt nu ok ünner de Lüüd bröcht warr’n, as man so seggt. Un liekers, nu op eenmol hebbt wi ok noch Tied, een op de Straat fründlich to gröten, de wi froher överhaupt nich sehen hebbt. Un wi hebbt ok noch Tied för’n lütten Snack! Gediegen is dat jo, wenn dat Wiehnachten ward, oder nich? Un denn de Kinner! De sünd ut Rand un Band! Overall staht se in’n Weg un wüllt nu över allens mitsnacken, un stell di vor, wegjaagd ward se nich. Vadder hört geern to, verkrüppt sik denn aver doch liesen in sien lütt Warkstääd nerrn in’n Keller, wo keenen em stören dörf, denn he snackt lever mit den Wiehnachtsmann. Un Mudder? Se kaakt un backt, un de Kinner merrnmang, de ehr nu ok geern hölpen
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