Weihnachtsglanz und Liebeszauber
oder?«
Giselbert nickte heftig, dann sank er in sich zusammen. »Wenn sie aber nicht in mich verliebt ist, ist jedes Opfer sinnlos.«
Mir dämmerte Schlimmes: Der Kerl war nicht nur langweilig, er war auch geizig! Ich räusperte mich und gab nicht auf.
»Du machst einen Fehler, Giselbert. Bei einem so schönen Mädchen wie meiner Schwester musst du dich schon anstrengen, schließlich musst du die Konkurrenz ausstechen. Das verstehst du doch, oder?«
»An was denkst du?«, erkundigte er sich misstrauisch. »Mein Taschengeld ist nicht besonders üppig, weißt du.«
»Hör mal, mit einem Porsche rechnet nicht mal die Rese. Und überhaupt – wenn es Sommer wäre, würde ich dir einen Wiesenblumenstrauß empfehlen. Jetzt haben wir aber Winter –«
Ich tat so, als müsse ich nachdenken. »Fürs Erste würde eine schöne Haarspange genügen. Die kostet nicht die Welt, sagt aber mehr als tausend Worte.«
»Ne, wirklich? Was sagt sie denn so?« Giselbert fing langsam Feuer.
Ich runzelte die Stirn. Was sagte eine blöde Spange? »Du hast wunderschöne Haare. Ich will sie schmücken. Und immer, wenn du sie in die Hand nimmst, denkst du an mich und daran, wie sehr ich dich bewundere.« Ich war sehr stolz auf mich.
»Ehrlich? So viel sagt eine Haarspange?«, erkundigte sich Giselbert verblüfft.
»Natürlich«, bestätigte ich ihm. »Du besorgst eine Spange, und weil bald Weihnachten ist, lässt du sie hübsch verpacken und überlegst dir, wo du sie versteckst. Weil nämlich –« Jetzt kam der schwierigste Teil; jetzt musste ich Giselbert überzeugen, Rese bis Weihnachten täglich zu beschenken. »Du willst Rese doch für dich gewinnen, stimmt’s? Eben. Das geht nicht einfach so und von heute auf morgen. Du musst dranbleiben, Giselbert, schließlich musst du die Konkurrenz ausstechen. Lass Rese ein Zettelchen finden, auf dem steht, wo sie ein Geschenk finden wird. Schreib nicht, von wem es ist, mache sie neugierig, und wenn sie täglich irgendwo eines suchen muss – und das bis Weihnachten! – dann beweist ihr das, dass du und kein anderer ihr Lover bist. Eins garantiere ich dir: Kein anderer Lover wird einen so cleveren Liebeszauber ausbrüten.«
War ja auch meine Idee, oder?
»Aber das sind neun Geschenke«, rechnete er flugs.
»Na und? Rese muss dir ein paar Cent und Euro wert sein.«
Ich sah, wie es hinter seiner Stirn tickerte – Giselbert rechnete die Ausgaben zusammen. »O.K.«, sagte er endlich. »Ich zieh die Sache durch. Aber Ally!« Er flehte mich echt an. »Du musst mir helfen!«
Genau das hatte ich ja vor, schließlich wollte ich Rese ein für allemal mit Giselbert verkuppeln. »Wenn du darauf bestehst«, sagte ich zögernd. »Hör zu: Es ist ganz einfach. Du machst es so …«
Ein paar Minuten später hatte ich es geschafft. »Wir dürfen nicht zusammen gesehen werden«, warnte ich ihn dann. »Geh du zuerst ins Klassenzimmer. Ich warte noch ein paar Sekunden.«
Er wieselte los, kam zurück. »Ich versteh das nicht, Ally. Wenn ich nicht auf jedes Zettelchen schreibe, vom wem das Geschenk ist, dann –«
»– ist die Überraschung an Weihnachten riesengroß und du hast es geschafft. Hundertpro, Giselbert!«
»Hoffentlich«, murmelte er und verschwand endlich um die Ecke.
Ich atmete auf. Das war ein hartes Stück Arbeit gewesen!
Beim Mittagessen war meine Ma ungewöhnlich schweigsam. Das fiel sogar Pa auf. »Was ist?«
»Ich mache mir Sorgen. Entweder werde ich alt und vergesslich, oder jemand räubert in meiner Speisekammer. Neulich fehlte ein Honigglas, heute eine Büchse Schinkenwurst. Und ein halber Laib Brot. Ich versteh das nicht.«
Ich verschluckte mich und schielte zu Nick rüber. Der tat so, als habe er nichts gehört und schaufelte die Nudeln und das Gulasch nur so in sich rein.
»Honig, Schinkenwurst, Brot«, wiederholte mein Pa. »Und neulich verschwanden meine neuen Handschuhe, die Decke und die Girlande über der Stalltür.« Er blickte streng in die Runde. »Von euch steckt keiner dahinter?«
Wir drei schüttelten den Kopf.
»Was soll ich mit einer Decke, die nach Pferdestall riecht?«, sagte Rese hochnäsig.
»Wenn einer so schnell wächst wie ich, muss er viel essen«, verkündete Nick.
Ich hob die Augenbrauen. »Auch Handschuhe oder eine Girlande mit einer Lichterkette?«
Nick wurde rot. »Ally, du bist blöd.«
Gleich nach dem Essen radelte ich einen anderen Stadtteil ab – ohne Erfolg. Der Dieb musste wohl die Girlande entsorgt haben …
15. Dezember
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