Weihnachtsglanz und Liebeszauber
Zipfelbach.«
»Vielleicht stammt die Botschaft auch von Tommy«, wandte ich ein. »Oder von Leo. Oder Giselbert.«
Rese schnaubte. »Tommy geht jetzt mit Jana, und Leo ist sauer auf mich. Und Giselbert –« Sie lachte. »Der käme nie auf eine so tolle Idee. Eine Botschaft ans Tor zu hängen! Mich um sechs an der Brücke zu treffen! Ne, Giselbert ist –«
»– ein Langweiler«, stellte Nick genüsslich fest.
Ich stieß ihn unterm Tisch ans Schienbein. »Halt dich da raus! Was weißt du schon, wozu ein Junge fähig ist, wenn er in ein Mädchen so richtig verliebt ist?«
Nick kratzte sich verlegen am Kopf. »Echt? Glaubst du, Giselbert strengt sich an?«
»Hundertpro.«
Rese legte die Hand aufs Herz. »Ich WEISS , dass die Botschaft nur von Jan kommen kann.«
Weil Nick protestieren wollte, stieß ich ihn wieder ans Schienbein. Er schwieg und griff nach einer Scheibe Brot. Es war seine vierte an diesem Morgen.
Vor unserem samstäglichen Ausritt passte ich meinen Vater im Stall ab.
»Ich muss mit dir reden, Pa.«
»Worum geht es, Ally?«
»Es ist eine heikle Sache; ich weiß nicht, ob du mich verstehst, Pa.«
Alarmiert ließ er die Heugabel sinken. »Ist’s was Schlimmes?«
Ich musste langsam vorgehen. Behutsam. Väter waren ja so unberechenbare und sensible Wesen. »Ne, im Gegenteil. Schau mal, Pa, du willst doch, dass deine Kinder glücklich sind. Stimmt’s?« Er sah so beunruhigt aus, dass ich gleich weitersprach. »Ich jedenfalls bin glücklich, um mich musst du dich nicht kümmern«, setzte ich flugs hinzu. »Aber Rese …also Rese ahnt ja nicht, dass sie gerade ihr Glück verspielt.« Ich seufzte und tat so, als müsse ich ein Tränchen aus den Augen wischen.
»Rese?«
»Rese«, bestätigte ich leise.
»Tja«. Das Thema war meinem Pa nicht geheuer. »Solltest du darüber nicht lieber mit deiner Mutter sprechen?«
»Ich brauche deine Hilfe«, flüsterte ich.
Mein Vater war ein Mensch, der gerne ohne Umschweife zur Sache kam. »Ich soll also mit deiner Schwester sprechen?«
»O nein, Paps! Das bringt nichts. Ich dachte … ich wollte dich fragen … nein, ich will dich bitten …«
»Ally, wir haben nicht den ganzen Morgen Zeit. Was willst du?«
»Ich will, dass Rese glücklich ist«, hauchte ich. »Das willst du doch auch! Und weil ich weiß, dass Giselbert in Rese verliebt ist, solltest du –« Ich hielt den Atem an: war ich auch nicht zu schnell vorgegangen? »– solltest du zu Giselbert netter sein. Ich meine –« Er runzelte die Stirn und sah überhaupt nicht glücklich aus. »Er war ja nicht der Fahrer des Mopeds.«
»Ich halte nichts von Giselbert«, knurrte mein Pa.
»Der ist in Ordnung«, versicherte ich rasch. »Man muss ihm nur auf die Sprünge helfen. Aber klar, ein super Reiter wird er nie«, setzte ich bedauernd hinzu. »Trotzdem, Pa, musst du dafür sorgen, dass er wieder gern zu uns kommt. Das bist du Rese schuldig.«
Nun hatte mein Pa endgültig genug. »Was soll das Ganze?«
Jetzt hatte ich ihn so weit, jetzt musste ich alles auf eine Karte setzen. »Giselbert wünscht sich, viel mehr Zeit als bisher mit Rese verbringen zu können. Und das geht eben nun mal nur hier bei uns.«
Mein Pa war nicht blöd. Er lehnte an Schneewittchens Box, kreuzte die Arme vor der Brust und blickte mich an. Plötzlich pfiff er durch die Zähne. Und dann lachte er. »Ally! Was bist du doch für ein raffiniertes Mädchen! Also du steckst hinter der mysteriösen Botschaft, die heute Morgen am Tor hing? Du hilfst Giselbert, dem Langweiler, auf die Sprünge? Aber warum denn, um Himmels willen? Ich muss schon sagen –« Er schüttelte den Kopf, »dass ihr mir unheimlich werdet: Nick stellt mir einen alten Esel in den Stall, dir liegt plötzlich das Glück deiner Schwester am Herzen … Und was ist mit Rese? Hat sie auch was Komisches vor?«
»So krass musst du das nicht sehen, Pa«, wehrte ich ab. »Und damit du es weißt: Alles, was jetzt gerade passiert, hat mit Weihnachten zu tun. Mit Weihnachten«, wiederholte ich eindringlich, »dem Fest der Liebe.«
»Schließt das den Giselbert mit ein?«, erkundigte er sich.
Da wurde ich aber sauer. Ich hatte mein Bestes gegeben, und mein Pa ätzte herum? »Hör mal, Pa«, sagte ich drohend, »willst du riskieren, dass Weihnachten ein trauriges Fest wird?«
»Das ist eine schwere Entscheidung für mich«, stellte mein Vater fest. »Entweder muss ich den Giselbert ertragen, oder –«
»– du machst deine Kinder unglücklich«, unterbrach ich
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