Weihnachtsglanz und Liebeszauber
Band im weißen Schnee erkennen konnten. Wir sahen auch Pa auf Black Beauty … und Hip Hop sahen wir auch. »Hoffentlich galoppiert er nicht auf die Fahrbahn«, setzte Nick hinzu. »Bei dem Verkehr …«
Ein durchgegangenes Pferd auf einer viel befahrenen Straße – das war der absolute Albtraum. Ich klammerte mich mit der einen Hand an Nick, mit der anderen hielt ich krampfhaft Furys Zügel.
Erreichte Pa Hip Hop noch rechtzeitig? Oder schaffte er es nicht?
Alle hielten wir den Atem an; selbst Rese gab keinen Mucks von sich.
»Das wird knapp«, flüsterte Nick. »Verdammt aber auch. Halt an, Hip Hop, halt an! Los, Black Beauty, hol alles aus dir heraus …«
Wir sahen, wie Pa Hip Hop immer näher kam, und dann, fast im letzten Augenblick, hatte er ihn erreicht und bekam die Zügel zu fassen. Begeistert klopften wir auf die Hälse unserer Pferde, lachten uns an und sahen Pa, Black Beauty und dem Ausreißer entgegen.
»Eigentlich«, meinte Nick versonnen, »ist Hip Hop ein ungeeignetes Pferd für einen Reitschüler. Er nimmt jede Gelegenheit zum Ausreißen wahr. Das ist nicht gut.« Er stieg in den Sattel und galoppierte Pa entgegen.
»Es war mein Fehler«, sagte Jan zerknirscht.
»Jan, wie geht es dir?«, rief ihm mein Pa zu.
»Es tut mir leid!«
»Wie es dir geht, will ich wissen!« Wenn mein Pa ungehalten wird, ist er echt in Sorge.
»Ehrlich. Mir fehlt nichts«, versicherte Jan, stellte den Fuß in den Steigbügel und schwang sich in den Sattel. Nach mir fragte keiner, obwohl Jan, der Volltrottel, Hip Hops Leine losgelassen hatte und somit schuld daran war, dass unser Pferd fast ein lebensgefährliches Chaos auf einer viel befahrenen Bundesstraße verursacht hätte. Kümmerte das noch jemand? Nein.
Kümmerte sich jemand um mich? Nein!!!
17. Dezember
G eschmückt und strahlend wie ein Christbaum an Heiligabend setzte sich meine Schwester an den Frühstückstisch. Komplettes Make-up natürlich, mit Giselberts Spange in der Mähne und seinem Freundschaftsbändchen am Handgelenk.
Die Sache mit dem Bändchen war der Hammer gewesen, aber bevor sie es entdeckte, gab’s Zoff wegen des armen alten Esels mit seinem räudigen Fell.
Um nichts in der Welt wollte uns Nick verraten, aus welchem Stall er kam. Mein Vater weigerte sich, ihn noch länger zu beherbergen und mit kostspieligem Pferdefutter zu verköstigen. »Hast du ihn geklaut?«, forschte er.
Nick schüttelte den Kopf.
»Was dann? Aus Mitleid entführt?«
Nick schüttelte den Kopf.
Meinem Pa platzte der Kragen. »Herrgott noch mal! Ein Esel fällt nicht vom Himmel! Also?«
Nick schüttelte den Kopf.
»Wenn du noch länger schweigst, rufe ich den Abdecker an«, drohte Pa.
Nick traten zwar die Tränen in die Augen, aber er schwieg.
Mein Pa holte das Handy aus der Tasche und legte es schon mal auf den Tisch.
Nick schluchzte.
Pa versuchte es mit Vernunft. »Hör mal, Nick, wenn der Esel jemandem fehlt, der Besitzer den Verlust der Polizei meldet und das Tier bei uns gefunden wird, stehen wir blöd da. Das verstehst du doch, oder?«
Nick schniefte und schüttelte den Kopf.
Es ging noch eine ganze Weile so hin und her – Nick schwieg eisern. Bis meinem Pa die Geduld ausging. Da endlich gab er zu, dass er und sein Freund Sam den Esel auf einer Wiese entdeckt hatten. Zuerst hatten sie auf dem Weihnachtsmarkt Geld für Futter erbettelt – was ich bestätigte – aber als das hinten und vorn nicht reichte, hatten die Jungs ihn abends, nach dem letzten Stallgang, zu uns gebracht. Wem die Wiese und daher vermutlich auch das Tier gehörte – keinen blassen Schimmer.
»Der Esel wäre verhungert!«, schrie Nick verzweifelt.
Die Sache endete damit, dass Pa Hans Kuder, unseren Polizisten, anrief und cool behauptete, ein Esel sei uns zugelaufen.
So wie es sich anhörte, schluckte Kuder die Info ohne Murren. Er ließ sich die Lage der Wiese beschreiben und erklärte, die sei im Besitz der Gemeinde; vermutlich habe der Besitzer das alte Tier einfach ausgesetzt und wir dürften ihn gerne durchfüttern. Bis auf Weiteres jedenfalls. Mein Pa stöhnte.
Jetzt komme ich zum Freundschaftsbändchen.
An der Haarspange hing die Botschaft »Morgen gleiche Zeit, gleicher Ort!«, und da Rese ganz richtig kombinierte, jemand, nämlich Jan, würde am Sonntag um 18 Uhr wieder ein Geschenk ans Brückengeländer knüpfen, trabte sie schon kurz nach 17 Uhr los in Richtung Brücke übern Zipfelbach, um den Jemand abzupassen.
Ich lachte mir ins Fäustchen und stieg
Weitere Kostenlose Bücher