Weihnachtsglanz und Liebeszauber
auch, Ally, da muss ich nicht auf den Grund loten, um die Botschaft zu verstehen.« Er reichte mir den Zettel. »Ich zieh mal lieber die Leinen straff und nehme Fahrt auf.«
Er bahnte sich einen Weg durchs Gewühl.
Ich stand einfach nur da und rührte mich nicht. Klarer Fall von Schockstarre. Und Wut.
»Was ist, Ally? Gibst mir jetzt den Zettel oder nicht?« Giselbert tappte von einem Fuß auf den anderen. Ich reichte ihm den Zettel. Wortlos. Er bedankte sich nicht mal für meine Mühe, der Loser. Und dafür, dass Jan jetzt etwas so total Mieses von mir dachte, entschuldigte er sich auch nicht. Ich wusste es ja schon immer: Giselbert war ein Holzkopf; eben der richtige Freund für meine Schwester Rese.
Ich stand noch immer reglos auf dem Schulhof, als Jan zurückkam.
»Eines muss ich noch wissen, Ally.«
»Was denn?«, krächzte ich, weil mir die Wut auf den Holzkopf auf die Stimme schlug.
»Warum hast du dich ausgerechnet in Giselbert verliebt? Ich meine: Giselbert!«
»Was geht’s dich an? Soll ich mich etwa in dich verlieben!«, fauchte ich heiser.
Da sandte Jan keinen Todes-, sondern einen Kummerblick aus. »Warum nicht?«
Mir blieb die Spucke weg. »Na hör mal!«
»Eben. Ich höre nichts.« Er schlurfte Richtung Rostradl.
»Welchen Sinn hätte das auch, wo sich Rese doch jeden Jungen untern Nagel reißt, du Blödmann?«, schrie ich ihm hinterher.
»Blödfrau!«
Ich stampfte mit dem Fuß auf. Wenn mich Jan tatsächlich für so beklötert hielt, dass ich mich in einen Holzkopf wie Giselbert verlieben könnte, war er … keine Ahnung. Mir fehlte einfach der Vergleich.
Missmutig machte ich mich auf den Heimweg – und platzte mal wieder in ein häusliches Chaos: Aus der offenen Küchentür und dem Fenster zum Hof quollen dicke schwarze Rauchwolken.
Bei uns brennt’s! war mein erster Gedanke. Und das vor Weihnachten! Ciao Christbaum, Geschenke, Lichterglanz und feierliche Stimmung!
Zum Glück waren aber nur die Kartoffeln angebrannt. Das kam so:
Hektor, unserem klugen Hund, ging es seit diesem Tag wieder so gut, dass er seinen täglichen Kontrollgang durch Stall, Koppel und übern Hof aufgenommen hatte. Jash, unser Dackel, war natürlich mit von der Partie, genau wie Sepi, die von Kitekat die Nase voll und Appetit auf ein saftiges Mäuschen hatte. Hektors neuer Freund, der Esel, vermisste ihn und wollte der Sache auf den Grund loten, wie Jan gesagt hätte, wenn er nicht gerade ein so depperter Holzkopf gewesen wäre.
Als Benno zum Ausmisten kam, schrie der Esel I-Ahhh!, rempelte Benno aus dem Weg und suchte so schnell, wie man es dem betagten Tier gar nicht zugetraut hätte, das Weite. Damit meine ich wirklich: das Weite.
Hektor kam wegen seiner langen Leidenszeit nicht so recht mit, aber Jash und Sepi immer hinter ihm her. Der Esel, berichtete Benno später, nahm genau den Weg von Hip Hop – schnurstracks Richtung viel befahrene Bundesstraße.
Mein Pa düste mit dem Jeep los – keine Zeit, um ein Pferd zu satteln! – und folgte Esel, Josh und Sepi. Unterwegs hielt er kurz an und half Hektor auf den Beifahrersitz, wo er hechelnd im Ausguck saß.
Das war das eine.
Das andere war, dass Benno durch den Rempler vom Esel der Stiel der Mistgabel ans Hirn geknallt war. Das tat weh, dazu kam die Wut auf den Esel – Benno brüllte wie am Spieß. Meine Ma stürzte aus der Küche … tja, und das Ergebnis waren die verkohlten Kartoffeln.
Pech gehabt. Trotzdem hatten wir Glück im Unglück: Pa fing auch den Esel noch vor der Bundesstraße ein. Da er immer Seile und Halfter im Jeep hatte, zockelte dann der Esel dem Jeep brav hinterher. Jash leistete Hektor auf dem Beifahrersitz Gesellschaft, doch Sepi hatte wie immer ihren eigenen Kopf und begab sich auf Mäusepirsch.
Wir, damit meine ich meine Familie und Benno, aßen Spiegeleier mit Spinat zu Brandgeruch. Meine Ma bekam aber fast eine Krise, weil Nick die verkohlten Kartoffen in eine Tüte packte, um sie Sams Familie zu bringen.
Man glaubt ja nicht, wie lange sich so ein intensiver Brandgeruch in einer Küche hält!
Alle Kids, die zur Reitstunde kamen, mussten beruhigt werden. Nicht, dass sie um uns Angst gehabt hätten, o nein! Ihre Sorge galt einzig und allein den Pferden und Rosi, dem Pony.
Jan gondelte dann auch mit seinem Rostradl in den Hof und ließ es vor Schreck einfach neben die Tanne auf den Boden fallen. »Tau’n Deiwel aber auch! Wo ist Ally?«, fuhr er Benno gleich an. Der grinste sich eins. »So, so. Um die Ally sorgst du
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