Weihnachtsglanz und Liebeszauber
dann, Jan!«
»He! Ist das alles? Gute Nacht, Jan?!«
»Was willst du denn noch?« Ich stellte mein Rad ab und rannte zur Küchentür. Patsch, die schlug hinter mir zu und Jan konnte sehen, wo er blieb.
»Du kommst zehn Minuten zu spät«, sagte Rese sofort. »Schau mal, was ich heute von meinem unbekannten Lover bekommen habe!«
Sie hielt ein rotes Schokoladeherzchen hoch. »So süüüß!«, flötete sie. »Möchtest du lesen, was da auf dem Zettelchen steht?«
Ne, das war nicht nötig. Ich hatte es ja dem einfallslosen Giselbert vorgeschrieben: »Mein Herz schlägt nur für dich allein«.
Bäh!!!
20. Dezember
N och zwei Tage Schule, dann fingen die Weihnachtsferien an. Entsprechend ausgelassen waren wir Schülerinnen und Schüler; Null Bock auf Unterricht und Lernen, war ja wohl klar. Die meisten Lehrer lasen uns langweilige Geschichten über Kinder vor, die sich im Schnee verliefen oder Weihnachtsfreude holen gingen. Als ob man die bei Aldi oder Lidl aus dem Regal nehmen könnte, also wirklich! In der vorletzten Stunde am Donnerstag sahen wir »Der König der Löwen« auf DVD , dann hatten wir Musik. Da sangen wir Mädchen dann Weihnachtslieder, während unsere Jungs, voll im Stimmbruch natürlich, wie die Boliden beim Formel-1-Rennen brummten.
Was ich damit sagen will: Der Vormittag verlief ereignislos. Ich hatte echt viel Zeit, mir eine saftige Liebesbotschaft auszudenken. Sie lautete:
Giselbert, das ist die Botschaft für heute: Du bist das Licht meiner Tage! Ich liebe dich, ich sehne mich nach dir und will dich tausendmal küssen!
Das klang gut, fand ich, und würde Rese so richtig in Schwung bringen. Und Giselbert könnte eine Schokokerze in rotgoldener Folie besorgen. Die kostete nicht viel, machte aber einiges her.
Nach der letzten Stunde zog ich den Anorak an, wickelte den Schal um den Hals, setzte die Mütze auf und wartete auf Giselbert. Der schlich aus dem Klassenzimmer, sah weder nach rechts noch nach links und hatte mich offensichtlich komplett vergessen.
Erst im Pausenhof holte ich ihn ein und bekam den Schreck meines Lebens. Der Junge hatte Tränchen in den Augen!
»Ally, ich geb’s auf. Die Rese hängt immer in der Nähe von Jan herum.«
»Ach du … ! Hör mal, Rese muss sich um Jan kümmern, schließlich bringen wir ihm das Reiten bei. Sie gibt ihm Tipps, weißt du. Nur Tipps. Das ist alles. Mensch, Giselbert! Das mit Jan hat nichts zu bedeuten – das ist rein beruflich. Glaub mir das!«
Das Nasse in Giselberts Augen trocknete im Nu. »Wirklich?«
»Klar doch. Schau mal, was ich für dich habe.« Ich zog das Zettelchen aus der Anoraktasche. Und da passierte es.
Jeder weiß, dass auf einem Pausenhof immer die Hölle los ist. Vor allem nach Unterrichtsende, und so kurz vor den Weihnachtsferien erst recht. Da musste man froh sein, wenn man nicht umgerempelt oder im Gewühl totgedrückt wurde. Im Grunde genommen geschah mir nichts, ich wurde nur von einem kleinen Fünfer in den Schnee gestoßen – der Kleine wollte seine Mütze wiederhaben, die ihm ein Kumpel vom Kopf gezogen und dann die Flucht ergriffen hatte.
Leider fiel mir dabei der Zettel aus der Hand. Giselbert war noch nie der Schnellste; bevor er kapierte und sich bückte, hatte sich einer aus der Sechsten den Zettel geschnappt – und rannte davon.
Jan hatte das Unglück beobachtet und nahm sofort die Verfolgung auf. Mit seinen langen Beinen hatte er in null Komma nichts den aus der Sechsten eingeholt, ihm das Zettelchen aus der Pfote gerissen, sich umgedreht und war zu Giselbert zurückgegangen, doch anstatt ihm oder mir den Zettel gleich wieder zu geben, las er, was ich geschrieben hatte.
Ein höflicher Mensch tut das nicht; ein höflicher Mensch achtet das Briefgeheimnis.
Ich war längst aufgestanden, hatte den Schnee von den Jeans und vom Anorak geklopft und streckte die Hand aus. »Der Zettel ist nicht für dich, Jan.«
» Du bist das Licht meiner Tage … Ally, ist das wahr? Ist Giselbert das Licht deiner Tage? Willst du ihn tausendmal küssen?«
Er sah mich an… Mann o Mann, wir wurde ganz schlecht. Der Todesblick meines Vaters war nichts gegen diesen Blick.
»Der Zettel ist nicht für dich, Jan«, wiederholte ich – und dann kapierte ich! Jan dachte, es sei meine Liebesbotschaft für Giselbert – ein Liebesgeständnis sozusagen! »Es…es ist nicht so, wie du denkst«, sagte ich hastig.
»Wer’s glaubt.« Jan blickte auf den Zettel » Ich liebe dich. Ich sehne mich nach dir. Tau’n Deiwel aber
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