Weihnachtszauber 01
der aus eigener Anschauung spricht, nicht vom bloßen Hörensagen. In ihr regte sich der Verdacht, dass Lucas mehr war als ein kürzlich eingestellter Kammerdiener.
„Wieso hat sie das nur getan?“
Er wandte sich zu ihr um, eine Augenbraue spöttisch fragend gehoben.
„Oh, was sie wollte , ist mir schon klar – aber warum begnügte sie sich nicht mit ihrem Ehemann? Ich habe gehört, dass sie vor der Ehe fröhlich und unbeschwert gewesen sein soll und sich danach verändert habe.“
„Sie hat sich verändert, als er ihr nicht jede ihrer Launen und Leidenschaften durchgehen ließ“, erwiderte Lucas grimmig und erhob sich. „Danescroft erwartete von seiner Countess, dass sie ihm treu blieb und den Anstand wahrte – aus ihrer Sicht waren das ganz unmögliche Forderungen.“
„Dann wissen Sie also doch etwas über die Sache?“ Daisy legte den Kopf in den Nacken und sah zu ihm auf. Er stand bewegungslos vor dem Kamin, seine von unten beleuchteten Züge wirkten fast ein wenig unheimlich. „Wer sind Sie, Lucas?“
„Sein Kammerdiener.“
Er wandte sich von ihr ab, sodass sein Gesicht im Schatten lag. Sie war sich nicht recht sicher, ob es Absicht oder Zufall war.
„Ich hatte Gelegenheit, sie beide während ihrer Ehe zu beobachten, und ich hatte einiges über ihren Charakter gehört.“
„Dann finden Sie es sicher gut, dass Ihr Herr sich eine neue Frau suchen will? Eine, die sich benimmt, wie es sich für eine Countess schickt?“
„Ich heiße es gut, dass er wieder heiraten will, ja. Aber nicht Ihre geistlose Herrin mit ihrer vulgären Stiefmutter.“
Rowan kam auf die Füße, eher energisch als elegant. „Nun, ich heiße es gut, dass sie heiraten will – aber nicht irgendeinen eingebildeten, elenden Einsiedler, über dem eine dunkle Wolke schwebt.“
„Danescroft ist weder eingebildet noch elend ...“, begann Lucas, hielt dann aber inne und betrachtete sie nachdenklich. „Aber in einem stimmen wir offenbar überein: dass es für beide Seiten eine wenig wünschenswerte Partie wäre. Will sie ihn denn heiraten?“
„Nein, sie hat Angst vor ihm – und außerdem ist sie keineswegs versessen auf eine hohe Stellung.“ Rowan biss sich auf die Unterlippe und betrachtete ihren unerwarteten Verbündeten. „Und sie hat auch kein Talent dafür. Aber er will sie heiraten?“
„Er findet, dass er heiraten soll, und Miss Maylin wurde ihm von seiner Großmutter empfohlen. Er braucht eine Mutter für seine Tochter. Wollen ist vielleicht nicht das richtige Wort.“
„Was könnte ihn denn davon abhalten, ihr einen Antrag zu machen?“ Rowan hatte diese tiefblauen Augen abwechselnd für impertinent, beunruhigend und intelligent gehalten, jetzt sah sie, wie humorvoll sie blitzen konnten, während ihr Besitzer sie anlächelte.
„Aber, aber, Miss Daisy, Sie schlagen doch nicht etwa vor, sich in die Angelegenheiten Ihrer Herrschaft einzumischen?“
„Doch!“, erklärte sie rundweg. „Genau das. Und geben Sie sich keine Mühe, so überrascht zu tun, Mr. Lucas, denn genau das wollen Sie auch.“
„In dem Fall sollten wir vielleicht einen Plan aushecken.“ Er setzte sich auf die Kante des schmalen Bettes und klopfte auf den Platz neben sich.
„Sie sitzen auf meinem Bett!“, protestierte Rowan.
„Sie wollten doch noch nicht schlafen gehen, oder?“
„Nein, und ganz bestimmt nicht, solange Sie noch im Zimmer sind. Stehen Sie auf.
Das ist höchst unschicklich.“
„Man könnte meinen, Sie rechnen damit, dass jeden Moment eine Anstandsdame hereinplatzen könnte“, sagte er. Wieder lachten seine Augen sie an. „Sie haben wirklich noch nicht viel von der Welt gesehen, stimmt’s?“
„Mir reicht das, was ich gesehen habe“, bemerkte Rowan grimmig. „Raus!“
„Und unsere kleine Verschwörung?“ Elegant kam er auf die Füße.
Rowan atmete kontrolliert ein und aus, wie sie es im Gesangsunterricht gelernt hatte, ging zur Tür und hielt sie auf.
„Darüber können wir auch bei helllichtem Tag sprechen, nachdem wir eine Nacht darüber geschlafen haben.“ Sie freute sich, wie ruhig sie das hervorbrachte.
Niemand hätte erraten, welche Wirkung Lucas’ Nähe auf sie hatte.
„Na schön. Morgen ist Sonntag. Erlauben Sie, dass ich Sie in die Kirche begleite?“ Er blieb vor ihr stehen.
Rowan fixierte die Stahlknöpfe auf seiner Weste. „Dazu stehe ich viel zu weit unter Ihnen, Mr. Lucas.“
„Keiner wird Anstoß daran nehmen. Mein Herr macht Ihrer Herrin den Hof. Keiner wird sich
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