Weihnachtszauber 02
abwenden.
Aber seine Frage hielt sie zurück. „Allein?“
„Ich habe ihr vorgeschlagen, Anne mitzunehmen“, erklärte Mrs Linden. „Doch davon will sie nichts wissen.“
„Erlauben Sie mir, Sie zu begleiten, Miss Linden“, bat Jack. „Das Mindeste, was ich tun kann, bevor ich nach Hause fahre.“
„Oh, das würde mich wirklich beruhigen“, gestand ihre Mutter.
Zögernd erwiderte Francesca seinen Blick, der ihr herausfordernd empfahl, lieber keinen Protest zu wagen. Ein kleiner Dämon in ihrem Herzen verleitete sie zu einem honigsüßen Lächeln. „Vielen Dank, Lord Holberton, dieses Angebot nehme ich mit Vergnügen an.“
Der Morgen war hell und klar, die Luft kalt, während sie nebeneinander durch den schmelzenden Schnee wanderten. „Ich würde sehr gern Ihren Korb tragen, Miss Linden“, sagte Jack. „Aber ich weiß, wie halsstarrig Sie darauf bestehen würden, das selber zu tun.“
„Falls Sie auf den kleinen Zwischenfall in Salcombe anspielen, Sir – damals war Ihr Angebot, meinen Korb zu übernehmen, völlig überflüssig.“
„Oh, ich wollte nur höflich sein.“
„Und ich habe mich ungehörig benommen. Sicher wollen Sie mich darauf hinweisen.“
„Keineswegs.“
Francesca warf ihm einen Seitenblick zu. „Aber Sie haben es angedeutet.“
„Tatsächlich?“
„Indem Sie mich an Ihr höfliches Verhalten erinnert haben, wollten Sie auf meine Unart hinweisen.“
„Oder vielleicht fühlen Sie sich einfach nur schuldig, Miss Linden?“ Neugierig schaute er sie an.
„Nicht im Mindesten“, log sie.
„Sehr gut.“
Als sie verwirrt blinzelte, lachte er.
Zu ihrer eigenen Verblüffung stimmte sie in sein Gelächter ein. „Vielleicht war meine Weigerung etwas zu brüsk.“
„Nicht einmal Herkules hätte Ihnen den Korb entreißen können.“
Sie lachte wieder. „Oh, ich bin stärker, als ich aussehe.“
„Sogar die stärkste Frau, die ich kenne.“
„Dann sollten Sie zugeben, wie unnötig es ist, dass Sie mich auf diesem Weg begleiten, Sir.“
„Nun, ich hatte Sehnsucht nach frischer Luft, und ich möchte meine Beine bewegen.
Außerdem fühle ich mich sicher in der Gewissheit, dass Ihre überlegene Kraft uns beide schützen wird.“
Den Kopf schief gelegt, musterte sie ihn. „Wenn ich mit unserem Schutz beschäftigt bin, sollten Sie mich von dieser Last befreien, Jack Holberton“, entschied sie und hielt ihm den Korb entgegen.
Grinsend nahm er ihn entgegen. Seite an Seite gingen sie weiter und hinterließen zwei Spuren im weichen Schnee – große und kleine Fußabdrücke.
Mrs Beeley war bei bester Gesundheit und genoss die Gesellschaft Francescas und des „jungen Verehrers“, wie sie Jack immer wieder nannte. Damit amüsierte sie ihn und stürzte ihre Nachbarin in tiefste Verlegenheit.
Nachdem sie die Vorräte abgeliefert, Wasser geholt und Tee gekocht hatten, traten Francesca und Jack den Rückweg zum Cottage der Lindens an. Das Tauwetter hatte Lücken in der weißen Schneedecke geöffnet, Erdreich und Gras lugten hervor. Über der Winterlandschaft wölbte sich ein klarer, bleicher Himmel. Schwaches, wässeriges Sonnenlicht ließ Juwelen im schmelzenden Eis glitzern. Von den Ästen der Bäume fielen große, funkelnde Tropfen herab. Etwas Rotes schwirrte zwischen den Wipfeln umher – ein Rotkehlchen. Aus der Ferne drang das heisere Kreischen mehrerer Krähen herüber. Und irgendwo in der Nähe ertönte der angstvolle Ruf einer erschrockenen Amsel.
Kurz bevor sie Lannacombe und das Haus der Lindens am Rand des Moorgebiets erreichten, sahen sie die ausgebrannte Silhouette eines Cottages. Schneereste milderten die beklemmenden schwarzen Konturen.
Francesca und Jack hatten angeregt geplaudert. Immer wieder waren sie in Gelächter ausgebrochen.
Aber als sie sich der Ruine näherten, schien eine eigenartige Stille die Luft zu erfüllen. Sogar der Vogelgesang war verstummt. Jack verlangsamte seine Schritte und sah sich um.
„Jack?“
Warnend legte er einen Zeigefinger auf seine Lippen, und eine böse Ahnung sandte Francesca einen Schauer über den Rücken. Irgendetwas stimmte hier nicht. Was es sein mochte, konnte sie nicht feststellen. Dann sah sie eine Gestalt hinter den Mauerresten auftauchen. Entsetzt und ungläubig starrte sie Edmund Grosely an. Nur wenige Schritte entfernt, stützte er sich auf seinen Stock.
„Ah, Holberton – endlich! Wie edelmütig von dir, Miss Linden zu Mrs Beeley zu begleiten ...“ Nun wandte er sich an Francesca. „Ihre
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