Weihnachtszauber 02
wollte.
Kühl blickte sie ihn an. „Verstehe ich es richtig, dass ich während dieser Saison auch versuchen soll, einen Gatten zu finden?“
Er musterte sie einen Augenblick lang bestürzt, dann nickte er leicht. „Wenn dies Ihr Wunsch ist, ja.“
Hatte sie es doch geahnt!
An dem rebellischen Funkeln, das plötzlich in Amelias ausdrucksvolle Augen trat, erkannte Gray, dass er offensichtlich etwas Falsches gesagt hatte. Wieder einmal. Er konnte jedoch nicht nachvollziehen, was an Lady Stanfords Vorschlag, Amelia im Frühjahr nach London zu bringen, sie mit einer komplett neuen Garderobe auszustatten und sie in die Gesellschaft einzuführen, so verwerflich sein sollte.
Dass sie sich möglicherweise während dieser Zeit einen Gatten angeln könnte, war ihm erst aufgegangen, als sie seine Motive infrage stellte ...
Verflucht noch mal, es wäre verständlich gewesen, wenn er bei dem Gedanken, Amelia in die Gesellschaft einzuführen, Missfallen gezeigt hätte. Schließlich musste er sich der Unannehmlichkeit aussetzen, an zahllosen Bällen und Gesellschaften teilzunehmen, die er gewöhnlich geflissentlich mied. Da er ein vermögender Junggeselle mit Titel war, brauchte er sich nur auf einem Ball zu zeigen – sofort stürzte sich jede Mutter einer heiratsfähigen Tochter auf ihn, um ihm die Tugenden ihres Sprösslings unter die Nase zu reiben und ihm auszumalen, welch vorzügliche Gattin die betreffende Dame für ihn abgeben würde.
Amelia hätte sich erfreut zeigen sollen über die Aussicht, die Saison in London zu verbringen. Stattdessen zog sie ein Gesicht, als hätte er vorgeschlagen, sie zu ihrer Hinrichtung zu führen.
Verärgert stand er auf. „Gewiss wäre dies auch im Sinne meines Bruders und Ihrer Mutter gewesen.“
„Das ist so ungerecht!“ Wieder standen Tränen in ihren faszinierend blauen Augen.
Gray schüttelte den Kopf. „Das denke ich nicht. Mein Bruder Perry hat Vorkehrungen für Ihre Mitgift getroffen und dementsprechende Anweisungen in seinem Testament hinterlassen.“
„Meine Mitgift!“, wiederholte Amelia ungläubig.
„Natürlich.“ Gray sah sie belehrend an. „Als Ihre Mutter meinen Bruder ehelichte, wurden Sie Stieftochter eines Adligen, also ...“ Gray berührte leicht ihren Arm.
„Fassen Sie mich nicht an!“ Sie entriss ihm ihren Arm und betrachtete Gray herablassend. „Sie haben mir Ihre Ansichten unmissverständlich klargemacht. Da Sie mein Vormund sind, werde ich wohl keine andere Wahl haben, als mich Ihrem Willen zu beugen und mich im Frühjahr in London auf die Suche nach einem Gatten zu begeben.“
„Sie waren es doch, die vorgeschlagen hat, sich einen Gatten zu suchen!“, sagte Gray, verstimmt über den Verlauf des Gesprächs.
„Sie aber haben die Mitgift erwähnt.“
„Ich wollte doch nur ...“
„Eine Möglichkeit aufzeigen, wie Sie die Verantwortung für mich schnellstmöglich wieder loswerden können?“, beendete Amelia den Satz für ihn in schneidendem Ton.
Gray schnaubte verdrossen. „Ich habe nicht gesagt, dass ich Sie loswerden will.“
„Sie haben mir eindeutig zu verstehen gegeben, dass Sie diese Absicht hegen.“ Sie ordnete ihre Röcke und stand auf.
„Verflucht, Amelia ...“
„Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, Mylord.“ Sie betrachtete ihn kühl. „Ich ziehe es vor, die Zeit bis zum Dinner in meinem Zimmer zu verbringen.“
So weit weg von mir wie möglich, während wir unter einem Dach weilen müssen, dachte Gray ungehalten. „Ich habe noch längst nicht alles mit Ihnen besprochen, Amelia ...“
„Ich aber habe Ihnen nichts mehr zu sagen!“, erwiderte sie, warf ihm noch einen letzten vernichtenden Blick zu und verließ hocherhobenen Hauptes das Zimmer.
Gray blickte ihr völlig entgeistert nach. Lady Stanford hatte ihm versichert, jede junge Dame von neunzehn Jahren wäre begeistert von der Aussicht, nach London zu reisen und in die Gesellschaft eingeführt zu werden. Außer sich vor Freude bei der Vorstellung, eine neue Garderobe zu erhalten oder an Bällen und Gesellschaften teilzunehmen, um all die schneidigen Gentlemen kennenzulernen, von denen sie sich zum Tanz auffordern und umschmeicheln lassen konnte.
Nun, damit war ihm zumindest eines klar. Ganz offensichtlich kannte Lady Stanford die eigensinnige, sturköpfige Amelia Ashford nicht!
7. KAPITEL
„Sie sehen aus, als wünschten Sie, am gestrigen Abend besser getroffen zu haben“, sagte Gray.
Sich der Gegenwart des Butlers, der schweigend in Türnähe
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