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Weil deine Augen ihn nicht sehen

Weil deine Augen ihn nicht sehen

Titel: Weil deine Augen ihn nicht sehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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gefangen gehalten haben?«
    »Sie hat etwas von einem Kinderbett gesagt, weshalb ich den Eindruck hatte, dass sie und Kathy in einem solchen Bett geschlafen haben. Aber das war eigentlich alles, was für mich einen Sinn ergab.«
    »Was hat denn keinen Sinn für dich ergeben, Steve?«, fragte Margaret forschend.
    »Marg, Liebes, ich wünschte, ich könnte noch mit dir hoffen, aber …« Steves Gesichtszüge lösten sich auf, Tränen schossen ihm in die Augen. »Ich wünschte, ich könnte glauben, dass überhaupt eine Möglichkeit besteht, dass sie noch am Leben ist.«
    »Margaret, Sie haben mich gestern angerufen und gesagt, Sie glaubten, dass Kathy noch am Leben sei«, sagte Carlson. »Warum glauben Sie das?«
    »Weil Kelly mir gesagt hat, dass es so ist. Gestern Morgen bei der Messe hat sie gesagt, Kathy wolle auch nach Hause
kommen, sofort. Später beim Frühstück, als Steve ihr aus einem Buch vorlesen wollte und gemeint hat, er wolle so tun, als ob er auch Kathy vorlesen würde, hat Kelly so etwas gesagt wie: ›Ach, Daddy, das ist doch dumm. Kathy ist an das Bett gefesselt. Sie kann dich gar nicht hören.‹ Und außerdem hat Kelly ein paar Mal versucht, mit Kathy in Zwillingssprache zu sprechen.«
    »Zwillingssprache?«, fragte Gunther.
    »Sie haben ihre eigene Sprache miteinander.« Margaret spürte, dass sie drauf und dran war, laut zu werden, und brach ab. Sie schaute hilfesuchend in die Runde und flüsterte: »Ich habe mir auch versucht einzureden, dass es nur eine Trauerreaktion ist, aber das ist es nicht. Wenn Kathy tot wäre, würde ich es wissen. Aber sie ist nicht tot. Seht ihr das nicht? Versteht ihr denn nicht?«
    Sie blickte zum Wohnzimmer. Bevor jemand etwas erwidern konnte, legte sie den Zeigefinger an die Lippen und deutete in das Zimmer. Alle drehten sich nach Kelly um. Sie hatte die beiden Teddybären auf die Stühle und an den Tisch gesetzt. Kathys Puppe lag auf der Decke auf dem Fußboden. Kelly hatte ihr eine Socke um den Mund gewickelt. Sie saß neben ihr, ihre eigene Puppe im Arm. Sie strich über die Wange von Kathys Puppe und flüsterte dazu. Als ob sie gespürt hätte, dass alle Augen auf sie gerichtet waren, schaute sie auf und sagte: »Sie darf nicht mehr mit mir sprechen.«

63
    NACHDEM DIE FBI-AGENTEN Walsh und Philburn gegangen waren, kochte sich Richie Mason einen Kaffee und versuchte, sich ein nüchternes Bild von seiner Lage zu machen. Das FBI hatte ihn im Visier. Der Gedanke, dass alles nur durch einen dummen Zufall außer Kontrolle geraten war, versetzte ihn in Rage. Bisher hatte alles immer wie am Schnürchen geklappt, und dann war der einzige Schwachpunkt im System, von dem er immer gewusst hatte, dass er zum Problem werden könnte, tatsächlich zum Problem geworden.
    Und jetzt spürte er, wie sich das Netz langsam um ihn zuzog. Die Tatsache, dass die Bullen nicht wussten, wie nahe sie der Wahrheit schon gekommen waren, grenzte fast an ein Wunder. Die Tatsache, dass sie sich auf die Verbindung zwischen ihm und Bailey konzentrierten, lenkte sie ab und verschaffte ihm ein bisschen Zeit. Aber ihm war klar, dass sie bald weitersuchen würden.
    Ich werde nicht wieder ins Gefängnis gehen, sagte er sich. Der Gedanke an die enge, überfüllte Zelle, die Uniform, das fürchterliche Essen und die Monotonie des Gefängnisalltags ließ ihn schaudern. Zum wiederholten Mal holte er den Pass hervor, der ihm sicheres Geleit verschaffen würde.
    Steves Pass. Er hatte ihn an jenem Tag, als er in Ridgefield war, aus der Schublade der Kommode gestohlen. Er sah Steve
genügend ähnlich, um unbehelligt durch die Kontrolle zu gelangen. Ich muss nur dasselbe nette, freundliche Lächeln aufsetzen wie mein kleiner Bruder, wenn ich kontrolliert werde, dachte er.
    Die Gefahr bestand, dass ein Grenzbeamter aufmerksam wurde und fragte: »Sind Sie nicht derjenige, dessen Zwillinge entführt wurden?« In diesem Fall würde er einfach sagen, es sei sein Cousin, dem dieses tragische Schicksal widerfahren sei. »Wir sind beide nach unserem Großvater benannt«, würde er erklären. »Und wir sehen uns so ähnlich, dass wir Brüder sein könnten.«
    Zwischen Bahrain und den Vereinigten Staaten gab es kein Auslieferungsabkommen. Doch das spielte sowieso keine Rolle. Bis dahin würde er eine neue Identität haben.
    Sollte er zufrieden sein mit dem, was er besaß, oder sollte er sich den Rest des Geldes holen?
    Warum nicht, dachte er. Und außerdem war es in jedem Fall besser, eine Sache auch bis zum

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