Weil Du an die Liebe glaubst
unschuldigen Reinheit lieben, wie es kein Erwachsener vermag.«
»Vielleicht.« Er drehte das Gänseblümchen zwischen Daumen und Zeigefinger. »Aber weil Elinor zwei Jahre später starb, wurde die Liebe zwischen uns nie auf die Probe gestellt.«
Noch hatte sie Gelegenheit, von allein zu verschwinden. Irgendwo in Michael, das vermutete sie, mußte noch der Traum sein, einen Engel zu finden. »Wenn Sie einmal so geliebt haben, können Sie es wieder.«
Seine Hände drückten krampfhaft auf das Gänseblümchen, zerquetschten es. Langes Schweigen trat ein, bevor er mit kaum hörbarer Stimme sagte: »Ich habe einmal geliebt – oder war davon besessen – von einer verheirateten Frau. Die Affäre zerstörte Freundschaft und Ehre.
Ich schwor mir, das nie wieder zu tun.
Freundschaft ist sicherer.«
Für einen Mann wie Michael mußte es verheerend gewesen sein, seinen eigenen Ehrenkodex verletzt zu haben. Ein so katastrophaler Fehler erklärte auch, warum er nie ihr gegenüber etwas Unschickliches gesagt oder getan hatte. Jetzt wußte sie, daß er das niemals tun würde.
»Ehre ist kein Exklusivrecht der Männer«, sagte sie ruhig. »Auch eine Frau kann Ehre haben.
Schwüre müssen gehalten, übernommene Verantwortung muß getragen werden.« Sie stand auf und blickte in seine unergründlichen grünen Augen. »Es ist ein Glück, daß Ehre und Freundschaft einander entsprechen.«
Sie schauten einander für einen langen Augenblick an, in dem alles und nichts gesagt wurde. Dann wandte sie sich ab und ging zum Haus. Ihre Schritte waren so gleichmäßig, daß niemand auf den Gedanken gekommen wäre, ihre Augen seien mit Tränen gefüllt.
Michael saß lange Zeit im Garten, die Augen blicklos, der Atem langsam und bewußt.
Manchmal war es angenehm, aufmerksam darauf zu achten, wie die Luft sich in die Lungen und wieder hinaus bewegte, weil dies den Schmerz unterdrückte, zumindest für eine kurze Zeit.
Es war leicht, von Catherine besessen zu sein. Sie war nicht nur schön, sondern wirklich bewundernswert. Seine Mutter, Schwester und Caroline besäßen zusammen nicht einmal einen Bruchteil ihrer Herzlichkeit und Integrität. Sie war in jeder Hinsicht perfekt, außer daß sie unerreichbar war. Hoffnungslos verheiratet.
Und doch war etwas Reales zwischen ihnen. Nicht Liebe, sondern ein Wissen, daß die Dinge unter anderen Umständen sehr anders gewesen sein könnten.
Er überlegte, ob er einen anderen Weg hätte wählen können, als er jünger war, einen, der ihn an jenem schrecklichen Tage zu Catherine geführt hätte, an dem sie zur Waise wurde. Wie Colin, hätte er ihr sofort seinen Schutz angeboten.
Anders als Colin, hätte er sich nie von seiner Frau abgewandt und anderen Frauen gewidmet.
Solche Spekulationen waren Unsinn. Er hatte nie einen Weg außer dem gesehen, den er gegangen war, der ihn in eine verrückte Liebe geführt hatte, die seine Seele befleckt hatte. Er stand auf und fühlte sich so erschöpft, als hätte er gerade eine Schlacht geschlagen.
Doch trotz seines Schmerzes war er stolz darauf, daß er und Catherine etwas Reines und Ehrenwertes aus dem geschmiedet hatten, was schäbig und falsch hätte sein können.
Natürlich, ihr Ehemann war ein Soldat kurz vor Kriegsausbruch…
Er verdrängte den Gedanken, entsetzt darüber, daß er ihm überhaupt gekommen war. Es wäre obszön, auf den Tod eines Offizierskameraden zu hoffen. Zudem war es lächerlich, zu versuchen, über die nächsten paar Wochen hinauszusehen.
Wenn es zum Kampf kam, konnte er ebensogut getötet werden wie Melbourne. Es gab keine Sicherheiten in Leben, Liebe oder Krieg.
Außer der Tatsache, daß gleich, ob sein Leben in Tagen oder Dekaden gemessen werden würde, er nie aufhören würde, Catherine zu begehren.
Kapitel 8
Catherine kleidete sich am nächsten Abend gerade zum Abendessen an, als Colin das Schlafzimmer betrat. Statt nach ihrem Mädchen zu läuten, bat sie: »Könntest du mir mein Kleid hinten schließen?«
»Natürlich.« Seine Finger waren derb und leidenschaftslos. Sie war betroffen von der seltsamen Fremdartigkeit, der Art, wie sie dasselbe Haus bewohnten, eine Ehe führten, sich aber nie emotional berührten. Ihre Beziehung war gewebt aus Gesetz, Höflichkeit, Annehmlichkeit und Gewohnheit. Sie stritten fast nie, weil jeder von ihnen wußte, wie viel – oder wie wenig – er vom anderen zu erwarten hatte.
Nachdem Catherines Kleid geschlossen war, trat Colin zurück und begann sich selbst anzukleiden.
Er schien
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