Weil Du an die Liebe glaubst
Widerstand der alliierten Truppen. Michael war fast zu benommen, um die Tragweite dessen, was geschah, zu begreifen. Frankreichs beste Truppe war geschlagen, aus einer Armee war ein wüster Haufen geworden.
Aber es war noch nicht vorbei. Wie lange würde die Schlacht noch dauern? Wie lange konnte sie noch andauern? Das 105. Regiment hatte über vierzig Prozent Verluste. Die Hälfte davon war sofort gefallen. Anderen Regimentern war es noch schlimmer ergangen. Dann rief Graham jubelnd:
»Sehen Sie doch, Sir!« Eine Ulme auf der Kuppe des Hügels, an der zwei Straßen sich kreuzten, war Wellingtons Kommandostand, wenn er nicht durch die Linien ritt. Durch den Rauch war die Stelle kaum sichtbar. Jetzt war der Herzog dort.
Seine schlanke Gestalt zeichnete sich gegen den Abendhimmel ab, als er sich in seinen Steigbügeln aufrichtete und seinen Dreispitz dreimal nach vorne schwenkte. Es war das Signal zum Vorrücken. Ein donnerndes Hurra brandete in den Regimentern auf, die dem Herzog am nächsten waren, und rollte mit einem anschwellenden Gebrüll durch die Linien der Alliierten.
Wildes Triumphgefühl erfüllte Michael, vertrieb seine Schwäche. Er spürte in seinen Knochen, daß diese Schlacht gewonnen war. Die langen Jahre in der Armee, die scheußlichen Stunden, in denen die französische Artillerie alles in Stücke geschossen hatte, wurden ihm in diesem Augenblick bewußt. Er hob sein Schwert in die Luft und brüllte: »Folgt mir, Soldaten!«
»Ja, Colonel! In die Hölle, wenn Sie uns dorthin führen!« dröhnte eine Stimme zurück.
Das Regiment formierte sich zu Kompanien und stürmte über den niedergewalzten,
blutdurchtränkten Roggen den Hang hinunter, Musketen und Bajonette bereit. Auf dem ganzen Kamm taten dies die anderen alliierten Truppen ebenso, folgten dem Befehl überlebender Offiziere. Sie stürmten auf die Ebene, ließen die reglosen scharlachroten Reihen von Toten und Verwundeten hinter sich.
Heftige Geplänkel begannen überall auf dem zwei Quadratmeilen großen Schlachtfeld. Obwohl ein großer Teil der kaiserlichen Armee auf der Flucht war, leisteten Gruppen französischer Soldaten noch immer mutig Widerstand.
Das 105. teilte sich in kleinere Gruppen. Einige Männer drängten dem fliehenden Gegner nach, andere waren in wilde Handgemenge Mann gegen Mann mit Franzosen verwickelt, die noch kämpften. Es war ein Chaos. Schwindelig durch Blutverlust, Schmerz und Müdigkeit, befand Michael sich an einem dunklen, wilden Ort, an dem es weder Vergangenheit oder Zukunft noch Furcht gab, nur Instinkt und Willenskraft und der Wahnsinn des Krieges, in dem jeder Augenblick sein letzter sein konnte.
Wirklichkeit war eine Ansammlung fieberhafter, zusammenhangloser Bilder. Ein Durcheinander gefallener französischer Gardisten, ihre leblosen Körper wie Baumwurzeln ineinander
verschlungen. Ein verlassenes Pferd, das friedlich Gras kaute. Ein sterbender Husar, dessen Bauch aufgerissen war, bettelte um seinen Tod. Michael sprach auf französisch ein Gebet und schnitt dann dem armen Teufel die Kehle durch.
Er glaubte, daß ihn selbst der Tod ereilen würde, als ein Kürassier, sein Schwert schwingend, heranstürmte. Michael hielt sich bereit, wußte aber, daß er in seinem jetzigen Zustand keine Chance gegen einen berittenen Mann hatte.
Dann fiel der Blick des Franzosen auf Michaels Armbinde. Er hob das Heft seines Schwertes zum Gruß an seine Stirn und ritt dann auf der Suche nach anderen Zielen davon. Michael berührte sein silbernes Kaleidoskops, das in seinem Rock steckte. Sein Glücksbringer hatte ihn nicht im Stich gelassen.
Er marschierte den Hang auf der anderen Seite des Tales hoch, als Michael durch eine Lücke in einer Hecke stieß und sah, daß Tom Hussey von zwei Franzosen angegriffen wurde. Als der eine ein Bajonett durch die Schulter des Fähnrichs stieß, sprang Michael mit einem mörderischen Schrei vor. Er schlitzte die Brust eines Angreifers auf, wandte sich dann knurrend dem anderen zu.
Durch seine Attacke entmutigt, flohen beide Männer.
Tom wischte sich seine Stirn mit einem verschmierten Ärmel ab. »Wie lernt man es, so zu kämpfen wie Sie, Sir?«
»Durch Übung und schlechte Laune.« Michaels Wut legte sich. Er keuchte. Er deutete auf das Blut, das zwischen den Fingern des Fähnrichs durchsickerte. »Du solltest das versorgen lassen.«
»Dafür ist später noch Zeit.« Toms Augen leuchteten. Er war berauscht vom Kampf und weil er überlebt hatte.
Sie hatten nur zwei gesunde
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