Weil Du an die Liebe glaubst
Hure, die deine Mutter war, hat es offen zugegeben.«
Michael spürte, daß seine Lungen sich zusammenzogen, bis er kaum mehr atmen konnte. Während er um Beherrschung rang, blickte er vom Herzog zu Benfield und sah dieselben Knochen und die Hautfarbe, die ihn jeden Morgen im Spiegel anblickten. »Bei allem Respekt, ich sehe einem Kenyon sehr ähnlich.
Vielleicht hat sie dich belogen, um dich zu ärgern.« Gott wußte, daß der Herzog und die Herzogin wie Grubenottern miteinander gekämpft hatten.
Das Gesicht des Herzogs rötete sich mit einer Wut, die über Jahrzehnte an ihm gefressen hatte.
»Sie sprach die Wahrheit. Mein jüngerer Bruder, Roderick, ist dein Erzeuger. Ich selbst sah sie miteinander.«
Benfield atmete hörbar ein. Sein Gesicht zeigte denselben Schock, der auf dem von Michael zu sehen sein mußte.
»Ihr gefielen meine Affären nicht. Deshalb beschloß sie, es mir mit gleicher Münze heimzuzahlen«, fuhr der Herzog fort. »Sagte, daß sie immer für Roderick geschwärmt habe – daß er besser aussähe und besser im Bett sei. Daß ich ihr dankbar sein solle, weil wenn Benfield etwas zustieße und du Erbe wärest, der Herzog dennoch ein Kenyon sein würde. Dankbar! Diese Schlampe
– diese untreue, ekelhafte Schlampe. Sie wußte, daß ich keine andere Wahl hatte, als dich zu akzeptieren, und sie genoß das.«
Er bekam einen heftigen Hustenanfall. Benfield bot ihm eilig ein Glas Wasser an, aber der alte Mann winkte ab. »Roderick hat es mir immer übelgenommen, daß ich der Ältere war. Georgiana gab ihm nicht nur die Gelegenheit, mich zum Hahnrei zu machen, sondern auch die Möglichkeit, daß Rodericks Sohn erben würde. Bösartig, dieses Paar.«
Michael fühlte sich vom Kopf bis zu den Zehenspitzen taub, und seine Lungen vermochten kaum, sich zu weiten. Seltsam die Vorstellung, daß er gezeugt worden war, um der Bauer zwischen einem Mann und einer Frau zu sein, die einander verachteten. Kein Wunder, daß seine Kindheit von Haß erfüllt war. »Warum hast du beschlossen, mir das jetzt zu sagen?«
»Ein Mann hat ein Recht zu wissen, wer sein Vater ist.« Der Herzog verzog seinen Mund. »Und da Benfield das Oberhaupt der Familie sein wird, soll er die Wahrheit kennen. Vielleicht wird er sich jetzt daran machen und einen Sohn zeugen.
Außerdem ist er weich und würde dich vielleicht als Mitglied der Familie behandeln, wenn er es nicht besser wüßte.«
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Michael, unfähig seine Bitterkeit zu verbergen. »Er war in der Vergangenheit nicht sehr brüderlich zu mir.«
»Du bist genau wie Roderick«, schnarrte der Herzog, in dessen Gesichtsausdruck alte Wut lebendig wurde. »Die gleichen verdammten grünen Augen. Klug, stark, arrogant, in allem besser als mein eigener Sohn.« Er ignorierte einen erstickten Ausruf von Benfield und schloß:
»Ich hätte dich auf die Westindischen Inseln ins Exil schicken sollen, genau wie Roderick.«
Michael hätte am liebsten zugeschlagen, den Mann verletzt, der ihn ein Leben lang gequält hatte. Aber was sollte das? Der Herzog starb, und der Haß, den er genährt hatte, war zu seiner eigenen Strafe geworden. Er ging bewußt verbal auf Distanz. »Ich denke, ich muß Ihnen dafür danken, daß Sie endlich ehrlich zu mir waren.
Guten Tag, Sir. Ich wünsche Ihnen einen friedlichen Tod.«
Die knochigen Finger des Herzogs gruben sich in seine Überdecke. »Ich verachte die Tatsache deiner Existenz, und doch habe ich… ich dich respektiert. Du hast ehrenvoll in der Armee gedient, und du hast ein Vermögen geschaffen aus nicht mehr als dem Anteil eines jüngeren Sohnes. Ich hätte einen Erben wie dich gewollt.«
Er warf Benfield einen verächtlichen Blick zu, schaute dann wieder Michael an. »Ich wollte einen anderen Sohn. Statt dessen bekam ich dich.«
»Ich wäre Ihr Sohn gewesen, hätten Sie gewollt, daß ich es wäre«, sagte Michael kurz. Er spürte, daß er kurz vor dem Zusammenbruch stand, drehte sich um und ging zur Tür.
Ein aschfahler Benfield schnitt ihm den Weg ab und faßte ihn beim Arm. »Michael, warte!«
»Wozu? Der Herzog hat alles gesagt, was zu sagen war.« Michael riß seinen Arm los. »Keine Sorge, ich werde nie wieder eine deiner Türen verdunkeln. Ich wünsche dir viel Freude mit deinem Erbe.«
Benfield setzte zum Sprechen an, hielt dann aber inne, von Michaels eisigem Blick zum Schweigen gebracht.
Er stieß die Tür zum Wohnzimmer des Herzogs auf. Claudia und die anderen starrten ihn an, versuchten zu
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