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Weil Du an die Liebe glaubst

Weil Du an die Liebe glaubst

Titel: Weil Du an die Liebe glaubst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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hochmütig.
    Michael reichte ihm seinen Hut. »Ich nehme an, die Wache ist in der Suite des Herzogs?«
    »Ja, Lord Michael.«
    Er drehte sich um und ging zu der majestätischen Freitreppe. Während er die polierten Marmorstufen emporstieg, erinnerte er sich daran, wie er auf dem geschwungenen Geländer hinuntergerutscht war. Er hatte jedes Mal, wenn er erwischt worden war, Ärger bekommen, aber das hatte ihn nie daran gehindert, es wieder zu tun.
    Obwohl das Herrenhaus sich äußerlich nicht verändert hatte, spürte er einen feinen Unterschied in der Atmosphäre. Sie war erfüllt von der Stille eines Haushaltes, der auf den Tod wartete. Ein Lakai mit gepuderter Perücke und Bundhose stand vor den Gemächern des Herzogs.
    Als er einen Kenyon erkannte, öffnete er die Tür mit einer Verneigung.
    Michael holte tief Luft, trat dann ein und durchquerte das Wohnzimmer, um zum
    Schlafzimmer seines Vaters zu gelangen. Er versuchte sich zu erinnern, ob er je zuvor einen Fuß dort hineingesetzt hatte. Er glaubte es nicht.
    Er und sein Vater hatten nie ein intimes Verhältnis gehabt.
    Das Schlafzimmer war klaustrophobisch dunkel, und es roch nach Medizin und Fäulnis. Es war ein Schock, den ausgemergelten Körper seines Vaters im Bett liegen zu sehen. Er wirkte vor dem scharlachroten Samt und den massiven geschnitzten Pfosten winzig. Abrupt wurde ihm bewußt, daß der Riese seiner Kindheit starb. Als Soldat respektierte er die Macht und Endgültigkeit des Todes, und er spürte, daß er so etwas wie Mitgefühl empfand. Der vierte Duke of Ashburton hatte endlich einen Gegner gefunden, den er nicht zur Unterwerfung zwingen konnte.
    Ein Dutzend Leute standen unbehaglich in dem Raum: Sein Bruder und seine Schwester und ihre jeweiligen Ehegatten, der Kammerdiener des Herzogs und sein Sekretär, mehrere Ärzte. Seine Schwester, die Countess of Herrington, schaute Michael finster an. »Ich bin überrascht, dich hier zu sehen.«
    Sein Mund wurde schmal. »Sollte meine Anwesenheit unwillkommen sein, Claudia, läßt sich das beheben.«
    Sein Bruder runzelte die Stirn über diesen Zwischenfall. »Dies ist nicht der Ort zum Zank.
    Ich habe Michael gebeten zu kommen, weil Vater ihn sehen möchte.« Obwohl alle Kenyons groß waren, dunkles, kastanienbraunes Haar und gemeißelte Gesichtszüge hatten, besaß der Marquess of Benfield die kalten Augen und die harte Autorität eines Mannes, der erzogen worden war, ein Herzog zu sein. Es hatte Zeiten in ihrer Kindheit gegeben, als die Brüder recht gut miteinander ausgekommen waren. Der

    Altersunterschied zwischen ihnen betrug nur zwei Jahre, und als Kind hatte Michael seinen Bruder Stephen genannt.
    Es war Jahrzehnte her, daß er einen anderen Namen als Benfield benutzt hatte.
    »Ist das Michael?«
    Das heisere Flüstern veranlaßte alle, sich zum Bett zu wenden.
    »Ja, Sir. Ich bin gekommen.« Michael trat näher und blickte auf seinen Vater hinab.
    Der Herzog war ein Schatten seines früheren Selbst, bestand nur noch aus Knochen und Willen, aber in seinen Augen schwelte noch immer Wut.
    »Hinaus mit allen. Bis auf Michael und Benfield.«
    Claudia begann zu protestieren. »Aber Vater…«
    Der Herzog schnitt ihr das Wort ab. »Hinaus!«
    Es gab ein Schlurfen, als die Menschen den Raum verließen. Obwohl Claudias Gesicht starr vor Wut war, wagte sie nicht, ungehorsam zu sein.
    Michael warf Benfield einen kurzen Blick zu, aber sein Bruder schüttelte nur leicht seinen Kopf. Er wußte ebensowenig wie Michael.
    Der Herzog sagte mit dünner, krächzender Stimme: »Du wirst wissen wollen, warum ich dich hergerufen habe.«
    Es war eine Feststellung, keine Frage. Michael faßte sich. Er war ein verdammter Narr gewesen, geglaubt zu haben, es gäbe eine Chance auf Annäherung in letzter Minute. Es konnte da, wo es nie Harmonie gegeben hatte, keine Versöhnung geben. Er überlegte, was ihm sein Vater zum Abschied mit auf den Weg geben wollte und sagte: »Es ist nicht unbillig für einen Vater, zu einem solchen Zeitpunkt all seine Kinder sehen zu wollen.«
    Der Herzog verzog sein Gesicht. »Du bist nicht mein Sohn.«
    Jeder Nerv in Michaels Körper spannte sich an.
    »Wie Sie wünschen, Sir«, sagte er kühl. »Es überrascht mich nicht, enterbt worden zu sein, obwohl ich verdammt sein will, wenn ich wüßte, welches große Verbrechen ich begangen habe. Ich habe das nie verstanden.«
    Die altersblassen blauen Augen funkelten. »Du bist nicht mein Sohn! Kann ich es noch klarer als so ausdrücken? Diese

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