Weil du ein zärtlicher Mann bist
das Gesagte mit einem Scherz abtun konnte, strich er ihr übers Haar. “Deins ist dafür umso schöner.”
Komplimente waren ihr unangenehm, und sie fuhr sich mit der Hand durch das lange, verwuschelte Haar, das durch den Regen noch unbändiger geworden war.
“Ich liebe die Locken”, sagte er und strich erneut darüber.
Sie spürte seine Berührung bis hin zu ihren Zehenspitzen. “Normalerweise trage ich es in einem Knoten.” Noch eine persönliche Auskunft, verflixt. Ihr Haar war eins der Dinge, die sie an sich ändern würde, wenn sie es könnte. “Ich lasse es lang, weil ich es dann besser zurückbinden kann. Wenn ich es kurz trüge, würde ich aussehen wie ein Mopp.”
Er lachte.
Himmel, wieso redete sie so viel?
“Es ist so weich.” Er nahm eine der widerspenstigen Locken und strich sie ihr hinters Ohr, bevor er mit den Fingern an ihrer Wange entlangfuhr.
Sie vergaß zu atmen.
Langsam glitt er mit der Hand tiefer zum Kragen seiner Jacke, die sie noch immer trug, und zog sie enger zusammen.
Glaubte er etwa, ihr wäre kalt?
Die Sanftheit dieses Mannes verblüffte sie, sie stand im krassen Widerspruch zu seiner Größe, seiner Kraft und seiner intensiven männlichen Ausstrahlung.
“Ich kann auf dem Boden schlafen”, sagte er ruhig, und die Zärtlichkeit in seiner Stimme, zusammen mit der vorsichtigen Art, wie er sie berührte, verschlug ihr fast die Sprache.
“Nein, ich …”
Wie zur Beteuerung, legte er sich eine Hand auf die Brust. “Ich wollte dich hier in meinem Zimmer haben. Ich wollte es mehr als sonst etwas, aber jetzt, wo du bei mir bist, möchte ich dich nicht drängen.”
Sie sah auf seine Hand, und ihr Blick heftete sich automatisch auf die breite, muskulöse Brust darunter, die nur darauf zu warten schien, von ihr berührt zu werden.
Sie versuchte sich zu erinnern, wann sie sich zum letzten Mal derart heftig zu einem Mann hingezogen gefühlt hatte, doch vergeblich.
Warum dann ausgerechnet zu diesem Mann?
Er strahlt etwas ganz Besonderes aus, gab sie sich selbst zur Antwort. Er war so groß und stark und doch so sanft. Wahrscheinlich würde er darüber lachen oder verlegen werden, wenn sie ihm das sagte. Oder vielleicht auch nicht, denn er schien kein Mann zu sein, der sich leicht in Verlegenheit bringen ließ.
“Ich fühle mich nicht gedrängt”, meinte sie schließlich.
Mit einem Lächeln legte er ihr die Hände auf die Schultern, drehte sie wieder zum Fenster um und begann, sie mit leichten, sinnlichen Bewegungen zu streicheln. Als er die Verspannung in ihrem Nacken ertastete, unter der sie in letzter Zeit ständig litt, wurde das Streicheln zu einer köstlichen Massage. Ihre Knie drohten nachzugeben, und sie konnte ein leises, wohliges Stöhnen nicht unterdrücken.
“Hm, du bist ja schrecklich verkrampft. Versuch einfach loszulassen.” Er lockerte die Muskeln, indem er an ihren Armen hinunterstrich und dann wieder hoch zu ihren Schultern. Das machte er immer wieder und wieder, bis Corinne sich an der Fensterbank festhalten musste, um nicht vor lauter Zufriedenheit und Entspannung zu Boden zu sinken.
“Besser?”
“Wenn es noch besser wird”, erklärte sie, “kann ich für nichts mehr garantieren.”
“Versprochen?” Als wäre es für ihn eine ganz alltägliche Sache, eine Frau völlig willenlos zu machen, lachte er heiser, als sie noch einmal ein hilfloses leises Stöhnen ausstieß.
Vielleicht war es das für ihn auch, aber nicht für sie. Ganz sicher nicht. Wann hatte sie das letzte Mal Sex gehabt? Auch daran vermochte sie sich nicht mehr zu erinnern. Seine Finger wirkten Wunder, und als er sich jetzt zusätzlich von hinten an sie drängte, konnte sie sich nicht mehr auf den Beinen halten.
“Es ist spät”, sagte sie leise.
Er hielt mitten in der Bewegung inne und trat dann langsam von ihr zurück. “Ja, das ist es. Du wirst jetzt bestimmt schlafen wollen.”
Sie drehte sich zu ihm herum, und als sie sein gleichgültiges Gesicht sah, musste sie schlucken. “Ich … ich glaube, dass das hier vielleicht ein wenig Schlafverzicht wert ist.”
Der Ausdruck seines Gesichtes änderte sich schlagartig. Heftiges Verlangen, Begierde und sogar Angst – all das, was sie auch empfand – spiegelte sich darin wider, und sie wusste, dass er die Gleichgültigkeit nur zur Schau gestellt hatte für den Fall, dass sie ihn zurückwies.
Was sie niemals tun würde. Sie hatte sich diese eine Nacht zugestanden, eine Nacht nur für sich, und sie würde jetzt keinen
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