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Weil du mich siehst

Weil du mich siehst

Titel: Weil du mich siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Inusa
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ins Wohnzimmer. Er stellte seinen eigenen Becher auf den kleinen Couchtisch aus dunkelbraunem Holz, dessen Ecken rundgeschliffen waren, und nahm Paula dann ihren ab, um ihn ebenfalls dorthin zu stellen.
     
    Schüchtern stand er vor ihr und sah sie an. Sie war so schön, dass er ganz gehemmt war. Er traute sich nicht, sie zu berühren, auch wenn sein ganzer Körper vor Verlangen bebte.
     
    Paula setzte sich aufs Sofa und sagte: »Könntest du bitte die Vorhänge zuziehen?«
     
    Finn ging zum Fenster und tat es. Dann sah er Paula fragend an. Was hatte sie vor? Sie klopfte mit einer Hand neben sich auf das Sofa und deutete ihm so, dass er sich setzen sollte. Vorsichtig setzte er sich neben sie.
     
    Er nahm ihren Arm und fragte: WAS HAST DU VOR?
     
    Paula hatte nun Tränen in den Augen. »Ich weiß es nicht, Finn. Zuerst einmal möchte ich nur, dass du mich hältst.«
     
    Sie wollte also seine Nähe, aber wollte sie ihn auch genauso, wie er sie wollte? Er wollte nicht zu weit gehen, nichts überstürzen, er wollte sie nicht verärgern oder erschrecken. Zögernd saß er da und wusste nicht, was er tun sollte.
     
    »Bitte halt mich!«, sagte Paula, durstend nach etwas Liebe.
     
    Voller Liebe und Zuneigung legte Finn eine Hand an ihre Wange. Er streichelte ihr übers Gesicht, übers Haar, über die zitternden Lippen. Er kam näher und küsste ihre Lider, ihre Tränen und zum Schluss ihren Mund.
     
    Als wäre sie am Austrocknen und er wäre der einzige Tropfen Wasser in der Wüste, eine Oase voller Hoffnung, gab sie sich ihm hin, ließ sich von ihm küssen, lieben, vergrub ihren Schmerz in seinen starken Armen, vergaß ihre Vergangenheit für einen Augenblick.
     
    Sie hielten einander die ganze Nacht lang, sie klammerten sich aneinander, um sich vor dem Untergang zu retten. Sie gaben einander Leben.
     
    Mehr passierte in dieser Nacht nicht. Sie waren nur zwei Liebende, die die Liebe endlich zuließen, so gewaltig und intensiv sie war. Sie dachten nicht an gestern oder an morgen, allein der Moment zählte und das, was sie hatten, auch wenn es weiß Gott nicht viel war.
     
    ♥
     
    Sie lagen noch da, eng umschlungen, als der Morgen schon graute. Zum ersten Mal seit vier Jahren fühlte Finn sich gut, als er seine Augen öffnete; zum ersten Mal hatte er keine Albträume gehabt.
     
    Sie hatten nicht gesprochen, nur gefühlt. Ihre Liebe war ohne Worte. Die Menschen sollten viel öfter auf diese Weise lieben, dann gäbe es keine Streitigkeiten und keine bösen Worte mehr, die eigentlich gar nicht so gemeint waren und die man später bereut. Die Liebe spricht doch eh aus dem Herzen, sie bedarf keiner Worte. Wenn die Menschen das nur begreifen würden.
     
    Er sah, dass Paula ebenfalls aufgewacht war und küsste sie auf die Stirn.
    Paula spürte einen Kuss auf der Stirn. Es war also kein Traum gewesen, es war Wirklichkeit. Finn lag hier neben ihr und sie hatten die ganze Nacht gekuschelt und einander kennengelernt. Sie lächelte. »Guten Morgen, Finn.«
     
    GUTEN MORGEN, schrieb er auf ihren Arm.
     
    »Hast du gut geschlafen?«
     
    SEHR GUT, UND DU?
     
    »Ich auch, danke. Weißt du, ehrlich gesagt hätte ich nie gedacht, nochmal neben einem Mann aufzuwachen.«
     
    Mann. Sie hatte ihn »Mann« genannt. Sein Vater nannte ihn immer nur einen »dummen Jungen«. Noch nie hatte ihn jemand als »Mann« bezeichnet, er fühlte sich erwachsen und mutig.
     
    DARF ICH DICH ETWAS FRAGEN?
     
    »Ja, natürlich. Alles.«
     
    HAST DU DEINEN MANN SEHR GELIEBT?
     
    »Ja. Ich habe ihn unendlich geliebt. Und ich dachte immer, dass solch eine Liebe einem nur einmal passiert.«
     
    DENKST DU DAS IMMER NOCH?
     
    »Ich will ehrlich sein, ich weiß es nicht. Ich habe lange geglaubt, dass die Liebe mit ihnen gegangen ist, dass ich sie nie wieder erfahren würde. Und ich kann dir nicht versprechen, dass ich je wieder so lieben kann wie damals.«
     
    DAS IST OKAY. ICH LIEBE DICH JETZT SCHON SO SEHR, DASS MEINE LIEBE FÜR UNS BEIDE REICHEN WIRD.
     
    »Was sagst du da, Finn? Dass du mich ...«
     
    Er küsste sie. So voller Leidenschaft, dass es ihr den Atem raubte.
     
    »Finn, antworte mir!«
     
    JA. ICH LIEBE DICH.
     
    Paula musste nachdenken. Er sagte ihr, dass er sie liebte. Er kannte sie doch überhaupt nicht. Er wusste weder von ihren finsteren Dämonen noch von ihren schrecklichen Gedanken, die immer wiederkehrten. Trotzdem war da irgendetwas Besonderes zwischen ihnen, sie fühlte es auch, es war von Anfang an da

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