Weil Ich Euch Liebte
aus Betonschalsteinen und der Decke mit den freiliegenden Trägern war der Keller für potenzielle Interessenten nicht gerade ein Kaufanreiz. Immerhin war der Boden betoniert und nicht aus gestampfter Erde. Eine Waschmaschine und ein Trockner sowie eine Werkbank bildeten so ziemlich die gesamte Einrichtung. Abgesehen vom Heizkessel. Und darauf steuerte Belinda jetzt zu.
Sie duckte sich unter einem Heizungsrohr durch in den knapp einen Meter breiten Raum zwischen dem Kessel und der kalten Mauer. Ganz oben, wo die hölzernen Deckenträger auf den Schalsteinen auflagen, gab es eine Lücke. Sie fasste hinein. Die Gläser hatte sie gerade so weit nach hinten geschoben, dass sie nicht zu sehen waren. Fünfzehn standen da, nur die gängigsten Medikamente. Fürs Herz, gegen chronisches Sodbrennen, bei Diabetes. Für die Potenz. Hier hinten gab es so wenig Licht, dass sie die Gläser herunterholen und auf die Werkbank stellen musste, um zu erkennen, was sie brauchte.
Sie merkte, dass sie zitterte. Ihr war klar, dass sie mit dem, was sie heute Abend verkaufen würde, maximal fünfhundert Dollar zusammenbekam. Sie musste sich etwas einfallen lassen.
Vielleicht konnte sie die Torkins zu ein paar Renovierungsmaßnahmen überreden. Ihnen eine E-Mail nach Arizona schicken und behaupten, sie könne einen besseren Preis für ihr Haus erzielen, wenn sie ein paar Schönheitsreparaturen vornehmen ließen. Ein bisschen Farbe, die morschen Bretter auf der vorderen Veranda ersetzen, jemanden beauftragen, das Gerümpel im äußersten Winkel des Grundstücks zu entsorgen.
Ihnen sagen, sie könne das für zweitausend Dollar machen lassen. Das Geld selbst behalten. Was würden sie tun? Ins nächste Flugzeug steigen und nach Milford kommen, um sich zu vergewissern, dass die Arbeiten ausgeführt worden waren. Nicht sehr wahrscheinlich.
Sie hatte noch zwei Klienten, die außerhalb wohnten und denen sie ein paar Reparaturen aufschwatzen konnte. Sobald sie ihre Schulden losgeworden wäre, würde sie, sollte es sich als notwendig erweisen, schon einen Weg finden, die Arbeiten tatsächlich machen zu lassen. Wenn sie was von einem bevorstehenden Besuch der Eigentümer in der Gegend läuten hörte, würde sie etwas unternehmen müssen. Eins stand jedenfalls fest: Belinda wäre es tausendmal lieber, diesen Leuten zu erklären, warum an ihrem Haus nichts repariert worden war, als den anderen, warum sie deren Geld nicht hatte.
Sie hielt das erste Glas ins Licht, um das Etikett lesen zu können. Die blauen Wunderpillen. George hatte sie einmal ausprobiert. Nicht die hier, nicht die gefälschten. Er hatte sie sich von seinem Arzt verschreiben lassen und wollte ihre Wirkung testen. Die Nebenwirkung bestand in rasenden Kopfschmerzen. Während er zugange war, sagte er eins übers andere Mal, er brauche Paracetamol, sonst würde ihm der Schädel platzen.
Belinda schraubte gerade den Deckel ab, da hörte sie den Boden über ihr knarren.
Sie erstarrte. Einen Augenblick herrschte Stille. Alles Einbildung, sagte sie sich.
Doch dann hörte sie es wieder.
Jemand ging in der Küche umher.
Sie war sich sicher, die Haustür hinter sich abgeschlossen zu haben. Sie wollte nicht, dass jemand sie dabei überraschte, wie sie ihrem Apothekerhandwerk nachging. Aber vielleicht hatte sie es ja doch vergessen. Jemand hatte das »Zu verkaufen«-Schild vor dem Haus und ihren auf der Straße geparkten Acura gesehen, die Visitenkarte entdeckt, die sie auf dem Armaturenbrett liegen hatte, und daraus geschlossen, hier sei Tag der offenen Tür.
»Hallo?«, rief sie zaghaft. »Ist da wer?«
Keine Antwort.
Belinda rief noch einmal. »Haben Sie das Schild gesehen? Sind Sie wegen des Hauses hier?«
Wenn, wer immer da oben rumspazierte, aus irgendeinem anderen Grund hier war, zum Beispiel, um da zu pennen, rumzumachen oder das Haus zu verwüsten, wusste er nun, dass er nicht allein hier war. Und wenn derjenige oder diejenigen auch nur ein bisschen was in der Birne hatten, würden sie Leine ziehen.
Aber Belinda hatte keine Schritte gehört, die zur Haustür rannten.
Ihr Mund war trocken, und sie versuchte zu schlucken. Sie musste hier raus. Doch der einzige Weg hinaus führte über diese Treppe, und die führte geradewegs in die Küche.
Sie beschloss, die Polizei anzurufen. Sie würde in ihr Handy flüstern, ihnen sagen, dass sie schnell herkommen sollten, dass jemand im Haus war, dass jemand –
Das Handy war in ihrer Tasche. Ein Chanel-Imitat, das sie bei einer von Anns
Weitere Kostenlose Bücher