Weil Ich Euch Liebte
durchflutete, läutete das Telefon.
Ich schreckte zusammen.
Dann packte ich den Hörer. »Hallo?«
»Glen? Hier ist Belinda.«
»Oh, hey, Belinda.« Ich sah auf die Uhr. Fast zehn.
»Ich weiß, es ist schon spät«, sagte sie.
»Kein Problem.«
»Ich dachte, ich sollte Sie doch einmal anrufen. Ich glaube, wir haben uns seit der Beerdigung nicht mehr gesehen. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich mich nicht gemeldet habe, aber ich wollte mich nicht aufdrängen, verstehen Sie?«
»Aber klar.«
»Wie geht’s Kelly? Geht sie wieder zur Schule?«
»Sie hat einiges zu knabbern. Aber sie schafft das schon. Wir schaffen das schon.«
»Ja, ich weiß, sie ist ja wirklich ein Prachtmädel. Ich muss … ich muss nur immer an Sheila denken. Ich meine, ich weiß schon, für mich war sie nur eine Freundin, Sie haben viel mehr verloren, aber es tut so weh. Es tut so unglaublich weh.«
Sie klang, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Das konnte ich jetzt wirklich nicht brauchen.
»Ich hätte sie so gern noch einmal gesehen«, fuhr sie fort. Anfangs wusste ich nicht, was sie damit meinte. Dass sie sich gerne noch einmal mit Sheila getroffen hätte, bevor sie starb? »Aber wo doch der Wagen gebrannt hat …«
Aha. Belinda meinte den geschlossenen Sarg. »Der Brand konnte gelöscht werden, bevor er sich im Fahrgastraum richtig ausbreiten konnte.«
»Genau«, sagte Belinda. »Ich glaube, ich habe so was gehört. Trotzdem frage ich mich die ganze Zeit, ob Sheila … man mag ja gar nicht daran denken … sich vorzustellen, wie schwer … Ich weiß gar nicht, wie ich das sagen soll.«
Was ging es sie an, ob Sheila bis zur Unkenntlichkeit verbrannt war? Wie in aller Welt kam sie auf die Idee, dass ich darüber reden wollte? Tröstete man so einen Mann, der gerade seine Frau verloren hatte? Indem man ihn fragte, ob was von ihr übrig geblieben war?
»Ich dachte, ein geschlossener Sarg ist am besten. Für Kelly.«
»Natürlich, natürlich, das versteh ich.«
»Es ist schon recht spät, Belinda, und –«
»Es ist mir sehr unangenehm, Glen, aber Sheilas Handtasche … hat man sie bergen können?«
»Ihre Handtasche? Ja, die Polizei hat sie mir gegeben.« Sie haben die Tasche durchsucht, nach Indizien, Quittungen. Irgendwoher musste schließlich die leere Wodkaflasche kommen, die im Wagen gelegen hatte. Sie haben nichts gefunden.
»Es ist nämlich so – das Ganze ist mir so peinlich, Glen –, aber ich hatte Sheila einen Umschlag gegeben, und jetzt wüsste ich gerne – das ist furchtbar, ich sollte Sie das gar nicht fragen.«
»Belinda.«
»Ich wüsste nur gerne, ob der vielleicht in ihrer Handtasche war.«
»Ich hab ihre Sachen durchgesehen, Belinda. An einen Umschlag kann ich mich nicht erinnern. Können Sie ihn vielleicht beschreiben?«
»Ein brauner Geschäftsumschlag. Übergröße.«
»Ich habe nichts Derartiges gesehen. Was war denn drin?«
Belinda zögerte. »Wie bitte?«
»Ich habe gefragt, was drin war.«
»Hm, ein bisschen Bargeld. Sheila sollte etwas für mich besorgen, wenn sie das nächste Mal in die Stadt kam.«
»In die Stadt? Nach New York?«
»Genau.«
»Sheila ist nicht so oft nach New York gefahren.«
»Ich glaube, sie plante eine Einkaufstour. Damentag. Und da habe ich sie gebeten, mir etwas mitzubringen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich das hätten entgehen lassen.«
Belinda lachte nervös. »Na ja, in der Woche war’s bei mir ziemlich stressig, und ich hätte es womöglich nicht geschafft.«
»Wie viel war denn in dem Umschlag?«
Schweigen. »Nicht viel. Nur ein bisschen was.«
»Ich habe nichts in der Art gesehen«, wiederholte ich. »Im Auto selbst hätte er verbrennen können, aber wenn er in der Tasche war, dann wäre ihm nichts geschehen. Hat Sheila Ihnen gesagt, dass sie an diesem Tag in die Stadt wollte?«
Erneutes Schweigen. »So hab ich … so habe ich sie jedenfalls verstanden, Glen.«
»Sie hat mir zwar gesagt, dass sie einiges zu erledigen hätte, aber von Manhattan war nicht die Rede.«
»Hören Sie, Glen. Ich hätte nie damit anfangen sollen. Ich will Sie nicht länger aufhalten. Es tut mir so leid, dass ich überhaupt angerufen habe.«
Sie legte einfach auf. Wartete nicht einmal mein »Wiederhören« ab.
Ich hielt den Hörer noch in der Hand und überlegte, ob ich Ann Slocum jetzt doch anrufen und ihr die Hölle heißmachen sollte für die Art, wie sie mit Kelly umgesprungen war, da hörte ich die Haustürklingel.
Es war Joan
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