Weil Ich Euch Liebte
da.«
»Sehr schön«, sagte ich. »Wurde aber auch Zeit.«
Darauf sagte sie erst mal nichts. »Was ich dich eigentlich fragen wollte: Kannst du dir vorstellen, dass Sheila ihn vielleicht angezeigt hat?«
»Sheila?«
»Ich hab’s ihr erzählt, das muss ein paar Tage vor dem Unfall gewesen sein, und hab sie gefragt, was ich tun soll, jetzt, wo Carlson es mir erzählt hat. Irgendwie fand ich es nicht richtig, zu wissen, dass einer Frau der Arm gebrochen wurde, und nichts zu unternehmen. Ich hab sie gefragt, ob ich vielleicht anonym anrufen soll. Und ob sie glaubt, dass ich weiter auf Carlson aufpassen könnte, wenn sie ihn verhaften.«
»Du hast mit Sheila darüber geredet?«
Joan nickte. »Aber nur dieses eine Mal. Hat sie irgendwas gesagt, dass sie vielleicht die Polizei anrufen will?«
»Nein«, sagte ich. »Kein Wort.«
Wieder nickte Joan, wie um zu zeigen, dass sie verstand. »Sie hat gesagt, du bist ziemlich unter Druck wegen diesem Haus von dir, das da abgebrannt ist. Vielleicht wollte sie dich nicht auch noch damit belasten.«
Sie tippte sich mit einer Hand auf den Oberschenkel. »Na, wie dem auch sei, ich sollte jetzt wirklich gehen. Da kommt Freude auf, was? Wenn dir die Nachbarin spätabends mit ihren Problemen auf den Senkel geht.« Sie schlug einen spöttischen Ton an. »Hey, Nachbar, hast du eine Tasse Zucker für mich? Und wenn wir schon dabei sind, könntest du mir vielleicht den Leibwächter machen?« Sie lachte, hörte aber schlagartig wieder auf. »Also dann«, sagte sie und ging in ihr Haus zurück.
Ich beschloss, Ann Slocum an diesem Abend nicht mehr anzurufen. Ich würde eine Nacht darüber schlafen. Morgen früh würde ich meine Entscheidung treffen.
Als ich nach oben kam, schlummerte Kelly tief und fest in meinem Bett. Auf der Seite ihrer Mutter.
Samstagmorgen ließ ich Kelly schlafen. Vergangene Nacht hatte ich sie in ihr Bett zurückgetragen, und als ich jetzt hinunterging, um mir Kaffee zu machen, warf ich einen Blick in ihr Zimmer. Sie hatte einen Arm um Hoppy geschlungen und ihr Gesicht in seinen (ihren?) flauschigen Ohren vergraben.
Ich holte die Zeitung herein und überflog die Schlagzeilen, während ich am Esszimmertisch sitzend meinen Kaffee trank und Weizenschrot aß.
Ich konnte mich nicht konzentrieren. Ich fing einen Artikel an, und nach vier Absätzen merkte ich, dass ich nichts davon behalten hatte. Eine Meldung interessierte mich dann allerdings so, dass ich sie zu Ende las. Als Gipskartonplatten eine Zeitlang Mangelware waren – insbesondere während des Baubooms nach dem Hurrikan Katrina – und das Zeug tonnenweise aus China importiert wurde, erwiesen sich Hunderte Millionen Quadratmeter davon als toxisch. Der in Gips enthaltene Schwefel wird üblicherweise während der Herstellung der Platten herausgefiltert. Aus diesen Platten war der Schwefel jedoch nicht entfernt worden und verbreitete nicht nur einen üblen Geruch, sondern ließ auch Kupferrohre rosten und verursachte viele andere Schäden.
»Na wunderbar«, sagte ich laut. Wieder etwas, auf das wir in Zukunft achten mussten.
Ich schob die Zeitung beiseite, frühstückte zu Ende, spülte das Geschirr, ging hinunter in mein Büro, kam wieder hoch, suchte etwas im Pick-up, das ich nicht brauchte, ging wieder ins Haus.
In mir arbeitete es.
Gegen zehn sah ich noch mal nach Kelly. Sie schlief noch immer. Ich ging wieder ins Büro hinunter, setzte mich an den Schreibtisch, nahm den Hörer in die Hand.
»Scheiß drauf«, sagte ich.
Niemand schließt meine Tochter ungestraft im Schlafzimmer ein. Ich wählte. Es klingelte dreimal, bevor jemand abhob. Eine Frau.
»Hallo?«, sagte ich. »Ann?«
»Nein, hier ist nicht Ann.«
Möglich, dass sie mich zum Narren hielt. Die Stimme klang wie ihre.
»Kann ich sie bitte sprechen?«
»Sie ist nicht … wer spricht denn?«
»Hier ist Glen Garber, Kellys Vater.«
»Das ist jetzt ungünstig«, sagte die Frau.
»Mit wem spreche ich?«, fragte ich.
»Ich bin Janice. Anns Schwester. Es tut mir leid, aber Sie müssen es später noch mal versuchen.«
»Wissen Sie, wann sie wieder da ist?«
»Es tut mir leid – es gibt so viel, an das wir jetzt denken müssen. Wir müssen alles in die Wege leiten.«
»In die Wege leiten? Was meinen Sie mit ›in die Wege leiten‹?«
Sie legte auf.
Elf
Sheilas Mutter, Fiona Kingston, war noch nie ein Fan von mir gewesen. Sheilas Tod trug nur dazu bei, sie in ihrer ablehnenden Haltung zu bestärken.
Von Anfang an war sie der
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