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Weil Ich Euch Liebte

Weil Ich Euch Liebte

Titel: Weil Ich Euch Liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Mueller. Das Haar, aus dem Pferdeschwanz befreit, fiel ihr auf die Schultern, und sie trug ein eng anliegendes, tief ausgeschnittenes T-Shirt, aus dem ein winziges Stückchen eines violetten Spitzen-BH hervorblitzte.
    »Ich habe dich vorhin heimkommen sehen, und jetzt war das Licht noch an«, sagte sie, als ich die Tür öffnete.
    »Ich musste Kelly bei einer Freundin abholen.«
    »Ist sie schon im Bett?«
    »Ja«, sagte ich. »Möchtest du reinkommen?«
    »Gern«, sagte sie lebhaft. Sie streifte mich ganz leicht, als sie an mir vorbeiging.
    Vor dem Wohnzimmer blieb sie stehen. Vielleicht wartete sie darauf, dass ich sie zum Hinsetzen aufforderte. »Danke. Ich liebe Freitagabende. Keine Kinder am nächsten Morgen. Das ist das Gute daran. Das Schlimme ist, dass ich nicht weiß, was ich mit mir anfangen soll.«
    »Was kann ich für dich tun, Joan? Ich hab deinen Wasserhahn nicht vergessen.«
    Sie lächelte. »Ich wollte mich nur für heute Nachmittag bedanken.« Sie steckte die Hände in die Vordertaschen ihrer Jeans, die Daumen in die Gürtelschlaufen.
    »Hab ich was verpasst?«
    »Ich hatte dich ausgeliehen«, sagte sie und grinste. »Als eine Art Leibwächter.« Sie redete wohl von der Szene heute Nachmittag, als Carl Bain seinen Sohn abgeholt hatte. »Ich hab einen großen, starken Mann gebraucht, wenn du weißt, was ich meine.«
    »Ich glaub eher nicht.«
    »Wovor mir unter der Woche am meisten graut, ist, wenn er mir den Kleinen morgens bringt und wenn er ihn abends wieder abholt. Irgendwie hab ich einen Horror vor dem Kerl. Er hat so eine schlechte Aura, weißt du? Als ob er jeden Moment explodieren würde.«
    »Hat er was zu dir gesagt? Dich bedroht?«
    Sie zog die Hände aus den Hosentaschen und benutzte sie, als sie weitersprach, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Also, es ist so, ich glaube, er macht sich Gedanken, was der Junge vielleicht erzählt, wenn er bei mir ist. Carlson ist noch so klein, und in dem Alter sprechen sie halt alles aus, was ihnen gerade durch den Kopf geht.«
    »Stimmt.«
    »Und gelegentlich erzählt er von seiner Mutter. Alicia. So heißt sie. Aber er sagt Mommy zu ihr, nicht Alicia.« Sie verdrehte die Augen. »Natürlich. Als ob ich dir das extra sagen müsste. Egal, manchmal fragt man halt ein Kind, hey, was macht denn deine Mommy heute? Und einmal hat er gesagt, seine Mutter musste ins Krankenhaus, weil sie sich den Arm gebrochen hat. Und ich sage, ach herrje, wie ist denn das passiert, und Carlson sagt, weil sein Vater sie die Treppe runtergestoßen hat.«
    »O Scheiße.«
    »Was sagt man dazu? Aber am nächsten Tag kommt er und sagt, er hat sich geirrt. Sein Vater hätte ihm gesagt, seine Mutter sei gestolpert. Dann muss er also zu Hause zu seinem Vater gesagt haben, ich habe der Tagesmutter erzählt, dass Mommy ins Krankenhaus musste, weil sie die Treppe hinuntergestoßen wurde. Da ist er wahrscheinlich in Panik geraten, hat dem Kleinen erklärt, dass er das falsch verstanden hat, dass sie in Wirklichkeit gestolpert ist.« Sie schob die Unterlippe vor und stieß den Atem so heftig aus, dass ein paar Strähnen ihres Haars kurz in der Luft schwebten.
    »Dann überlegst du also jeden Tag, wenn er kommt, was er denkt, dass du denkst?«, fragte ich sie.
    »So ungefähr.«
    »Wann hat der Kleine das denn erzählt?«
    »Das erste Mal vor drei, vier Wochen. Eine Zeitlang war er ganz normal – der Vater, meine ich –, aber in letzter Zeit ist er irgendwie komisch, fragt mich, ob ich telefoniert habe und so.«
    »Telefoniert. Mit wem?«
    »Das hat er nicht gesagt. Aber ich frage mich, ob ihn vielleicht jemand angezeigt hat oder so.«
    »Hast du’s getan?«
    Sie schüttelte langsam den Kopf. »Nie im Leben. Ich meine, nicht, dass ich nicht daran gedacht hätte. Aber ich kann’s mir einfach nicht leisten, einen Kunden zu verlieren, verstehst du? Ich bin auf jedes einzelne Kind angewiesen, zumindest bis das Geld von der Ölfirma kommt. Ich will nur nicht, dass er es an mir auslässt, falls ihn tatsächlich jemand angezeigt hat. Und da dachte ich mir, wenn er sieht, dass ich einen starken Mann zum Nachbarn habe, überlegt er sich’s vielleicht zweimal.«
    Ich hatte den Eindruck, sie betonte den »starken Mann« besonders.
    »Dann bin ich ja froh, dass ich helfen konnte.«
    Sie legte den Kopf ein wenig schief und sah mir in die Augen. »Sie kommt bestimmt, weißt du? Ich meine, irgendwann. Und sie wird nicht zu knapp sein. Die Abfindung meine ich. Dann steh ich ziemlich gut

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