Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
überhaupt an.“
Man hat Franjo mit der Rettung ins Bezirksspital gebracht, seine Ohnmacht hat zum Glück nicht lange gedauert, er hat selbst bei seiner Befreiung von den Barriquefässern mitgeholfen, aber der rechte Unterschenkel dürfte gebrochen sein und das Atmen macht ihm Schwierigkeiten.
„Ich kann ihn nicht behalten, wer weiß, wie lange er nicht arbeiten kann“, meint Eva.
„Er ist tüchtig, oder? Und der Einzige von den Neuen, der halbwegs Deutsch kann.“
„Ja, gut ist er … Aber im Krankenstand … Wie, verdammt noch mal, haben die Barriques ins Rutschen kommen können?“
„Sie haben alles besonders schön geputzt, vielleicht wurden dabei welche von den untergelegten Latten verschoben?“
„Bei dem Gewicht, das darauf lagert, kann man nicht so einfach die Latten verschieben.“
„Ich rufe Zuckerbrot an.“
„Warum? Damit er auch noch im Keller herumschnüffelt?“
„Weil es danach aussieht, als hätte sich jemand an den Fässern zu schaffen gemacht. Weil es Tote hätte geben können.“
„Ich bitte dich, schreib nicht darüber, das würde nur alle bestätigen, die sagen, bei uns herrscht das Chaos.“
„Vielleicht war gerade das beabsichtigt. Aber es geht nicht um Chaos, es geht um einen ganz gezielten Anschlag. Ich frage mich nur: Wie hat man die Fässer ins Rutschen gebracht? – Wie werden sie normal bewegt?“
„Mit dem Hubstapler.“
„Es gibt noch eine Möglichkeit“, mischt sich Christian ein. „Der Keller ist mit einem anderen verbunden, nur haben wir die Röhre stillgelegt, sie ist teilweise eingefallen. Dort, wo unsere Küche ist, war darunter ein anderer Keller, von dem kommt man hinter die Barriquefässer. Man sieht das Loch nicht, weil die Fässer davor sind.“
„Aber es ist euer Keller.“
„Ja. Nur: Der Eingang zur Kellerküche war sicher offen, wir haben die Gläser und die Salzstangerln von dort nach unten gebracht. Und wer denkt schon an so etwas?“
„Jeder, der sich auskennt, hätte also durch die Kellerküche gehen, die Tür zum alten Kellergang öffnen und sich hinter den Barriquefässern verstecken können.“
„Ja“, meint Christian, „vorausgesetzt, er klettert über etwas Schutt. Mit einer Latte als Hebel …“
Eva schreit: „Hört auf!“
Ich rufe doch Zuckerbrot an, er weigert sich zu kommen. Es gehe ihm ausreichend auf die Nerven, dass er den Niederösterreichern bei der Aufklärung ihrer Gewaltverbrechen helfen soll, nur weil es sich ein paar Sicherheitsdirektoren einbilden. Für einen aus dem Gleichgewicht geratenen Barriquekeller sei er wirklich nicht zuständig. Außerdem: „Sind Sie schon einmal auf die Idee gekommen, dass Eva Berthold vielleicht nur von sich selbst ablenken will?“
„Aber sie ist bei uns im Keller gestanden. Wie soll das gehen? Und: Hätte sie sich selbst in Gefahr gebracht?“
„Ist ihr etwas geschehen?“
„Nein.“
„Also. Vielleicht hat sie Helfer. Oder sie kennt irgendeine Technik, mit der sie …“
Über all dem Durcheinander erinnere ich mich erst wieder an das Schwein im Backrohr, als es nach Verbranntem riecht. Auch das noch.
Am nächsten Tag besuchen wir Franjo, er entschuldigt sich, dass er sich so ungeschickt angestellt habe und jetzt verletzt im Krankenhaus liege, statt zu arbeiten. Das Bein ist zum Glück nicht gebrochen, nur stark geprellt, dafür sind drei Rippen angeknackst. Er will schon morgen, spätestens übermorgen wieder aus dem Krankenhaus. Ob er bleiben kann?
„Du kannst bleiben“, sagt Eva, „wenn du tust, was du trotz deiner Rippenverletzung machen kannst.“
Er lächelt beruhigt, für mich schon fast zu dankbar. „Ich habe Job in Slowakei aufgehört für die Arbeit hier. Danke.“
„Was machst du eigentlich in der Slowakei?“, frage ich.
„Habe Fußballtrainer gelernt, aber das zahlt heute niemand mehr. War Fitnesstrainer in Bratislava, aber Arbeit in Natur ist mir viel lieber.“
Daher die Muskeln. „Und dein Deutsch?“
„Mama ist aus Tschechien, Großeltern waren deutsch. Und ich hab schon gearbeitet in Österreich. Aber nicht so …“
„Wir müssen weiter“, sagt Eva, „erhol dich gut.“
[ J ULI ]
Der Sommer kommt nicht in Schwung. Ich sehe aus dem Fenster. Dicke Wolken, im Hof schreit Vaclav mit den anderen Arbeitern, irgendwie ist die Stimmung mies. Ich überlege, doch zu Oskar zu ziehen. Auf Dauer ist das Landleben nichts für mich, mir ist hier alles zu eng. Ich sehne mich nach meiner großzügig angelegten Altbauwohnung mit ihren hohen
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