Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
Damenhöschen geklaut“, versuche ich ihn zu beruhigen. „Warum sollte man nicht versuchen, der Natur ein bisschen näher zu kommen?“
„Es war nicht meine Idee“, murmelt er, „es war die Idee meiner Frau. Sie will mich spirituell öffnen oder so. Ich hatte etwas gutzumachen. Außerdem sind die Kurse vom Managementboard for Advanced Studies ausdrücklich empfohlen.“
Ich sollte nachschauen, wen ich noch abgeschossen habe. Vielleicht ist ein Banker dabei. Oder ein prominenter Manager. „Dann gibt es doch kein Problem, oder?“
„Wenn die Fotos in der Redaktion kursieren …“
Ich muss grinsen. „Ich verspreche, das werden sie nicht. Dafür habe ich eine Bitte: Wenn ich es für richtig halte, darf ich einen Artikel – es muss ja keine große Reportage sein – über den Kampf zwischen den Weingütern Kaiser und Berthold schreiben. Oder auch nur über die Bertholds.“
„Tut sich etwas? Weiß man, wer ihn erschossen hat?“
„Nein. Aber ich habe immer mehr das Gefühl, es hat nichts mit seinen Seitensprüngen zu tun.“
Das scheint den Chefredakteur zu beruhigen, die Vorstellung wegen eines Panscherls erschossen zu werden, behagt ihm sicher nicht.
Ich arbeite noch zwei, drei Stunden in der Redaktion, bereite eine Reportage über das Image von Wien aus der Sicht der Wiener und aus der seiner Besucher vor. Vesna ruft an, sie will mich dringend sprechen. Ihre Vorladung beim Magistrat. Ich sehe auf den Kalender. Sie war heute.
Wir treffen uns beim Chinesen, das Lokal liegt im selben Block wie meine Wohnung.
Vesna ist vor mir da, ich gehe auf den Tisch im winzigen Schanigarten zu, sie macht ein ernstes Gesicht.
„Was ist los?“
„Ich lade dich ein, Mira Valensky, vielleicht zum letzten Mal ladet dich Bosnierin Vesna Krajner ein.“
„Sie können dich nicht ausweisen. So einfach geht das nicht, wenn du so lang im Land bist, wir werden …“
Sie beginnt zu lächeln, zu strahlen. „Ich werde Österreicherin. Man gibt mir Staatsbürgerschaft.“
Wir essen uns quer durch die Karte, loben die neuen Dim Sum, werden mit jeder Menge heißem Pflaumenwein verwöhnt. „Vielleicht werde ich wirklich noch Detektiv“, meint Vesna. „Ich muss erzählen: Ich wollte Beweise von Kaiser. War zweimal dort. Aber sie haben jetzt Arbeiter von weiter her, Rumänen vor allem, da habe ich keinen Zugang, niemand mehr von Franjos Freunden ist da, haben bessere Arbeit gefunden. Und einmal bin ich Frankenfeld, dem Kellermeister, fast in die Hände gelaufen. Da streitet jeder mit jedem. Frankenfeld hat mit dem älteren Kaiser gestritten. Kaiser hat ihn angeschrien. Er soll daran denken, dass er nichts hat und nur durch Kaiser leben kann.“
Ich habe schon bald Gelegenheit, Frankenfeld selbst nach dem Streit und allem anderen zu fragen. Am Abend taucht er überraschend auf.
Nach den Begrüßungsfloskeln meint er zu Eva in seinem makellosen aristokratischen Deutsch: „Ich dachte, ich rufe erst gar nicht an, sondern komme selbst. Mir ist bewusst, dass Sie keine allzu freundliche Einstellung gegenüber dem Weingut Kaiser haben.“
Schon wieder ein Übernahmeangebot? Eva scheint Ähnliches zu vermuten. „Wir gehen in mein Büro“, sagt sie kurz und zu mir gewandt: „Wenn es dir nichts ausmacht: Kommst du mit?“ Offenbar will sie eine Zeugin. Gute Idee.
Sie sitzt auf ihrem Schreibtischsessel, Frankenfeld auf dem Besucherstuhl, er muss seine langen Beine anziehen, um nicht die von Eva zu berühren, ich lehne an einem Regal.
„Wir verkaufen nicht“, sagt Eva, um das Gespräch abzukürzen.
„Darum geht es nicht“, entgegnet Frankenfeld, „ganz und gar nicht. Es ist vielmehr so, dass ich Ihnen ein Angebot zu machen habe.“
Also doch. Vielleicht sind es die Kaisers, die versuchen, dem Weingut Berthold ihre besten Pachtgründe abspenstig zu machen. Wir haben nicht herausfinden können, welchen Weingarten sie zur Zeit besitzen, von dem aus man über Wien sehen könnte.
„Sie brauchen einen Kellermeister“, sagt Frankenfeld.
Eva schüttelt den Kopf.
„Sie brauchen einen, der sich auskennt, der nach dem Rechten sieht, der die Leute einteilt und antreibt, der etwas vom Winemaking“ – er sagt tatsächlich „Winemaking“ und nicht Weinmachen – „versteht.“
„Ich kenne mich aus“, erwidert Eva.
Wen will er ihr da ins Nest setzen?
„Ich würde gerne bei Ihnen arbeiten“, fügt er hinzu und sieht Eva an. „Meine Qualifikationen sind gut, ich habe in einigen großen Weingütern gearbeitet, in
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