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Weine ruhig

Weine ruhig

Titel: Weine ruhig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aliza Barak-Ressler
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uns zu fesseln und zu begeistern.
    In den Monaten, in denen wir zusammen waren, kamen Ronny und ich uns immer näher. Wir waren zum ersten Mal verliebt, und unsere jungen Herzen flossen über. Wir vergaßen, wo wir waren, wir waren mit uns selbst beschäftigt, träumten in den Tag und waren erregt bei der Entdeckung der prickelnden Gefühle, die neu für uns waren. Das Leben unter der Erde wurde erträglicher.
    Mutter und Vater wussten nichts von unserer Beziehung. Wir beide lebten in einer Zauberkugel, und alles, was draußen war, ging an uns vorbei und berührte uns nicht. Wir versprachen einander, uns nie mehr zu trennen und für immer ein Paar zu bleiben, wenn wir überleben sollten.
    Ronny war schüchtern und zurückhaltend. Hin und wieder rückte er so nah an mich heran, dass ich seinen warmen Atem spüren konnte. Unsere Gesichter waren sich ganz nah, und mein Herz hämmerte vor Erwartung, aber es blieb lange Zeit beim Händchenhalten. Bis wir uns eines Tages aneinander schmiegten, wir hielten fast den Atem an, und unsere Lippen berührten sich beinahe. Ich zitterte erwartungsvoll, mein ganzer Körper wurde von Wärme überflutet, als er noch näher kam. Seine Lippen berührten sanft meinen Mund. Weiche Lippen, suchend, schüchtern. Der erste Kuss! Welches Glück, welche Süße! Als wir uns voneinander lösten, war ich verlegen und verwirrt, aber ich wollte wieder seinen Mund. Unsere bebenden Lippen begegneten sich wieder, und wir hielten den Atem an, wie um den Augenblick zu verlängern. Von diesem Moment an schlossen wir einen geheimen Liebespakt. Flüsternd schmiedeten wir Pläne für die Zukunft.
    »Großmama, warum hast du dann Großpapa geheiratet und nicht diesen Ronny? Wo lebt er jetzt? Bist du noch mit ihm befreundet?«, fragte Omer.
    »Deine Fragen sind berechtigt, Omer. Ich werde meiner Geschichte vorauseilen, um sie dir zu beantworten«, sagte ich. »Als der Krieg endlich vorbei war und wir aus der Finsternis ans Licht kamen, sah ich auch unsere Beziehung in einem anderen Licht. Ich wurde wieder zu einem Mädchen, das noch nicht ganz fünfzehn war, eine Schülerin, die sehr viel verlorene Zeit nachzuholen hatte - ich hatte während der Kriegsjahre ja viel verpasst. Neue Menschen traten in mein Leben, neue Anforderungen kamen auf mich zu. Die Zeit der Flucht und des Versteckens, mit all ihren Ängsten, war vorbei, und mit ihr auch unsere Nähe und unsere gegenseitige Abhängigkeit. Unsere Wege trennten sich in freundschaftlichem Einvernehmen. Ronny und sein Bruder gingen gleich nach dem Krieg nach Palästina. Meine Familie und ich wanderten zwei Jahre später aus. Ronnys Bruder wurde im Unabhängigkeitskrieg getötet, er blieb ganz allein zurück, denn seine ganze Familie war während der Schoah ermordet worden. Er ist verheiratet und hat Kinder und Enkelkinder; er lebt in einem Kibbuz und ist glücklich und zufrieden. Wir sind, seit wir nach Israel kamen, immer in Kontakt geblieben, auch nachdem wir beide eine eigene Familie gegründet hatten. Wenn wir uns sahen, was nicht oft der Fall war, erinnerten wir uns bewegt an unsere schöne, unschuldige Freundschaft. Diese wunderbare und besondere Beziehung hat ihren Platz in unseren Herzen. Wir wussten, dass unsere jugendliche Liebe, tief unter der Erde, nur eine schöne Episode in einer schweren Zeit gewesen war, die uns Stärke und Ausdauer verliehen hatte. Die Beziehung, die wir schmiedeten, half uns, die Wirklichkeit zu ertragen und die Hoffnung nicht zu verlieren, dass wir überleben würden.«
    Die düstere Routine in der Höhle stumpfte uns ab, und unsere Wachsamkeit ließ nach. Manchmal verließ Vater, noch bevor es dunkel war, die Höhle, »um etwas frische Luft zu schnappen«, wie er sagte - und wir warteten ängstlich auf seine Rückkehr. Eines Tages verkündete er, dass ein neuer Monat im jüdischen Kalender beginne und er deshalb beabsichtige, am helllichten Tag nach draußen zu gehen, um die entsprechenden Gebete unter freiem Himmel zu sprechen und nicht in dem schmutzigen und stinkenden Loch. Er kroch durch den schrägen Gang hinaus, deckte den Eingang mit Brettern zu und verschwand.
    Er blieb sehr lange fort, und wir fingen an, uns Sorgen zu machen, besonders Mutter, die sich sehr aufregte. Schließlich hörten wir das bekannte Geräusch von Brettern, die verschoben wurden, und in dem Licht, das in die Höhle fiel, sahen wir Vater. Alle atmeten erleichtert auf. Aber dann erzählte Vater uns, warum er so lange fortgeblieben war. Er war zwei

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