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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mit den Worten:
    »Ihr dürft euch nichts gefallen lassen, ihr müßt kämpfen; wenn es sein muß, mit der Waffe in der Hand. Wir helfen euch!«
    Ich hatte so viel über China gehört, daß ich benebelt war. Mir dröhnte der Kopf, ich war überzeugt von dem, was er alles erzählt hatte. Dann kam die Frage:
    »Kann ich noch etwas für euch tun?«
    Darauf hatten wir nur gewartet. Als er hörte, daß wir die Maoplakette wollten, schickte er einen Genossen los, um sie zu holen. Lächelnd überreichte er sie jedem mit der Pekinger Rundschau in deutscher Sprache und ermahnte uns, sie auch immer zu tragen. Ab nun sollten wir jeden Mittwoch zu einem Gespräch in die Botschaft kommen. Wenn er dann sähe, daß wir gute Freunde seien, bekämen wir die Rote Bibel geschenkt.
    Ich versteckte die Rundschau im Schnellhefter, die Plakette behielt ich in meiner Hand. Ich wollte das mühsam Erworbene nicht wieder loswerden.
    Vor der Tür standen die Polizisten im Regen, sie sahen uns kurz an, nur schlug das Herz bis zum Hals, aber sie ließen uns gleichgültig vorbei In der Straßenbahn lachten wir uns über den Popel fast tot.
    Ich hätte mich ehrlich für China begeistern können. Leider hatten die anderen kein weiteres Interesse an China, und allein fehlte mir der Mut, in die Botschaft zu gehen.
    Die Vorträge, die man von den Genossen der DDR hören konnte, wurden wochenlang vorher geübt und dann monoton vom Zettel abgelesen. Bei solchen Vorträgen erstickte man bald in Langeweile und wußte zum Schluß nie, worum es eigentlich ging.
Buchenwald
    Der Herbst kam und brachte unserer Klasse wegen ihrer bis dahin noch guten Disziplin eine Reise nach Erfurt ein. Wir fuhren mit den Lehrausbildern in eine Jugendherberge, wo wir uns in Doppelstockbetten austobten und wo die Jungen versuchten, uns beim Ausziehen zu beobachten. Einige Male saß auch ein Lehrer bei einem Mädchen auf dem Bett. Mich konnte nichts mehr erschüttern, selbst nicht, als ich sie einmal beim Knutschen sah. Dem Lehrer schien es wenigstens noch peinlich zu sein, hingegen das Mädchen hatte nur Angst, daß es die Klasse erfuhr. Ich sagte ihr, daß ich schon ganz andere Dinge im Heim erlebt hätte und daß über sie und den Lehrer schon lange geredet würde. Von da an machte sie aus ihrer Verliebtheit kein Geheimnis mehr. Bald hatten sich alle an ihre Schwärmerei für den Lehrer gewöhnt.
    Zu unser aller Ärger mußten wir das KZ Buchenwald besuchen. Ich konnte schon keine Konzentrationslager mehr sehen. Wie oft ich schon im KZ war, natürlich als Pflichtveranstaltung, kann ich nicht zählen. Auch hier gehörte es zum Programm. Im kalten Wind stiegen wir den Ettersberg hinauf, wir froren, und der Schnee machte alles noch schlimmer. Im Schnelldurchlauf rannten wir durch die Mahn- und Gedenkstätte, hörten uns an, wo Ernst Thälmann erschossen wurde, und verließen, so schnell wir konnten, die eisige Vergangenheit. Keiner von uns zeigte sich über das Geschehene betroffen. Zu oft hatte man uns zu den nicht miterlebten Schandtaten der Nazis geschickt. Es gehörte schon zu meinem Leben, in ein KZ zu gehen. Oft hatte ich Träume, als sei ich selbst schon drin gewesen. Jetzt schwor ich mir, nie wieder ein KZ zu besuchen.
Vormilitärische Ausbildung
    Kaum waren wir aus Erfurt zurück, teilte uns der Lehrobermeister mit, wir könnten nun unsere Treue zum Staat unter Beweis stellen und zur vormilitärischen Ausbildung fahren. Ohne die Teilnahme daran könnten wir sowieso unseren Facharbeiterbrief vergessen. Es sollte kumpelhaft klingen, war aber sehr ernst gemeint, denn alle, die nicht mitmachen wollten, bat man zu einer Unterredung. Schließlich hatte keiner Lust, umsonst gelernt zu haben, und so fuhren wir alle geschlossen in dieses Lager. Irgendwo in der Nähe von Berlin, versteckt im Wald, standen mehrere Bungalows, die waren für eine Woche unsere Unterkunft. Gegenüber den fast dreißig Jungen war uns fünf Mädchen nicht wohl in unserer Haut. Die Einrichtung war sehr dürftig: drei Doppelstockbetten, sechs Stühle und eine Heizsonne, die nicht ausreichte, unseren Raum, bestehend aus vier einfachen Holzwänden, richtig zu erwärmen.
    Wir schoben gerade unsere Rucksäcke unter die Betten, da schrie schon eine Männerstimme:
    »Alles raustreten!«
    Langsam kamen alle aus ihren Hütten. Der Ausbilder schrie wieder:
    »Bißchen dalli, hopp, hopp, ihr seid doch nicht zur Erholung hier!«
    Nachdem wir uns einigermaßen geordnet hatten,
    schrie er:
    »Achtung, rechts um!

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