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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Diagonalen auf der
rechten Seite fast zu einem Kreis zusammenliefen. Das einzige Problem war, daß
es auch auf jedem sichtbaren Karton Bell’s auftauchte. Es schien kein
besonderes Kennzeichen zu geben, das man sehen konnte, ohne den ganzen Berg
abzutragen.
    »Vernon muß imstande gewesen sein, sie leicht
auseinanderzuhalten«, sagte Gerard. »Er hätte doch nicht riskiert, daß er sein
Zeug nicht auf einen Blick erkennt.«
    »Ich glaub’ das alles nicht«, erklärte Quigley
gereizt. »Vernon ist ein äußerst tüchtiger Verwalter.«
    »Daran zweifle ich nicht«, murmelte Gerard.
    »Vielleicht nehmen wir uns mal den Wein vor«, regte
ich an.
    »Es könnte unkomplizierter sein.«
    Wein war in schmaleren Blöcken an der Wand
gegenüber dem Schnaps gestapelt, die Mengen pro Stapel geringer, doch die
Vielfalt größer; und ich fand den Saint-Estèphe und den Saint-Emilion sechs Kartons tief hinter einer massiven Mauer von Mouton Cadet.
    Quigley erklärte sich mit dem Öffnen eines Kartons Saint-Estèphe einverstanden, aus dem das vertraute falsche Etikett in seiner ganzen
Dubiosität zum Vorschein kam.
    »Das ist er«, sagte ich. »Sollen wir ihn kosten, um
sicherzugehen?«
    Quigley runzelte die Stirn. »Sie müssen sich irren.
Der kommt von einem renommierten Lieferer. Vintners Incorporated. Ihr Stempel
ist auf dem Karton.«
    »Kosten Sie den Wein«, sagte Gerard.
    Ich nahm meinen Korkenzieher heraus, öffnete eine
Flasche und ging zurück in das Büro, um ein Glas zu suchen. Das einzige, was
ich fand, waren hohe Wegwerfbecher aus Polystyrol, bei denen Henri Tavel der
Schlag getroffen hätte; doch selbst in dem federleichten Kunststoff war der Inhalt
der Flasche unverkennbar.
    »Kein Saint-Estèphe « , sagte ich
bestimmt. »Soll ich den Saint-Emilion probieren?«
    Quigley zuckte die Achseln. Ich öffnete einen
Karton und eine Flasche und kostete.
    »Es ist derselbe«, sagte ich. »Suchen wir noch die
anderen vier?«
    Sie waren alle dort, alle versteckt hinter ehrbaren
Fassaden aus der gleichen Weinsorte: der Mâcon hinter Mácon und
so weiter. Der Inhalt von allen war identisch – und alle sechs waren den
Kartons zufolge von Vintners Incorporated geliefert worden.
    »Hm«, sagte Gerard nachdenklich, »liefert Vintners
Incorporated auch Bell’s- Whisky?«
     
    »Aber es ist eine weithin bekannte Firma«,
protestierte Quigley.
    »Jeder«, betonte Gerard, »kann eine Schablone
schneiden und den Namen Vintners Incorporated auf alles mögliche klatschen.«
    Quigley öffnete den Mund und schloß ihn langsam wieder.
Wir kehrten zu dem Bell’s zurück und fanden ganz hinten im Block sofort
einen Abschnitt, wo deutlich »Vintners Incorporated« auf den Seiten prangte.
    »Ich kann es nicht glauben«, sagte Quigley. Dann:
»Na, von mir aus. Kosten Sie ihn.«
    Ich kostete ihn. Wartete. Ließ den Nachgeschmack aufkommen.
Ließ darüber hinaus die Nuancen in Mund, Rachen und Nase verweilen.
    »Er weiß es nicht«, sagte Quigley ungeduldig zu
Gerard. »Da ist nichts verkehrt dran. Ich hab’s Ihnen ja gesagt.«
    »Haben Sie jemals Beschwerden erhalten?« fragte ich
schließlich.
    »Natürlich«, sagte er. »Welcher Lieferant auch
nicht. Aber keine davon war gerechtfertigt.«
    Ich fragte mich, ob Martineau Park auf Ridgers
Liste erscheinen würde. Nicht zu beantworten, bis er am Mittwoch wiederkam.
    »Das ist kein Bell’s « , sagte ich. »Zuviel
Gerste, kaum Malz.«
    »Sicher?« sagte Gerard.
    »Es ist das, was wir suchen«, bestätigte ich
nickend.
    »Was wollen Sie damit sagen?« fragte Quigley und
setzte dann, ohne eine Erläuterung abzuwarten, bedrückt hinzu: »Wie konnte
Vernon nur so treulos sein?«
    Die Antwort kam in Gestalt des Mannes selbst durch
die Tür: Vernon in seiner Lederjacke, dick, zornig und beunruhigt.
    »Was zum Kuckuck ist hier los?« rief er, indem er
rasch durch den Lagerraum heranmarschierte. »Was zum Teufel machen Sie da?«
    Er blieb schlagartig stehen, als Gerard sich leicht
bewegte und die Anwesenheit Quigleys enthüllte.
    Er sagte: »Ach … Miles … Ich dachte nicht …«
    Er spürte etwas Unheilvolles in unserer Stille.
Sein Blick schweifte argwöhnisch von Quigley zu Gerard und schließlich zu mir:
und mein Anblick war für ihn ein Schock von verheerenden Ausmaßen.

19
     
    » Bringen wir das mal auf die Reihe«, sagte
Gerard nüchtern in dem Büroraum, in den wir uns alle begeben hatten. »Der
Schwindel, wie ich ihn sehe, besteht in Folgendem.«
    Seine Stimme klang so gemächlich und

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