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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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gelassen wie
die eines Buchhalters, der eine wenig aufregende Bilanz zusammenfaßt, und hatte
eine eindeutig beruhigende Wirkung auf Quigley, wenn auch nicht auf Vernon.
    »Nach einer ersten Durchsicht der momentan in
diesem Büro vorliegenden Rechnungen sieht es für mich so aus, daß folgender
Ablauf stattgefunden hat. Und vielleicht sollte ich Ihnen noch
erklären«, wandte er sich direkt an Vernon, »daß das Aufdecken von Wirtschaftsdelikten
meine eigentliche und ständige Beschäftigung ist.«
    Vernons kleine harte Augen starrten ihn
ausdruckslos an, und der Mund unter dem breiten Schnauzbart vollführte
Zuckungen, da er vor Anspannung die Lippen mal zusammenpreßte, mal wieder
löste. Halb stand er, halb saß er, sein Gewicht abgestützt von dem Arbeitstisch,
an dem er seine konstruktive Schreibarbeit erledigt hatte. Er hielt die Arme
vor der Brust verschränkt, als akzeptierte er nicht im mindesten die Vorwürfe,
die ihm jetzt entgegengebracht wurden. Der dünne Schweiß stand jedoch wieder
auf seiner Stirn, und mir schien, das einzige, wofür er dankbar sein konnte,
war, daß der Mann, der ihn im Augenblick verhörte, nicht sein gefährlicher
Freund Paul Young war.
    »Ein Lieferant schlug Ihnen den folgenden Plan
vor«, sagte Gerard. »Sie als der hiesige Getränkeverwalter sollten umfangreiche
Bestellungen bei ihm aufgeben und eine ansehnliche Provision dafür erhalten.
Sie sollten die von ihm gelieferte Ware verkaufen, als ob sie zum regulären Bestand
Ihrer Firma gehörte. Was er lieferte, entsprach jedoch nicht den Angaben auf
der Rechnung. Ihre Firma zahlte für Bell’s- Whisky und edle Weine,
erhielt aber Alkohol minderer Qualität. Sie wußten das mit Sicherheit. Es hat
Ihr Einkommen erheblich gesteigert.«
    Quigley, der an der Tür stand, wippte langsam auf
seinen Fersen, als distanzierte er sich von den Vorgängen. Gerard, auf dem
einzigen Stuhl sitzend, beherrschte die Situation vollkommen.
    »Ihr Lieferant«, sagte er, »wählte den Namen einer
anerkannten Lieferfirma, mit der Sie noch keine Geschäftsverbindungen hatten,
und schickte Ihnen alles mit dem Aufdruck ›Vintners Incorporated‹. Sie
erhielten von ihm scheinbar normale Rechnungen mit diesem Kopf, und Ihre
Finanzabteilung schickte ganz normal die Schecks dafür. Es war vielleicht
nachlässig von ihr, nicht nachzuprüfen, ob die Adresse auf dem Rechnungskopf
wirklich die von Vintners Incorporated ist, wie ich das gerade am Telefon getan
habe, aber zweifellos steht Mr. Quigleys Firma insgesamt mit zig
Lieferanten in Geschäftsverkehr und ist es nicht gewohnt, jeden einzelnen zu
überprüfen.« Er brach ab und wandte den Kopf zu Quigley. »Ich empfehle allen Unternehmen,
zu prüfen und noch mal zu prüfen. Eine so simple Sache. Ist eine Adresse erst
mal in ein Computersystem wie das Ihrige eingegangen, wird sie kaum je überprüft.
Der Computer fragt nicht, er sendet immer weiter Zahlungen. Da können sogar
Rechnungen routinemäßig bezahlt werden, ohne daß die Ware überhaupt geliefert
wird.« Er wandte sich wieder an Vernon.
    »Bei wie vielen Gelegenheiten ging das so?«
    »Quatsch«, sagte Vernon.
    »Vernon«, sagte Quigley, und es war ein
niedergeschmettertes Wort der Enttäuschung, nicht des Unglaubens. »Vernon, wie
konnten Sie nur? Sie sind seit Jahren bei unserer Familie.«
    Vernon warf ihm einen Blick zu, in dem deutlich
auch ein Anteil von Verachtung lag. Vernon mochte loyal gegen den Vater gewesen
sein, dachte ich, aber unter dem Sohn war er schwach geworden.
    »Wer ist dieser Lieferant?« sagte Quigley.
    Ich sah, wie Gerard innerlich zusammenfuhr – es war
eine Frage, die er allenfalls verblümt gestellt hätte, um durch einen Trick den
Namen zu entlocken.
    Vernon sagte: »Niemand.«
    »Er kommt heute nachmittag her«, sagte ich.
    Vernon stand unwillkürlich auf und faltete die Arme
auseinander.
    »Sie verdammter Spitzel«, sagte er heftig.
    »Und Sie haben Angst vor ihm«, sagte ich. »Sie
wollen nicht wie Zarac auf dem Friedhof landen.«
    Er funkelte mich an. »Sie sind nicht Peter Cash«,
sagte er unvermittelt. »Ich weiß, wer Sie sind. Sie sind dieser verfluchte,
vorwitzige Weinhändler, jawohl, der sind Sie. Beach, Drecks-Beach.«
    Niemand bestritt es. Auch fragte ihn niemand, woher
er denn etwas von einem verfluchten, vorwitzigen Weinhändler namens Beach
wußte. Er konnte das nur wissen, weil Paul Young es ihm gesagt hatte.
    »Wer ist Peter Cash?« fragte Quigley verwirrt.
    »Er hat den Rennbahnleuten erzählt, er

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