Weinprobe
in unserer Hauptniederlassung. Zubehör, Lebensmittellager und Büros. Von
dort liefern wir täglich nach Bedarf per Transporter an. Es ist ein sehr großes
Unternehmen, wie gesagt.« Er klang ungeheuer selbstzufrieden. »Ich habe den
ganzen Betrieb erheblich modernisiert.«
»Waren die Schnäpse zum Schankpreis hier in den
Logen Ihre Idee?«
»Bitte?« Seine Brauen hoben sich. »Ja, natürlich.
Man paßt sich den anderen Rennbahnlieferanten an. Sehr viel einträglicher. Man
muß auch die Aktionäre zufriedenstellen. Die Aktionäre reden immer mit.«
»Mm«, sagte ich.
Er hörte Skepsis in meinem Ton. Er sagte scharf:
»Vergessen Sie nicht, daß es für die Logeninhaber günstig ist. Wenn sie nur
wenig verbraucht haben, bestehen wir nicht darauf, daß sie die ganze Flasche
kaufen.«
»Stimmt«, sagte ich neutral. Bei einer
Gegenüberstellung Quigley-Swayle würde wohl Blut fließen; eine bezaubernde
Aussicht. »Ihre Erdbeertörtchen sind vorzüglich.«
Er warf mir einen unsicheren Blick zu und erklärte
Gerard, daß der gesamte Schriftverkehr, der mit Wein, Bier und Schnaps zu tun
hatte, durch das kleine Büro zu unserer Linken ging. Vernon, sagte er nicht
eben glücklich, habe die volle Verantwortung.
»Er sucht aus und bestellt?« fragte Gerard.
»Ja. Er tut das seit Jahren.«
»Und zahlt die Rechnungen?«
»Nein. Wir sind auf Computer umgestellt. Die
geprüften Rechnungen gehen von hier an das zwei Meilen entfernte Büro und
werden per Computer beglichen. Spart Zeit. Ich habe ihn natürlich eingeführt.«
Gerard nickte, ohne die Selbstgratulation zu
beachten.
»Wie Sie sehen, haben wir auch Bier hier«, sagte
Quigley.
»Das sind nur Reserven. Normalerweise lassen wir
uns an dem Tag eindecken, an dem es gebraucht wird.«
Gerard nickte.
»Draußen auf dem Gang … wir sind gerade dran
vorbei … ist der einzige Personenlift, der hier runterkommt … in
diesem Tribünenabschnitt befindet sich das Erdgeschoß, soweit es das Publikum
betrifft, über unseren Köpfen. Wir gelangen zu den Bars und den Logen, indem
wir diesen Lift benutzen: in die Bars und in alle Etagen. An Renntagen müssen
wir extrem früh aufstehen.«
Gerard sagte, davon sei er überzeugt.
»Weiter hier unten sind die Weine und Schnäpse«,
sagte Quigley und geleitete uns in den Hauptlagerraum. »Wie Sie sehen.«
Gerard sah. Quigley ging einige Schritte vor uns,
und Gerard sagte leise: »Wo waren Sie denn gestern?«
»Da oben lag ich … auf dem Pol Roger. «
Er blickte mich neugierig an. »Was haben Sie?«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie sehen … das gibt’s doch nicht … Sie
sehen ja aus, als ob Sie sich schämen.«
Ich schluckte. »Als ich da oben war … mir war
schlecht vor Angst.«
Er blickte sich in der Lagerhalle um, hielt nach
Verstecken Ausschau und sagte bedächtig: »Sie müßten ein Narr sein, wenn Sie
nicht vor Angst vergangen wären. Es besteht wohl kaum ein Zweifel, daß Paul
Young Sie im Fall einer Entdeckung umgebracht hätte. Beim zweitenmal soll das
Töten leichterfallen. Angst in einer beängstigenden Situation ist normal.
Fehlende Angst nicht. Trotz Angst die Nerven zu behalten ist Courage.«
Er hatte eine spezielle Art, dachte ich, ohne
Mitgefühl zu sprechen, während er unglaublichen Trost schenkte. Ich dankte ihm
nicht, aber tief im Herzen war ich dankbar.
»Fangen wir an?« sagte er, als wir wieder zu
Quigley aufschlossen. »Tony, Sie sagten, die verdächtigen Kisten sind irgendwo
am anderen Ende?«
»Ja.«
Wir durchwanderten zusammen die zentrale Schlucht
zwischen den hochaufgetürmten Straßenblöcken aus Kartons, bis wir die Rückwand
erreichten.
»Na, und wo?« wollte Quigley wissen. »Mir fällt
nichts auf. Das sieht alles genauso aus wie sonst.«
»Immer Bell’s- Whisky auf dieser Seite?«
»Selbstverständlich.«
Die Größe des Bell’s- Blockes hätte den
Großhändler beschämt, bei dem ich regelmäßig einkaufte. Selbst Gerard schien
eingeschüchtert von der Aussicht, den ganzen Stoß aufreißen zu müssen, um die
faulen Äpfel zu entdecken, aber das war noch gar nichts gegen die Vision
heilloser Betrunkenheit, die mir durch den Kopf ging.
»Ehm …«, sagte ich. »Die Kartons sind
vielleicht irgendwie gekennzeichnet. Da hat jemand schwarze Filzstiftkringel
auf den Gin gemalt, als er einsortiert wurde.«
»Mervyn wahrscheinlich«, sagte Quigley.
»Ja, stimmt.«
Ich ging zu dem Gin hinüber und sah mir Mervyns
Handschrift an: ein flüchtiges Rundkreuz, dessen zwei
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