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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Schuld.«
    Es schien, als ob Vernon zum erstenmal realistisch
in seine Ungewisse Zukunft blickte. Neue Sorgenfalten vertieften sich um seine
Augen.
    »Haben Sie Familie?« fragte Gerard.
    Vernon erwiderte leise: »Ja.«
    »Arbeitslosigkeit ist besser als Gefängnis«, sagte
Gerard streng, wie er es ohne Zweifel schon so manchem entlarvten Betrüger
gesagt hatte; und Quigley hörte ebenso wie Vernon und ich den Stahl in seiner
Stimme. Für Taten muß man sich verantworten und geradestehen. Die Folgen sind
zu tragen. Ständiges Verzeihen zerstört die Seele … Vernon fröstelte.
     
    Mit Quigleys Erlaubnis beluden
Gerard und ich, nachdem Vernon gegangen war, den (zur grünen Tür vorgefahrenen)
Mercedes mit einem Karton Bell’s von »Vintners Incorporated« sowie je
einem Karton der »Vintners Incorporated«-Weine. Genaugenommen sahen Gerard und
Quigley zu, während ich die Kartons schleppte. Mal wieder bei meiner
Normalbeschäftigung, dachte ich seufzend, und benutzte den Gabelstapler, um
meinen genesenden Muskeln die Hauptanstrengung abzunehmen.
    »Was fange ich mit dem Rest an?« fragte Quigley
hilflos.
    »Und wie sollen wir ohne Vernon den Autumn Carnival
schaffen? Niemand sonst kennt die Prozedur. Er ist schon so lange hier. Er ist die Prozedur … er hat sie entwickelt.«
    Weder Gerard noch ich offerierten Lösungen. Quigley
machte sich trübselig daran, sein Schatzhaus doppelt und vierfach abzuschließen
und den Alarm einzuschalten, und wir begaben uns endgültig zurück in die Außenwelt.
    »Was soll ich tun?« fragte Quigley, als er die
grüne Tür zustieß. »Ich meine … wegen dieses Mordes?« Gerard sagte:
»Vernon hat Ihnen seine Version dessen erzählt, was Paul Young ihm erzählt hat,
was zweifellos wiederum nur eine Fassung der Tatsachen war. Das ist noch längst
kein Wissen aus erster Hand.«
    »Sie meinen … ich kann gar nichts tun?«
    »Handeln Sie nach Ihrem Ermessen«, sagte Gerard
gefällig und wenig hilfreich, und ich ahnte, daß Quigley, sei es auch nur
dieses eine Mal im Leben, in seiner Aufgeblasenheit herumstöberte und nichts
als Zweifel und Unentschlossenheit fand.
    Gerard sagte: »Tony und ich werden der Polizei
mitteilen, daß Paul Young ab jetzt jederzeit auftauchen kann. Alles Weitere
liegt dann bei ihr.«
    »Er sagte doch, er käme um zwei«, berichtigte
Quigley.
    »Mm. Aber vielleicht argwöhnt er, daß Vernon
vorhaben könnte, was Vernon vorgehabt hat, nämlich mit der Beute abzuhauen, ehe
Paul Young hierherkommt. Paul Young könnte jede Minute hier sein.« Gerard
schien unbesorgt, doch damit stand er allein. Quigley entschloß sich, uns so
bald als möglich zu verlassen, und ich hatte große Lust, es ihm nachzutun.
    »Er wird nicht reinkommen, da ich sämtliche
Schlüssel habe«, sagte Quigley. »Ich muß mich wohl bei Ihnen bedanken,
Mr. McGregor. Die ganze Geschichte behagt mir nicht. Ich kann nur hoffen,
daß wir jetzt, wo Vernon fort ist, keinen Ärger mehr haben.«
    »Wirklich zu hoffen«, sagte Gerard freundlich, und
beide beobachteten wir, wie Quigley mit vor Hoffnung bereits gestrafften
Schultern und vorgerecktem Kinn davonfuhr. »Vielleicht hat er Glück, vielleicht
auch nicht«, meinte Gerard.
    »Ich möchte nicht hier sein, wenn Paul Young herkommt«,
sagte ich.
    Er lächelte halb. »Klüger wäre es schon. Steigen
Sie in mein Auto, und wir holen erst Ihres und suchen dann eine Telefonzelle.«
    Wir fuhren beide fünf Meilen weiter und hielten in
einem kleinen Dorf, wo er vom Münzfernsprecher vor dem Postamt aus den Anruf
tätigte. Ich gab ihm die Vorrangsnummer, die Ridger mir genannt hatte, und
lauschte seiner kurzen Nachricht.
    »Es ist möglich«, sagte er der Polizei, »daß sich
der Mann, der als Paul Young bekannt ist, heute zu irgendeinem Zeitpunkt am
Lieferanteneingang an der Tribüne von Martineau Park einfindet.« Er lauschte
einer Antwort und sagte: »Nein. Keine Namen. Wiederhören.«
    Lächelnd hängte er den Hörer ein. »Okay«, sagte er.
»Pflicht erfüllt.«
    »Einigermaßen«, meinte ich.
    »Alles ist relativ.« Er war vergnügt, obwohl er
noch bei weitem nicht gesund aussah. »Wir wissen, wo Kenneth Charters Scotch
ist.«
    »Ein Teil davon.«
    »Genügend.«
    »Aber nicht, wo er zwischen dem Tankwagen und der
Auslieferung durch Vintners Incorporated hingekommen ist.«
    »In eine Abfüllerei, wie Sie schon sagten.«
    Er lehnte an seinem Wagen, den Arm in der Binde,
schwach anzusehen – ein sich erholender, englischer Gentleman bei

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