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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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einem
harmlosen Sonntagmorgenausflug auf dem Land. Da war aber auch ein Schimmer von
Humor und der Stahlkern, der ihm aus den Augen sah, und ich sagte unvermittelt:
»Sie wissen etwas, was Sie mir nicht erzählt haben.«
    »Meinen Sie? Worüber denn?«
    »Sie haben die Abfüllerei gefunden!«
    » Eine Abfüllerei, ja. Immerhin ein
Ausgangspunkt. Ich dachte, ich sehe sie mir heute nachmittag mal an. Erste Erkundung.«
    »Aber es ist Sonntag. Wird keiner dasein.«
    »Das ist manchmal von Vorteil.«
    »Sie meinen doch nicht … einbrechen?«
    »Wir werden sehen«, sagte er. »Kommt drauf an.
Manchmal gibt es einen Aufpasser. Ich bin gut als Mann vom Amt, sogar
sonntags.«
    Leicht entgeistert sagte ich: »Nun … wo ist
sie?«
    »Rund fünfundzwanzig Meilen vor Kenneth Charters
Zentrale von hier aus.« Er lächelte ein wenig. »Bis Freitag nachmittag waren
wir im Büro zu dem Schluß gekommen, daß Ihre Idee, uns zunächst die Betriebe
anzuschauen, die von Kenneth Charters Tankwagen mit Wein beliefert wurden, zwar
gut, aber verkehrt gewesen sei. Es gab deren fünf. Wir haben sie alle als
erstes durchleuchtet, und alle waren grundsolide Firmen. Dann, irgendwann
letzte Nacht … Sie wissen, wie einem Sachen durch den Kopf segeln, wenn
man schon halb schläft … da entsann ich mich, daß eine davon noch eine
zusätzliche Verbindung zu Charter gehabt hatte und daß vielleicht –
möglicherweise – dieses zweite Bindeglied wichtiger war, als wir dachten.«
    »Erzählen Sie«, sagte ich.
    »Mm. Ich möchte mich nicht zu sehr festlegen.«
    »Herrgott noch mal …«
    »Nun gut. Wir stellten gleich zu Anfang unserer
Abfüllerei-Ermittlungen fest, daß eine der Fabriken einem Mann namens Stewart
Naylor gehört. Sie führte die Liste an, die Kenneth Charter uns gab, und war
die erste, die wir überprüften.«
    »Stewart Naylor?« Ich dachte nach. »Er ist …
er wird, ehm … wird er nicht in Kenneth Juniors Notizbuch erwähnt? Ach ja …
der Vater, der Kriegsspiele spielt … David Naylors Vater.«
    »Große Klasse. Stewart Naylor besitzt die
Abfüllerei Bernard Naylor. Von seinem Großvater gegründet. Alte ehrbare
Firma. Beim Aufwachen sprühte dieser Name Naylor wie eine Wunderkerze in meinem
Kopf. Heute früh rief ich Kenneth Charter an und fragte ihn nach der
Freundschaft seines Sohnes mit David Naylor. Er sagt, er kennt den Vater,
Stewart Naylor, seit Jahren; eng befreundet sind sie nicht, aber sie kennen
sich wegen ihrer Geschäftsverbindung und weil ihre Söhne gern zusammen sind.
Kenneth Charter sagt, David Naylor sei das einzig Gute in Kenneth Juniors
faulem Leben, denn er halte ihn von der Straße fern. Kriegsspiele, meint
Kenneth Charter, sind zwar Zeitvergeudung, aber doch besser als
Leimschnüffeln.«
    »Seine Worte?« fragte ich belustigt.
    »Klar, Sportsfreund.«
    »Glauben Sie wirklich …«
    »Kenneth Charter glaubt’s nicht. Er hält das für
Klammern an Strohhalme. Er sagt, die Abfüllerei Bernard Naylor sei
lupenrein, aber wir haben keinerlei andere Hinweise gefunden, und dabei haben
wir landauf, landab Abfüllereien überprüft, bis der Belegschaft das Wort zu den
Ohren rauskam. Drei Tage konzentrierter Arbeit, vergeblich. Viele sind außer
Betrieb. Eine dient jetzt als Bibliothek. Eine andere ist ein Sport- und
Freizeitschuh-Großhandel.«
    »Mm«, sagte ich. »Könnte Stewart Naylor einen
unehelichen Halbbruder haben?«
    »Jeder kann einen illegitimen Halbbruder haben. Das
kommt in den besten Familien vor.«
    »Ich meine …«
    »Ich weiß, was Sie meinen. Kenneth Charter hat von
keinem gewußt.« Er zuckte die Achseln. »Naylors Abfüllerei ist eine wilde
Vermutung. Entweder ein Volltreffer oder Grund zur Entschuldigung. Ich werde es
feststellen.«
    »Gleich jetzt?«
    »Unbedingt gleich jetzt. Wenn Stewart Naylor rein
zufällig auch Paul Young ist, dann müßte er heute nachmittag unterwegs von oder
nach Martineau Park sein, anstatt zwischen seinen Flaschen herumzutigern.«
    »Haben Sie Kenneth Charter gefragt, wie er
aussieht?«
    »Ja … durchschnittlich, meinte er.«
    All diese Durchschnittsmenschen. »Ist er
schwerhörig?« fragte ich.
    Gerard stutzte. »Das hab’ ich vergessen.«
    »Fragen Sie ihn«, sagte ich. »Rufen Sie gleich an,
noch ehe Sie losfahren.«
    »Und falls Stewart Naylor schwerhörig ist …
lasse ich es?«
    »Ganz recht. Dann lassen Sie es.«
    Gerard schüttelte den Kopf. »Um so mehr Grund,
hinzufahren.«
    »Das ist ein Sprung in den Limpopo.«
    »Vielleicht. Nur

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