Weinprobe
aufgetaucht
war«, Vernon ruckte mit dem Kopf in meine Richtung, »und daß etwas
schiefgelaufen war, weshalb sie gar nicht erst herkamen. Ich hörte dann später,
daß sie sowieso das falsche Zeug erwischt hatten, also war der ganze blöde
Murks umsonst.«
»Hat Ihnen jemand erzählt, was dabei schiefgelaufen
war?« fragte Gerard beiläufig.
»Nein, nur daß sie in Panik geraten sind oder so,
weil irgendwas Unvorhergesehenes passiert ist, aber was, habe ich nicht
erfahren.«
Sowohl Gerard wie ich glaubten ihm. Er hätte nicht
so unbekümmert vor uns stehen und den Ahnungslosen markieren können, hätte er
gewußt, daß das Unvorhergesehene war, daß man auf uns geschossen hatte.
»Wie gut kennen Sie sie?« fragte Gerard.
»Gar nicht. Denny fährt den Lieferwagen, mit dem
das Zeug herkommt. Der andere ist manchmal mit dabei. Sie reden nicht viel.«
»Wie oft liefern sie?«
»So einmal die Woche. Kommt drauf an.«
»Wieviel Sie verkauft haben?«
»Ja.«
»Warum haben sie diesen Wagen nicht benutzt, um
Mr. Beachs Laden auszuräumen?«
»Er ist groß … steht ›Vintners Incorporated‹
auf der Tür … er war in Reparatur oder so was.«
»Und können Sie Denny und seinen Genossen beschreiben?«
Vernon zuckte die Achseln. »Die sind jung.«
»Frisur?«
»Nichts Besonderes.«
»Keine schwarzen Afrozotteln?«
»Nein.« Vernon war sicher und ein wenig verwirrt.
»Ganz gewöhnlich.«
»Wo kommen sie denn her? Woher bringen sie den
Wein?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Vernon. »Danach hab’ ich
nie gefragt. Sie hätten’s auch nicht erzählt. Sind nicht meine Freunde. Sie
arbeiten für Paul Young … mehr weiß ich nicht.«
Er sagte Paul Young diesmal schon sehr viel
leichter. Gewöhnte sich dran, dachte ich.
»Wann haben Sie Paul Young kennengelernt?«
»Gleich, als ich anfing. Als ich Zarac sagte, ich
sei interessiert. Er sagte, der Boss würde kommen, um mich abzuchecken und zu
erklären, was er wollte, und er kam. Er meinte, wir würden gut miteinander
auskommen, was im wesentlichen dann auch zutraf.«
Bis Vernon mit dem Nebengeschäft anfing und seinen
Herrn beklaute – aber das gestand er nicht, fiel mir auf.
»Und wie heißt Paul Young in Wirklichkeit?« fragte
Gerard.
Die offenen Türen des Geständigen fielen prompt zu.
Vernon sagte gepreßt: »Er heißt Paul Young.«
Gerard schüttelte den Kopf.
»Paul Young«, beharrte Vernon. »So heißt er nun
mal.«
»Nein«, sagte Gerard.
Vernon lief der Schweiß von Stirn und Schläfe auf
die Kinnlade hinunter.
»Er sagte mir, die Polizei hätte ihn im Silver
Moondance gesehen, als er nichtsahnend nach dem Tod seines Bruders dorthin
ging, und er hätte ihnen diesen Namen genannt, weil er nicht wollte, daß wegen
der Getränke gegen ihn ermittelt wird, und er sagte, jetzt würden sie ihn wegen
Zarac suchen, sie würden nach Paul Young suchen, den es nicht gab. Er hatte
einfach den ersten Namen genannt, der ihm eingefallen war … Er sagte, wenn
jemals einer hierher fragen käme, was bestimmt nicht geschehen würde, aber
falls eben doch … dann sollte ich ihn als Paul Young bezeichnen. Und bei
Gott, bei Gott, so nenne ich ihn auch, seinen richtigen Namen erfahren Sie
nicht von mir, er würde mich irgendwie umbringen … und das ist kein Witz,
ich weiß es. Ich gehe ins Gefängnis … aber verraten werde ich ihn
nicht.«
Er hatte mit völliger Überzeugung gesprochen und in
verständlicher Furcht, aber dennoch war ich etwas überrascht, daß Gerard ihm
nicht zusetzte, nicht weiter in ihn drang.
Er sagte lediglich: »In Ordnung.« Und nach einer
Pause: »Das wär’s dann.«
Vernon schien einen wirren Augenblick lang zu
glauben, er sei alle Sorgen los, und richtete sich mit dem wiederkehrenden Echo
bulliger Autorität auf.
Quigley stauchte ihn sofort zusammen, indem er mit
pompöser Entrüstung sagte: »Geben Sie mir Ihre Schlüssel, Vernon. Auf der
Stelle.« Er streckte gebieterisch die Hand aus. »Sofort.«
Vernon holte schweigend einen Schlüsselring aus der
Tasche und übergab ihn.
»Morgen können Sie sich nach einem anderen Job umsehen«,
sagte Quigley. »Ich halte mich an meine Zusage. Ich werde Sie nicht verklagen.
Aber Sie bekommen keine Referenzen. Ich bin enttäuscht von Ihnen, Vernon, ich
verstehe Sie nicht. Aber gehen müssen Sie, und damit basta.«
Vernon sagte ausdruckslos: »Ich bin
achtundvierzig.«
»Und Sie hatten eine gute Lebensstellung hier«,
sagte Gerard nickend. »Die haben Sie verpatzt. Durch eigene
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