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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Ihrer Kunden immer, ohne
erst zu fragen?« sagte er.
    »Ziemlich oft«, nickte ich, »aber im allgemeinen
warte ich, bis man sie mir sagt.«
    »Das ist höflicher?«
    »Tausendmal.«
    Er zögerte. »Ich komme, um Ihnen ein oder zwei
Fragen zu stellen. Können wir uns irgendwo unterhalten?«
    »Sprechen Sie nur«, sagte ich entschuldigend.
»Möchten Sie einen Stuhl?«
    »Sind Sie allein hier?«
    »Ja.«
    Ich holte ihm den Zweitstuhl aus dem Büro und
stellte ihn an die Theke, und kaum war ich damit fertig, kamen drei Leute
herein, die Cinzano, Bier und Sherry wollten. Wilson wartete die Bedienung ab,
wobei er höchstens einmal blinzelte, und als die Tür zum dritten Mal ins Schloß
fiel, bewegte er sich ohne Ungeduld und sagte: »Haben Sie gestern zu
irgendeinem Zeitpunkt mit dem Scheich gesprochen?«
    Ich lächelte unwillkürlich. »Nein.«
    »Wieso amüsiert Sie der Gedanke?«
    »Nun … der Scheich betrachtet dies alles …«,
ich wies mit der Hand auf die von Flaschen gesäumten Wände, »… als eindeutig
sündhaft. Verboten. Verworfen. Ähnlich wie wir das Kokain. Für ihn bin ich ein
Drogenhändler. In seiner Heimat säße ich im Gefängnis oder Schlimmeres. Ich
hätte mich ihm nicht vorgestellt. Es sei denn, ich hätte Verachtung ernten
wollen.«
    »Ich verstehe«, sagte er halb nickend, während er
den islamischen Standpunkt nachvollzog. Dann spitzte er leicht die Lippen, um,
wie ich annahm, die Frage anzugehen, wegen der er eigentlich gekommen war.
    »Denken Sie zurück«, sagte er. »Sie waren draußen,
als der Pferdetransporter auf das Zelt zurollte.«
    »Ja.«
    »Weshalb waren Sie draußen?«
    Ich erzählte ihm von dem Champagner-Nachschub.
    »Und als Sie rauskamen, war der Transporter schon
im Rollen?«
    »Nein«, sagte ich. »Als ich herauskam, schaute ich
zu den Wagen hoch, und alles war in Ordnung. Ich erinnere mich, es fiel mir
auf, daß noch keiner gefahren war … und ich hoffte, mein Champagner würde
bis zum Schluß reichen.«
    »War irgend jemand in der Nähe des
Pferdetransporters?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja. Niemand, den ich sehen konnte.«
    »Sie haben Ihre Erinnerung … schon geprüft?«
    Ich lächelte fast. »Ja. Das kann man wohl sagen.«
    Er seufzte. »Haben Sie überhaupt jemanden im
Umkreis der Wagen gesehen?«
    »Nein. Außer … nur ein Kind mit einem Hund.«
    »Ein Kind?«
    »Sie waren nicht bei dem Pferdetransporter. Näher
am Mercedes des Scheichs eigentlich.«
    »Können Sie das Kind beschreiben?«
    »Tja …« Ich krauste die Stirn. »Ein Junge.«
    »Kleidung?«
    Ich sah weg von ihm, blickte leer auf die
Weinregale, dachte zurück. »Dunkle Hose … Jeans vielleicht … und ein
dunkelblauer Pullover.«
    »Haare?«
    »Hm … hellbraun wahrscheinlich. Nicht blond,
nicht schwarz.«
    »Alter?«
    Grübelnd schaute ich wieder auf den geduldigen Fragesteller.
    »Jung. Klein. Vier, würde ich sagen.«
    »Wie können Sie das so genau bestimmen?«
    »Kann ich nicht … sein Kopf war noch groß im
Verhältnis zum Körper.«
    Wilsons Augen schimmerten auf. »Was für ein Hund?«
sagte er.
    Ich starrte abwesend wieder ins Weite, sah noch
einmal das Kind auf dem Hügel. »Ein Whippet«, sagte ich.
    »Angeleint?«
    »Nein … er lief weg und wieder auf den Jungen
zu.«
    »Was für Schuhe hatte der Junge?«
    »Großer Gott«, sagte ich, »ich habe ihn doch nur ein
paar Sekunden gesehen.«
    Sein Mund zuckte. Er sah auf seine Hände herunter
und dann wieder hoch. »Sonst niemanden?«
    »Nein.«
    »Was war mit dem Fahrer des Scheichs?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er könnte zwar im Auto
gesessen haben, aber das war nicht zu erkennen. Es hatte getönte Fenster, die
haben Sie gesehen.«
    Er machte eine Bewegung, bedankte sich und begann
aufzustehen.
    »Übrigens«, sagte ich, »irgendwann nach dem Unglück
hat mir jemand drei Kisten Champagner und einige andere Flaschen aus dem
Lieferwagen gestohlen. Ich muß den Diebstahl anzeigen, bevor ich mich an die
Versicherung wende … kann ich das bei Ihnen tun?«
    Er schenkte mir ein Lächeln. »Ich werde vermerken,
daß Sie ihn angezeigt haben.«
    »Danke.«
    Er streckte mir über die Theke die Hand entgegen. »Ich
habe Ihnen zu danken, Mr. Beach«, sagte er.
    »Eine große Hilfe war ich doch nicht.«
    Er lächelte sein verschlossenes Lächeln, nickte und
ging.
    Ach du Schreck, dachte ich unvermittelt, als ich
seinen krummen Rücken entschwinden sah: Einhundertfünfzig Gläser lagen
zersplittert im Garten der Hawthorns, und

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