Weinprobe
an Begeisterung zeigte, war ihnen zuliebe
vorgetäuscht gewesen. Während wir im Galopp über schmuddelige Novemberwiesen
hinter Hunden hergehetzt waren, hatte ich hauptsächlich überlegt, wie man mit
Anstand möglichst bald nach Hause käme. Der einzige Teil des Rituals, der mir
wirklich gefallen hatte, war das anschließende Striegeln und Füttern der Pferde
gewesen. Diese großen Geschöpfe, müde und verdreckt, waren so unkritisch. Sie
befahlen einem niemals, die Hacken unten, die Ellbogen einwärts, den Kopf hoch,
den Rücken gerade zu halten. Sie erwarteten nicht, daß man unheimlich tapfer
war und die schwersten Hindernisse übersprang. Sie murrten nicht, wenn man sich
lieber durch ein Törchen stahl. In einer Stallbox bei einem Pferd, dem ich
summend getrockneten Schlamm und Schweiß abbürstete, hatte ich eine Art
stiller, vollendeter Gemeinschaft empfunden und war glücklich gewesen.
Nach dem Tod meines Vaters hatte meine Mutter mit
unvermindertem Eifer die Jagd fortgesetzt, und seit zehn Jahren übte sie das
Amt einer obersten Jagdleiterin aus, worin sie immer neue Erfüllung fand. Oft
dachte ich, daß sie erleichtert gewesen sein mußte, als ich endlich von zu
Hause wegging.
Jack Hawthorns Pferdepfleger waren halbwegs fertig
mit dem Spätnachmittagsprogramm, bestehend aus Ausmisten, Füttern und Tränken,
das man überall in der Rennwelt als »Stallkontrolle« kennt. Dabei ist es
üblich, daß der Trainer einen Rundgang macht, normalerweise mit dem Stallmeister,
und Box für Box seine Renner begutachtet, indem er ihre Beine nach Hitze abtastet
(schlechtes Zeichen) und nachsieht, ob ihr Auge strahlt (günstig).
Jacks neuer Stallmeister hatte Flora bei ihrem
Erscheinen mit einer übertriebenen Servilität begrüßt, die ich abstoßend fand
und die außerdem Flora noch mehr zu verunsichern schien. Sie stellte ihn als
Howard vor und sagte ihm, Mr. Beach würde sie auf dem Rundgang begleiten.
Howard wurde daraufhin auch mein ergebenster
Diener, als wir die Tour in der offensichtlich normalen Reihenfolge antraten,
und Flora zuliebe hörte ich mir Howards Kommentare aufmerksam an.
Nur wenig, so schien mir, konnte anders sein als am
Morgen zuvor, als Jack noch selbst hier war. Ein Pferd hatte beim Bewegen in
einen Stein getreten und war etwas fußwund. Ein anderes hatte sein
Mittagsfutter nur halb gefressen. Ein drittes hatte sich am Sprunggelenk die
Haut aufgescheuert, worauf achtgegeben werden mußte.
Flora sagte in regelmäßigen Abständen »Ach so« und
»Ich werde es Mr. Hawthorn sagen«, und Howard meinte schmeichlerisch, daß
Flora bis zu Mr. Hawthorns Rückkehr ruhig alles ihm überlassen könne.
Wir kamen nacheinander zu den noch nicht abgeholten
Pferden des Scheichs und zu denen von Larry Trent, die vor Gesundheit
strotzten. Sie waren offenbar das ganze Jahr hindurch erfolgreich gewesen.
Sowohl der Scheich wie Larry Trent hatten einen ausgezeichneten Blick fürs Potential
besessen und auch Glück gehabt.
»Diese Pferde werden uns wohl alle verlorengehen«,
seufzte Flora. »Jack sagt, das wird ein schwerer finanzieller Verlust für uns.«
»Was passiert mit ihnen?«
»Oh … die vom Scheich werden wahrscheinlich
verkauft. Ich weiß es nicht. Und die fünf von Larry Trent gehen natürlich
zurück an ihre Besitzer.«
Ich hob leicht die Augenbrauen, sagte wegen Howards
öliger Präsenz jedoch nichts weiter, und erst als Fora und ich schließlich
wieder in Richtung meines Lieferwagens gingen, fragte ich sie, was sie meinte.
»Larry Trents Pferde?« wiederholte sie. »Die waren
nicht sein Eigentum. Er hat sie gepachtet.«
»Für sie Miete bezahlt?«
»Ach was. Die Pacht ist bloß eine Abmachung. Sagen
wir, jemand besitzt ein Pferd, kann sich im Grunde aber nicht die
Trainingskosten leisten, und jemand anders möchte ein Pferd in seinem Namen
starten lassen und hat das Geld für die Trainingskosten, aber nicht für das
Pferd selbst, dann treffen diese beiden Leute eine Abmachung. Natürlich
offiziell, mit Unterschrift und allem. Die üblichen Bedingungen sind, daß jeder
Geldpreis, den das Pferd einbringt, fifty-fifty zwischen den Parteien geteilt
wird. Das gibt’s ziemlich oft, wissen Sie?«
»Nein, das wußte ich nicht«, staunte ich.
»Doch, doch. Larry Trent hat es immer so gemacht.
Da war er ziemlich gewieft. Er pachtete ein Pferd, sagen wir, für ein Jahr, und
wenn er gut rauskam, vielleicht für ein weiteres, aber wenn es nichts gewann,
versuchte er’s mit einem neuen. Sie
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