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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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verboten aus mit deinem
rausgestreckten Hintern, und du schnaufst wie ein Walroß.«
    Sie war weit über fünfzig, schätzte ich, mit dem
energischen Selbstbewußtsein einer geborenen Führerin. Gutaussehend, teuer
gekleidet, ungehemmt temperamentvoll. Ich mußte im gleichen Moment lächeln, als
Ridgers Mundwinkel herabfielen.
    Der unglückliche Wilfred unterbrach mit puterrotem
Gesicht seine Bemühungen und ging gehorsam davon, und Mrs. Alexis fragte
uns mit strahlenden Augen, was wir wünschten.
    »Was zu trinken«, sagte ich vage.
    »Dann kommen Sie mal.« Sie strebte uns voran zum
Tresen.
    »Das ist unser erstes Feuer in diesem Winter.
Qualmt immer teuflisch, bis wir’s in Gang kriegen.« Sie blickte stirnrunzelnd
zu der wabernden Wolke hinauf. »Schlimmer als sonst, dieses Jahr.«
    »Der Kamin muß gefegt werden«, meinte Ridger.
    Mrs. Alexis warf ihm einen vogelähnlichen
Blick aus dem einen Auge zu, scharf und gelb wie das eines Falken. »Er wird
jedes Jahr im Frühling gefegt. Und sind Sie nicht der Polizeimensch, der mir
sagte, wenn ich die hiesige Rugbymannschaft bewirte, nachdem sie ein Spiel gewonnen
hat, müßte ich damit rechnen, daß sie sich von den Kronleuchtern schwingen und
mir Bier ins Piano kippen?«
    Ridger räusperte sich. Ich schluckte mühsam ein
Lachen herunter und bekam einen vollen Strahl aus den Falkenaugen ab.
    »Sind Sie auch Polizeibeamter?« fragte sie
gutgelaunt. »Wollt ihr für euern blöden Ball betteln?«
    »Nein«, sagte ich. Ich merkte, wie das unterdrückte
Lachen durch meine Augen entwich. »Wir wollen etwas trinken.«
    Sie schenkte der schlichten Antwort ebensoviel
Glauben wie der Unschuldsbeteuerung eines in flagranti ertappten Diebes, ging
jedoch hinter den Tresen und wartete ab.
    »Einen Bell’s- Whisky und einen Tomatensaft
bitte.«
    Sie drückte ein Glas unter den Bell’s- Portionierer
und wartete, bis die volle Menge eingelaufen war. »Sonst noch was?«
    Ich sagte nein, danke, und sie schob den Whisky zu
mir hin und den Tomatensaft zu Ridger, nahm mein Geld in Empfang und wechselte.
Wir entfernten uns zu einem Paar Sessel an einem kleinen Tisch, wo Ridger
erneut unsere spezifizierte Rechnung mit seinen Initialen zeichnete.
    »Was war denn los mit dem Rugbyclub?« fragte ich
interessiert.
    Sein Gesicht verriet tiefe Mißbilligung. »Sie
wußte, daß es Ärger geben würde. Das ist ein rauher Haufen. Sie haben die
Kronleuchter aus der Decke gerissen, mit einer Menge Putz außerdem, und als wir
herkamen, hatte sie sie mit vorgehaltenem Schießeisen an die Wand gestellt.«
    »Schießeisen?« sagte ich erstaunt.
    »Es war nicht geladen, aber der Rugbyclub ging kein
Risiko ein. Sie kannten ihren Ruf in bezug auf Fasanen.«
    »Eine Schrotflinte?«
    »Ganz recht. Die bewahrt sie da hinter dem Tresen
auf. Wir können sie nicht hindern, obwohl ich’s persönlich gern täte, aber sie
besitzt einen Schein dafür. Angeblich hat sie sie, um Schurken abzuschrecken,
obwohl kein Schurke in der Gegend sich mit ihr anlegen würde.«
    »Hat sie denn wegen des Rugbyclubs Ihre Hilfe angefordert?«
    »Sie nicht. Irgendwelche Gäste. Sie war nicht sehr
erfreut, als wir auftauchten. Sie sagte, der Mann müßte erst noch geboren
werden, mit dem sie’s nicht aufnehmen könnte.«
    Ridger sah aus, als glaubte er es. »Sie wollte
trotz des ganzen Schadens keine Anzeige erstatten, aber ich hörte, daß man
ziemlich brav alles bezahlt hat.«
    Der wäre ein tapferer Mann, sinnierte ich, der
Mrs. Alexis sagen würde, ihr Bell’s sei Rannoch; aber
tatsächlich war es keiner. Es war Bell’s – unverfälscht.
    »Schade«, meinte Ridger auf die Nachricht hin.
    Ich sagte nachdenklich: »Sie hat Laphroaig da
auf dem oberen Regal.«
    »Ach ja?« Ridgers Hoffnung lebte auf. »Probieren
Sie ihn mal?«
    Ich nickte und kehrte an den Tresen zurück, doch
Mrs. Alexis war wieder zum Kamin gewandert, wo Wilfred mit dem Blasebalg
lediglich den Smog verdichtete.
    »Der Schornstein scheint verstopft zu sein«, sagte
er unruhig zu seiner Entlastung.
    »Verstopft?« frage Mrs. Alexis barsch. »Wie
soll denn das zugehn?« Sie überlegte knapp zwei Sekunden. »Es sei denn,
irgendein blöder Vogel hat wieder sein Nest reingebaut, wie vor drei Jahren.«
    »Wir sollten lieber warten, bis er noch mal gefegt
wird«, regte Wilfred an.
    »Warten? Auf keinen Fall.« Sie strebte dem Tresen
zu. »Ich bin gleich bei Ihnen«, sagte sie, als sie mich dort stehen sah.
    »Vogelnest. Vögel, die ihre blöden Nester in

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