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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Begegnungen seine Stacheltierreflexe noch ebenso empfindlich vor wie
anfangs, und ich unternahm nichts, um ihn zu beschwichtigen, da jeder derartige
Versuch an sich schon verdächtig erschienen wäre.
    Als er von der Straßenkante abfuhr, sagte er, wir
würden die nächsten Lokale als erstes aufsuchen, wogegen ich nichts einzuwenden
fand, und ich entdeckte, daß er mit den nächsten diejenigen meinte, die dem Silver
Moondance am nächsten lagen. Er bog etwa eine Meile davor von der
Hauptstraße ab und hielt in einem Dorf, vor einer ländlichen Kneipe.
    Sie war schon eine Kneipe gewesen, als Königin Anne
starb, als noch Kutschen dort Rast einlegten, um die Pferde zu wechseln. Der
Bau der Fernstraße im zwanzigsten Jahrhundert hatte das Lokal ins Hinterland
versetzt, die alte Wagenstraße war jetzt eine Sackgasse, eine zum Anhängsel
degradierte Verkehrsader. Emma und ich hatten einige Male dort etwas getrunken
und das alte, bauchige Bauwerk gemocht, wo die Fenster überhingen und das
Mauerwerk aus Stuartzeiten in den Kaminen noch erhalten war.
    »Nicht hier!« sagte ich überrascht, als wir
anhielten.
    »Kennen Sie es?«
    »Ich war schon hier, aber seit einem Jahr nicht
mehr.«
    Ridger konsultierte ein Klemmbrett. »Beschwerden
über gepanschten Whisky, Gin dito. Beschwerden untersucht und für unbegründet
befunden. Ermittlungen datieren vom 23. August und 18. September dieses
Jahres.«
    »Der Wirt ist ein ehemaliger Kricketspieler«, sagte
ich. »Großzügig. Leutselig. Faul. Der Laden müßte renoviert werden.«
    »Wirt: Noel George Darnley.«
    Ich wandte den Kopf und schielte auf die Seite.
»Anderer Mann.«
    »Stimmt.« Ridger stieg aus dem Auto und schloß es
sorgfältig ab. »Ich nehme einen Tomatensaft.«
    »Wer zahlt?«
    Ridger sah verdutzt drein. »Ich habe nicht viel
Geld …«
    »Keine Weisungen?« fragte ich. »Keine Kripospesen?«
    Er räusperte sich. »Wir müssen Buch führen«, sagte
er.
    »Okay«, sagte ich. »Ich werde zahlen. Wir schreiben
jeweils auf, was ich ausgebe, und Sie setzen Ihre Initialen drunter.«
    Damit war er einverstanden. Ob die Polizei mir das
Geld zurückerstatten würde, wußte ich nicht, aber sonst würde es sehr
wahrscheinlich Kenneth Charter tun. Tat es keiner von beiden, war es auch kein
Drama.
    »Was ist, wenn wir was Passendes finden?« fragte
ich.
    Er war auf sicherem Boden. »Wir beschlagnahmen die
Flasche, versiegeln sie, kennzeichnen sie und stellen die Quittung aus.«
    »Gut.«
    Wir betraten das Gasthaus als Kunden, Ridger etwa
so entspannt wie Gitarrensaiten.
    Die Renovierung, sah ich sofort, war erfolgt, aber
ich hätte die alten Runzeln dann doch vorgezogen. Die ausgetretenen indischen
Teppiche mit den fadenscheinigen Stellen hätten es zwar nötig gehabt,
ausgewechselt zu werden, aber nicht gegen braune und orange Streifen. Die
glanzlosen knorrigen Eichenbänke waren zugunsten von glattem Vinyl im Lederlook
verschwunden, und auf dem Kaminsims blinkte moderner Messingzierat anstelle
alter Zinnteller.
    Der neue Besen des neuen Wirtes hatte jedoch einen
Schankraum geschaffen, der sehr viel sauberer wirkte, und der Wirt selbst, der
aus dem Hintergrund erschien, war nicht dick, strahlend und in Hemdsärmeln,
sondern adrett, dünn und nichtssagend. In den alten Zeiten war die Kneipe voll
gewesen – ich fragte mich, wie viele von den Stammkunden noch kamen.
    »Einen Bell’s bitte«, sagte ich. Ich sah auf
sein Flaschenarsenal. »Und einen zweiten Bell’s aus der Flasche da drüben
sowie einen Tomatensaft, bitte.«
    Er führte die Bestellung wortlos aus. Wir gingen
mit den Gläsern zu einem kleinen Tisch, und ich begann mit meiner ziemlich
unmöglichen Aufgabe, indem ich den ersten Schuß Bell’s einer ausgiebigen
Prüfung unterzog.
    »Nun?« fragte Ridger, nachdem er eine volle Minute
gezappelt hatte. »Wie sieht’s aus?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das ist richtiger Bell’s. Nicht wie im Silver Moondance. «
    Ridger hatte sein Klemmbrett im Auto gelassen,
sonst hätte er den Herrn Wirt zweifellos an Ort und Stelle durchgestrichen.
    Ich probierte den zweiten Bell’s. Auch hier
kein Glück.
    Soweit ich es beurteilen konnte, war der
Flascheninhalt nicht gepanscht; beide Proben hatten offenbar die volle Stärke.
Das teilte ich Ridger mit, während er über seinen Tomatensaft herfiel, der ihm
wirklich zu schmecken schien.
    Ich ließ beide Whiskys stehen und schlenderte zum
Tresen.
    »Sind Sie neu hier?« sagte ich.
    »Ziemlich.« Er wirkte vorsichtig, nicht

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