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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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gefunden habe, der bei dem Einbruch in meinen Laden benutzt
worden war, und vielleicht, weil er mich mittlerweile provisorisch als
vollwertigen Kollegen anerkannt hatte, antwortete er ohne die üblichen Vorbehalte.
    »Nein, wir haben ihn nicht gefunden«, sagte er.
»Und wir rechnen auch nicht damit.«
    »Wie meinen Sie das?« fragte ich.
    »Er gehört einer Firma namens Quality-House-Feinkost,
die sein Fehlen erst bemerkte, als einer unserer Konstabler Montag früh hinging
und danach fragte. Verschlafener Haufen. Sie hätten mehrere Lieferwagen,
meinten sie. Er wird jetzt auf der Kfz-Diebstahlsliste als dringend geführt,
wegen der Verbindung zu dem Mord an Zarac, aber ein so heißer Lieferwagen ist
garantiert schon irgendwo abgeladen. Wahrscheinlich auf einem Schrottplatz,
kilometerweit weg und ohne Nummernschilder. Außer durch Zufall, glaube ich,
findet den keiner.«
    »Erfreulich.«
    »Nicht zu ändern.«
    Er fuhr mich zurück in Richtung Laden und sagte, er
käme am Morgen mit der für den nächsten Tag fälligen Liste verdächtiger Lokale
wieder.
    »Können Sie die Liste nicht komplett mitbringen,
statt in Raten?« fragte ich.
    »Sie wird noch zusammengestellt. Wir haben heute
mit unserem Bezirk angefangen, aber auf Auskünfte von anderen müssen wir
vielleicht noch warten.«
    »Mm – haben Sie einen Vornamen, Sergeant?«
    Er sah leicht überrascht aus. »John«, sagte er.
    »Ginge es, daß ich den morgen in den Pubs benutze?
Zweimal hätte ich Sie heute um ein Haar vor den Barmännern Sergeant genannt.«
    Er dachte darüber nach. »Ja. In Ordnung. Soll ich
Sie mit Tony anreden?«
    »Es wäre vernünftiger.«
    »In Ordnung.«
    »Was tun Sie in Ihrer Freizeit?« fragte ich.
    »Gärtnern«, sagte er. »Gemüse ziehen,
hauptsächlich.«
    »Verheiratet?«
    »Ja, seit vierzehn Jahren. Zwei Töchter, richtige
kleine Damen.« Ein milder Zug in seinem Gesicht widersprach der Schärfe seines
Tons. »Ihre Frau soll gestorben sein.«
    »Ja.«
    »Das tut mir leid.«
    »Danke, Sergeant.«
    Er nickte. »John« war fürs Geschäftliche, eine
zeitweilige Intimität, die ihn nicht zur Freundschaft verpflichten würde. Ich
spürte seine Billigung, ja fast Erleichterung darüber, daß ich »John« unter
vier Augen vermied.
    Er setzte mich vor meiner Tür ab und fuhr, wie es
sich gehört, mit eingeschaltetem Blinker davon, gewissenhaft bis ins letzte
Detail. Mrs. Palissey hatte allerhand zu tun gehabt, erklärte sie mit
Freuden, und ob ich denn sicher sei, daß ich allein zum Krankenhaus fahren
könne, denn – »um ehrlich zu sein, Mr. Beach« – eine kleine Fahne hätte
ich schon.
    Ich überlegte, daß ich wohl ein Dutzend Whisky pur
bestellt, bezahlt und zum guten Teil hinuntergekippt hatte, und wenn ich mich
noch immer nüchtern fühlte, so war das eine Illusion. Ich fuhr mit dem Taxi ins
Krankenhaus und empfing ein angewidertes Naserümpfen von der Krankenschwester,
die mir den Röhrenverband abstreifte, um zu sehen, was sich darunter
zusammenbraute. »Leute, die trinken, werden langsamer gesund«, meinte sie
streng.
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    Ihren Kopf dicht neben meinem, löste sie der Reihe
nach die Wundpflaster, die sie am Sonntag angebracht hatte, und ich bemühte
mich, flach durch die Nase in die andere Richtung zu atmen. Ohne viel Erfolg
offenbar, nach dem beleidigten Zucken ihrer Nüstern zu urteilen.
    »Das meiste heilt besser, als Sie es verdienen«,
sagte sie schließlich. »Drei Stellen sind gerötet, und eine andere sieht
schwierig aus … Tun sie weh?«
    »Na ja … etwas.«
    Sie nickte. »Damit muß man rechnen. Einige waren
über zwei Zentimeter tief.« Sie begann neues Pflaster aufzukleben. »Das böse
Ding auf Ihrem Bizeps näh ich mal, damit es zusammenhält. Und lassen Sie die
Finger vom Alkohol. Es gibt viel bessere Schmerzmittel.«
    »Ja, gnä’ Frau«, sagte ich trocken und dachte an
den versumpften Vormittag und an die fünfzigtausend Pubs bis Watford.
    Wieder zurück im Laden, schickte ich
Mrs. Palissey und Brian auf die Lieferrunde und befaßte mich mit
Schreibarbeiten, und in der Flaute zwischen den Spätnachmittagskunden fand ich
pflichtbewußt Gelegenheit, mir die Kopien des Notizbuches von Kenneth junior
anzusehen.
    Gerards Firma hatte gute Arbeit mit dem
Entschlüsseln und Überprüfen geleistet, und mein Respekt vor seiner Organisation
wuchs. Vage Vorstellungen kristallisierten sich zu dem Bewußtsein, daß Deglet
ein erfahrenes Expertenteam war, wie ich es bisher nicht gewürdigt

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