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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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eine weitere Lampe ein. »Ich musste bis heute Nachmittag warten, bis der Körper aufgetaut war. Solche Obduktionen mache ich gern am Wochenende, dann finde ich die nötige Ruhe. Du willst also wissen, woran die kleine Dame gestorben ist?«
    Lutz nickte beklommen. In der Gestalt dieses Tierchens erschien ihm der Tod bedrohlich nah.
    Der Arzt lächelte zufrieden. »Hier, sieh mal das Herz!«
    Er griff hinter sich nach einer Schale aus Edelstahl und stellte sie auf den Tisch. Der kleine rote Herzmuskel darin ließ Lutz an Weihnachten denken, wenn er seiner Mutter beim Ausnehmen der Gans zugesehen hatte. Statt der nüchternen Wissbegier des Kindes spürte er nun einen leichten Ekel. Trotzdem gab er sich alle Mühe, Klempps Erklärungen zu folgen, der mit einer Sonde in dem Herzen herumstocherte und auf Veränderungen am Muskel hinwies.
    Schließlich blickte er Lutz mit einem breiten Grinsen an. »Wie sagen die Gerichtsmediziner im Fernsehen immer: Ein Fremdverschulden ist ausgeschlossen.«
    Lutz atmete auf. »Dann war der Hund herzkrank?«
    Klempp nickte, nun wieder ernsthaft. »Nichts Ungewöhnliches bei einer kleinen Rasse, wird aber manchmal nicht rechtzeitig erkannt. Du kannst deiner Bekannten sagen, sie sollte sich deswegen keine Vorwürfe machen.«
    Lutz dankte ihm. »Sie wird erleichtert sein. Aber die Rechnung geht bitte an mich.«
    Er zeigte auf den Hundekörper. »Was machen wir damit?«
    Er könne für die Vernichtung sorgen, erklärte der Tierarzt. Als Lutz gehen wollte, hielt er ihn zurück. »Da ist noch etwas. Hat deine Bekannte darüber gesprochen, wie sie die Hündin aufgefunden hat?«
    Darüber wisse er nichts, antwortete Lutz.
    »Ich für meinen Teil«, sagte der Doktor, »kann verstehen, dass die Besitzerin Gewissheit über die Todesursache haben wollte.«
    Klempp nahm eine Vorderpfote und drückte mit dem Daumen die winzigen Ballen auseinander. Lutz beugte sich über den Hund. Zwischen den rosa Ballen klaffte ein Loch. Wie hineingestanzt. Eine solche Verletzung befinde sich an jeder Pfote, schilderte der Doktor seine Entdeckung. Ob Lutz einmal schauen wolle?
    Lutz lehnte dankend ab. »Was hat das zu bedeuten?«
    Der Doktor legte die Hundetatze sanft auf den Tisch zurück. »Ich habe eine Menge Scheußlichkeiten gesehen, die Menschen mit Tieren anstellen. Jemand hat die Hündin irgendwo festgenagelt, würde ich sagen. Die Frau scheint nicht nur Freunde zu haben!«
    Lutz versuchte vergeblich, den Kloß im Hals hinunterzuschlucken. »Ihr Ehemann hatte Grund zur Eifersucht.«
    »Die Ehepartner sind die Schlimmsten«, bemerkte der Doktor lakonisch.
    »Kannst du mir sagen, wann die Hündin gestorben ist?«
    »Du meinst, bevor oder nachdem man sie annagelte?«
    Lutz murmelte eine Bestätigung.
    »Da bin ich mir ziemlich sicher«, verkündete Klempp mit fester Stimme. »Vorher. Das Herz hat einfach ausgesetzt, und der missgünstige Gatte oder wer auch immer hat die Gunst der Stunde genutzt, um die Frau mit dem Anblick ihres gekreuzigten Hündchens zu bestrafen.«
    Lutz bedankte sich und verließ die Praxis mit dem eisernen Entschluss, sich keinerlei Zweifel an der Einschätzung des Tierarztes zu erlauben.
     

22
    Der Gewittersturm legte sich unverhofft. Norma schob die Dachfenster auf. Unten am Rheinufer ließen sich die ersten Spaziergänger blicken, und auf dem Dachfirst balancierte der Kater und schüttelte bei jedem Schritt die nassen Pranken aus. Mit langen Sätzen flüchtete er sich zum Fenster und sprang auf den Teppich. Norma schaute auf den Fluss hinaus, noch befangen von dem Albtraum, bis das Telefon sie von den spukhaften Bildern befreite.
    Lutz rief vom Auto aus an. Er komme geradewegs vom Tierarzt, erklärte er und schilderte in nüchternen Worten das Ergebnis der Obduktion. Gemeinsam überlegten sie, was das bedeuten mochte. Hatte Arthur den toten Hund aufbewahrt, um Diane damit ein Beweismittel gegen ihren rabiaten Ehemann in die Hand zu geben? Vermutlich waren sie davon ausgegangen, Fischer hätte das Hündchen umgebracht.
    So oder ähnlich könne es gewesen sein, meinte auch Lutz. Normas Einladung zum Abendessen schlug er aus. Undine sende verzeihende Signale aus, die er nicht missachten dürfe. Dafür habe Norma gewiss Verständnis? Norma stimmte ihm zu und überlegte währenddessen, ob es die Mühe wert war, sich für den eigenen Appetit an den Herd zu stellen. Oder sollte sie sich wie so oft mit einem Käsebrot begnügen? Noch größer als der Wunsch nach einer warmen Mahlzeit war ihr

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