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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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Hund hinunter und wickelte den kleinen Leichnam wieder ein.
    Lutz gab ihr die Schnur, die das Päckchen zusammengehalten hatte. »Bist du nicht gut mit den Ärzten von der Rechtsmedizin bekannt? Wir könnten den Hund dort untersuchen lassen.«
    Sie löste mit klammen Fingerspitzen einen Knoten, um die Plastikfolie neu zu verschnüren. »Wolfert und Milano haben die besseren Kontakte! Ich wäre kaum raus aus dem Institut, da bekämen die beiden schon einen Anruf. Nein, die Rechtsmediziner lassen wir lieber aus dem Spiel. Wir brauchen einen verschwiegenen Tierarzt.«
    Lutz überlegte einen Augenblick. »Aber ja! Ein Freund aus dem Lions Club. Dass ich nicht sofort an ihn gedacht habe!«
    Ihm würde eine überzeugende Geschichte einfallen, meinte Lutz zuversichtlich. Die Aussicht, etwas unternehmen zu können, tat ihm gut. Norma suchte im Schrank nach einer Tüte und fand schließlich eine isolierende Tragetasche, in die sie das Hündchen steckte. Sie trug die Tasche behutsam die Treppe hinunter und überließ es Lutz, die Wohnungstür abzuschließen. Als er ihr in den Hof gefolgt war, rollte ein dunkler Wagen durch das Tor und kam auf Arthurs Parkplatz zum Stehen: mit Milano am Steuer und Wolfert daneben. Sie stiegen wie auf Absprache gleichzeitig aus.
    Milano lächelte düster. »Tach, Norma. Herr Tann! Wie passend, euch beide hier anzutreffen. Wir wollen in die Wohnung. Dirk!«
    Der Ruf galt seinem Kollegen, der ein doppelt gefaltetes Schreiben aus der Hosentasche zog.
    »Tut mir leid, Norma«, murmelte Wolfert.
    Milano zeigte sich weniger peinlich berührt. »Das Team wird in fünf Minuten anrücken. Wenn du deinem Schwiegervater bitte erklären würdest, was es mit dem Durchsuchungsbeschluss auf sich hat.«
    Das sei überflüssig, widersprach Lutz mit eiserner Miene. Er wolle umgehend den Rechtsanwalt seines Sohnes aufsuchen.
    Norma übernahm den Schlüsselbund und gab die Tasche an Lutz weiter. »Nimm bitte deinen Einkauf! Ich werde Dirk und Luigi in die Wohnung begleiten.«
    Lutz klemmte sich die Tasche fest unter den Arm und wollte gehen. Milano stellte sich ihm in den Weg.
    »Was haben Sie da? Hoffentlich keine miese Tiefkühlpizza?«, knurrte er angriffslustig.
    Wolfert legte Milano beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Lass den Quatsch, Luigi!«
    Milano führte einen erfolglosen Kampf gegen alle gefrorenen Pizzasorten, was angeblich jene Kollegen verstanden, die jemals die handgemachte Pizza seiner Mama kosten durften. Norma war während ihrer Dienstzeit nicht in diesen Genuss gekommen.
    Wolfert wandte sich mit einem freundlichen Nicken an Lutz. »Das Päckchen sieht mir eher nach einem guten Braten aus. Sie sollten ihn nach Hause bringen, bevor alles auftaut bei diesen Temperaturen.«
    »Hier im Hof steht die Hitze, du sagst es!« Norma tupfte sich den Schweiß von der Stirn.
    Milano blinzelte gegen die Sonne. »Wir werden uns jede Ecke vornehmen, Norma.«
    Wolfert vermied den Blick zu ihr. »Gehen wir nach oben und erledigen, was sich nicht aufhalten lässt.«
    Norma folgte mit Abstand.
     

20
    Sonntag, der 27. August
     
    Die Männer hatten die Gesichter geschwärzt. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass sie dunkle Wollmützen trugen; mit Schlitzen darin für Augen, Mund und Nase. Ihre Kleidung war die olivgrüne Uniform der Guerilla. Über der Brust hing jedem Kämpfer ein gekreuzter Gürtel, gespickt mit Patronen, und über der Schulter baumelte eine Maschinenpistole. Sie schlichen heran, umzingelten sie und rückten enger auf, bis sich eine unerwartete Lücke auftat und aus der Leere der Mönch erschien. Auch er trug eine schwarze Maske unter der Kapuze, doch nein, als er an sie heranrückte, begriff sie, dass dort gar kein Gesicht war. Nur ein abgrundtiefes Loch. Sie wollte schreien, aber ihre Lippen waren verklebt. Sie bekam den Mund nicht auf, als der Mönch den Arm hob und mit einer Pistole auf ihre Stirn zielte. Der Schluss dröhnte wie ein Donnerschlag.
    Sie erwachte schweißüberströmt und brauchte einen Augenblick, um sich zurechtzufinden. Sie lag angekleidet auf ihrem Bett. Die Zeiger der Armbanduhr standen auf sechs. Hatte sie die Nacht durchgeschlafen? Über dem Dachfenster zuckten die Blitze. Es donnerte erneut, und ein Wasserschwall schwappte gegen die Scheibe. Norma setzte sich aufrecht und kam zu dem Schluss, dass es Abend war. Sonntagabend. Sie wollte sich nur eine Viertelstunde ausruhen und war dabei eingeschlafen. Davor hatte sie sich mit dem Sonnengruß beschäftigt und

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