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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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Verlangen nach einem Gesprächspartner neben Leopold. Wie es aussah, musste sie sich mit dem maunzenden Kater begnügen, der ihr um die Waden strich, bevor er sich auf dem Sessel niederließ, um sein Fell in Ordnung zu bringen. Unschlüssig öffnete sie den Kühlschrank, der nach ihrem Samstagseinkauf reich gefüllt war.
    Die Türglocke schlug an. Arthur!, lautete ihr erster Gedanke. Aber eher hatte Lutz es sich anders überlegt. Sie klappte den Kühlschrank zu und lief durch das Treppenhaus zur Tür hinunter. Der Besucher wartete in taktvoller Distanz auf dem Bürgersteig. Es hätte sie nicht verwundert, wenn er hinter seinem breiten Kreuz einen Blumenstrauß von der Tankstelle hervorgezogen hätte.
    Abwartend blieb sie in der Tür stehen. »Tiri! Was willst du?«
    Er trat einen halben Schritt vor und begann mit einer Entschuldigung für sein unangemeldetes Erscheinen. Er wolle ihr nicht mit dem Klischee vom reuigen Straftäter kommen, der sich nach Resozialisierung sehne, stammelte er. Allem Anschein nach trieb ihn das Bedürfnis her, sich für seine offenen Worte zu rechtfertigen. Norma gefiel seine Ehrlichkeit, und gleichzeitig rührte sie die Unbeholfenheit, mit der er um die passenden Sätze rang.
    Spontan lud sie ihn ein. »Der Kater hält nichts von vegetarischer Küche. Was ist mit dir?«
    Er liebe Gemüsegerichte über alles!
    Sie gab den Eingang frei.
    In der Küche steuerte Tiri zielstrebig den Kühlschrank an. »Darf ich?«
    Sie nickte und schaute verblüfft zu, wie er auf den Fliesen in die Knie ging, ihre Lebensmittel inspizierte und dabei den Kater davon abhielt, ihm behilflich zu sein.
    »Das sieht vielversprechend aus«, urteilte er nach der Bestandsaufnahme. »Wenn du einverstanden bist, koche ich für uns.«
    »Du hast Spaß am Kochen?«
    »Warum nicht? Das ist eine schöpferische Tätigkeit wie das Entwerfen von Häusern.«
    »Nur nicht so beständig!«, wandte Norma ein. »Hast du das bei Muttern gelernt?«
    »Ganz sicher nicht«, widersprach er entschieden. Die Anfänge habe er sich selbst beigebracht und später darauf aufgebaut. »Vater Staat denkt an die Zukunft seiner gestrauchelten Kinder. Wer brav ist, darf im Knast einen Beruf lernen.«
    Seit seiner Entlassung bot er seine Kochkünste bei festlichen Anlässen an und kochte in privaten Haushalten. Damit könne er sein Einkommen aufbessern, erzählte er, während er eine Paprikaschote begutachtete, und müsse umso weniger auf Baustellen schuften. Der neue Job würde ihm endlich ein regelmäßiges Gehalt sichern, auch wenn er dafür weniger in der Küche stehen als organisatorische Aufgaben übernehmen sollte.
    Er forderte sie auf, sich zu setzen und den Wein schmecken zu lassen, solange er sich um das Essen kümmerte. Er band sich ein langes Geschirrtuch als Schürze um und legte Messer und Schneidebrett auf dem Tisch zurecht. Norma öffnete den gut gekühlten Riesling, füllte zwei Gläser und beobachtete, wie Tiri mit geschickten Fingern das Gemüse putzte.
    Er griff nach einer Zucchini und schnitt die Enden ab. »Wer hat bei euch gekocht? Du oder dein Mann?«
    Norma nippte am Wein und sah entzückt zu, wie er die Zucchini mit blitzschnellen Hieben in hauchdünne Scheiben zerlegte.
    Sie hätten sich abwechselnd um das Essen gekümmert, erzählte sie. »Wer zuerst zu Hause war, hat angefangen, und wir haben gemeinsam zu Ende gekocht. Das war wie ein Ritual. Aber in den letzten Monaten, in denen wir zusammenwohnten, geschah das immer seltener. Am Schluss hat sogar jeder für sich allein gegessen.«
    Ihr Gast nahm sich eine Möhre vor. Es sollte Tagliatelle mit einer feinen Gemüsesoße geben, hatte er angekündigt. »Was für ein Mensch war er?«
    Norma stellte das Glas ab. »Was für ein Mensch er war, fragst du? Arthur ist verschwunden, aber bislang weigere ich mich zu glauben, er könne tot sein!«
    Seine Finger hielten auf halben Weg inne. »Ich wollte dich nicht beunruhigen. Eine ungeschickte Formulierung, verzeih mir bitte, Norma.«
    Sein fügsamer Blick irritierte sie. Verunsichert strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie wollte ihn nicht so anfahren, entschuldigte sie sich. Aber die Ungewissheit über Arthur mache ihr mit jedem Tag schlimmer zu schaffen.
    »Willst du mir nicht von ihm erzählen?«, bat er. »Wie habt ihr euch kennengelernt?«
    »Wieso interessiert dich das?«
    Er bemühte sich um eine Erklärung. »Die Lebensjahre, in denen ein Mann gewöhnlich eine Frau trifft, sich eine Existenz aufbaut und eine

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