Weinstrassenmarathon
das mit einer weiteren Rieslingschorle und einem gut gebranntem Mirabellenschnaps aus der Region.
Als Röder an diesem Abend nach Hause kam, empfingen ihn seine Töchter mit vorwurfsvoller Miene.
»Mama ist alleine auf den Elternabend gegangen, obwohl du ihr versprochen hattest mitzugehen. Funktioniert dein Handy eigentlich nicht mehr?«
Er hatte nur kurz ein schlechtes Gewissen, denn seine Gedanken waren schon längst wieder bei seinem neuen Fall.
*Â *Â *
Die nächsten eineinhalb Tage zogen sich für Röder wie amerikanischer Superblasenkaugummi. Auf der Arbeit war er nicht bei der Sache. Die heià ersehnte Akte traf natürlich nicht ein. Ein Anruf bei Steiner am Mittwochmorgen verstärkte seine Unruhe noch mehr.
»Irgendein nicht näher bestimmbarer Giftcocktail. Wahrscheinlich natürlichen Ursprungs.«
»Pilze?« Röder erinnerte sich an das vorzügliche Pilzgericht von Hellinger. Unbehagen überfiel ihn.
»Eher nicht. Die Jungs meinen, es stammt von einem Tier.«
»Schlangen, Skorpione?«
»Genau das können die Aufschneider nicht sagen.«
»Kann man irgendwelche Experten hinzuziehen?«
»Wir arbeiten daran, aber das kann dauern.«
»Hast du das mit der Eigenverpflegung schon geprüft?«
»Wann denn, ich habe den Bericht ja auch gerade erst bekommen.«
Röder legte enttäuscht auf. Nach wenigen Augenblicken steigerte sich seine Unruhe beinahe zur Hyperaktivität, die ihn immer dann erfasste, wenn sein innerer Sherlock Holmes die Kontrolle übernahm.
Hektisch recherchierte er im Internet die Startnummer von Hoffmann und dem Verein, der den Versorgungsstand in Dackenheim bewirtschaftete. Er machte sich Notizen, rannte aus seinem Büro, ohne an die Jacke zu denken oder den Computer herunterzufahren.
Zwanzig Minuten später stand er in Dackenheim, genau dort, wo sich am Sonntag der Verpflegungsstand befunden hatte. Er hatte keine Augen für die erwachende Natur. Der Nieselregen störte ihn wenig. Auch die kühle Witterung ignorierte er, die am Tag drei nach dem Marathon noch immer das Wetter bestimmte. Mit groÃen Schritten ging er die Strecke ab, die eine Armada von Amateuren am vergangenen Sonntag im Laufschritt absolviert hatte. Dabei inspizierte er rechts und links den StraÃengraben. Unachtsam überquerte er in der Höhe des Golfplatzes die StraÃe und wurde beinahe von einem Lieferwagen auf die Hörner genommen. Der Fahrer hupte wütend. Röder reckte den Mittelfinger in die Höhe. ScheiÃraser. An der Stelle, an der die Sanitäter um das Leben des Historikers gekämpft hatten, machte er kehrt und untersuchte die Strecke noch einmal aus der anderen Richtung. Fehlanzeige.
»Denk nach«, befahl er sich selbst, sodass es sogar der kehrende Rentner in der Hauseinfahrt hören konnte. Entschlossen hämmerte er eine Nummer in sein Handy. Nach langem Klingeln â er sprang von einem auf den anderen Fuàâ meldete sich die Geschäftsstelle des ortsansässigen Turnvereins. Nein, ihr Mann, der Vorsitzende, sei bei der Arbeit. Die Nummer? Ja, die sollte hier irgendwo sein. Röder tippte eine weitere Nummer ein, Schweià stand ihm auf der Stirn.
»Ja, wir haben den Abschnitt gereinigt.«
»Wie weit ging denn Ihr Abschnitt, für den Sie zuständig waren?«
»Bis zur BundesstraÃe. Wir gehen davon aus, dass die Läufer ihre Becher spätestens nach einem Kilometer weggeworfen haben. Die meisten Becher finden wir wenige hundert Meter nach der Station.«
»Wie kam denn die Eigenverpflegung an Ihren Stand?«
»Die Läufer geben ihre Sachen vor dem Start ab. Ein VW -Bus hat das Zeug dann zu den Stationen gefahren. Wir haben nur zwei Kartons mit der Aufschrift âºDackenheimâ¹ erhalten. Die Sachen haben wir auf den dafür vorgesehenen Tisch gestellt.«
»War eine Flasche mit der Aufschrift âºWolfgang Hoffmannâ¹ oder mit der Startnummer 214 dabei?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. War das der Name des Toten?« Der Vorsitzende wurde jetzt doch nervös. »Warum fragen Sie? Hat der Tote vorher was Falsches getrunken? Eins sage ich Ihnen gleich: Unsere Getränke waren einwandfrei.«
Röder hatte einige Mühe, den Vereinsmenschen wieder zu beruhigen. Nein, an eine solche Flasche konnte er sich nicht erinnern. Ingesamt waren es wohl so dreiÃig bis vierzig Flaschen und Tüten mit
Weitere Kostenlose Bücher