Weinstrassenmarathon
Steiner.«
Die beiden lieÃen ihn kopfschüttelnd ziehen. Es blieb ihnen ja auch nichts anderes übrig. Das war also der Staatsanwalt Benedikt Röder, der im letzten Jahr hier eine Mordserie aufgeklärt hatte. Unkonventionelle Ermittlungsmethoden hatten zur Aufklärung eines der spektakulärsten Verbrechen in der Vorderpfalz der Nachkriegszeit geführt, schrieb damals die Lokalpresse. Wenn die Vorgehensweise seinerzeit ähnlich war, wäre exzentrisch und durchgeknallt eine passendere Beschreibung gewesen.
»Hey, Commissario. Bleiwe Se do. Isch muss sunnscht denn Scheià allää wegrohme, saacht moin Chef â¦Â«
Röder brummelte eine Entschuldigung und drückte dem freundlichen Zeitgenossen von der freiwilligen Müllabfuhr einen Zehneuroschein in die Hand.
Feucht, schmutzig, miefend, aber zufrieden kehrte Röder an seinen Arbeitsplatz zurück. Der Pförtner hatte ihm hinterhergestarrt, der Referendar hatte ihn besorgt gefragt, ob er in einen Unfall verwickelt gewesen sei. Röder konnte sie alle abschütteln und lieà sich auf seinen Stuhl fallen. Das war Ermittlungsarbeit nach seinem Geschmack, auch wenn der Geruch dazu nicht passen wollte. Er fühlte sich gut, weil er etwas getan hatte, das von Erfolg gekrönt war, auch wenn es eher ein ScheiÃjob für Polizeianwärter im ersten Ausbildungsjahr war. Röder griff zu der kleinen Tasche, in der er für alle Fälle Waschzeug, frische Unterwäsche und ein Oberhemd aufbewahrte. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte er die Tasche zuletzt gebraucht, er seufzte bei dem Gedanken. Jetzt lag sie wieder von Manu frisch bestückt in der untersten Schublade.
Als er aus dem Waschraum zurückkehrte, stank seine fleckige Hose immer noch, aber die obere Hälfte sah wieder einigermaÃen passabel aus.
Die Gedanken kreisten weiter, und Röder zog die Akte heran, die er gerade bearbeitete. An reguläre Arbeit war nicht zu denken. Er nahm seine Jacke vom Haken, fuhr den Computer ordnungsgemäà herunter und schloss die Tür, bevor er eilends verschwand. Er musste dem Drang einfach nachgeben. Dieses eine Detail wollte er noch prüfen, dann würde er die Angelegenheit der Polizei, seinem Freund Steiner, überlassen.
Röder verlieà Frankenthal und scherte auf die gut ausgebaute B9  Richtung Speyer ein, welche die pfälzische Seite des Rheintals halbierte. Auf dem Domparkplatz lieà er sein Auto stehen. Der Regen hatte aufgehört, starker Westwind vertrieb die Wolken, dazwischen knallte die Sonne schon recht beachtlich. Aprilwetter.
Sein Weg galt dem Historischen Museum der Pfalz, wo die älteste Flasche Wein der Welt einen Ehrenplatz einnahm. Gefunden wurde sie natürlich in der Pfalz und stammte aus dem vierten Jahrhundert nach Christus, aus römischer Zeit. Natürlich wollte man den Pfälzern diesen bedeutenden Fund absprechen, da es durchaus ältere Artefakte mit Wein gab. Aber diese waren überwiegend Grabbeigaben. Wein, gefüllt in kleine Flakons. Die Flasche, die hier stand, war ein praktisches Aufbewahrungsgefäà für den Haustrunk. Kein unnötiger, edler Zierrat für die allerletzte Reise. Nein, sie war der Urvater des Pfälzer Schoppens. Weinkenner aus aller Welt würden astronomische Summen hinblättern, um nur einmal von diesem Jahrgang zu kosten, auch wenn sich in der Flasche mittlerweile ein wenig appetitliches Gewächs gebildet hatte.
Röder fragte sich an der Information zur Personalabteilung durch und musste in einem Büro im oberen Stock warten, ehe er von dem forschen Personalleiter empfangen wurde.
»Benedikt Röder, Staatsanwaltschaft Frankenthal?«, las er auf dem Ausweis. »Ich kannte mal einen Ben Röder vom Gymnasium in Bad Dürkheim.«
Röder war peinlich berührt. Natürlich erinnerte er sich an Thomas Liebstöckl von der Schülerzeitung. Liebstöckl war damals drei Jahre weiter als er und Chefredakteur der »Mimikri«. Diese Position hatte er weidlich ausgekostet und Röders Artikel genauso verworfen, wie er die Pamphlete seiner Speichellecker rühmte. Röder hatte ihn nicht gleich erkannt. Viel schlimmer als die Erfahrungen bei der Schülerzeitung war die Tatsache, dass Liebstöckl Manus erster Freund war. Gut, das war lange vor seiner Zeit, aber trotzdem â¦
»Ach natürlich, der Liebstöckl«, heuchelte er mit freundlichem Gestotter. Sie tauschten ein
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