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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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einfach fertig, ist ja auch kein Wunder. Weißt du, was
hier los ist? Jetzt bin ich die Reisejournalisten los, und minütlich geht das
Telefon. Wir haben auf Anrufbeantworter gestellt, weil dauernd neue Medienleute
vom Ritualmord im Funkenfeuer berichten wollen. Mein Bürgermeister läuft Amok,
beruflich bin ich wahrscheinlich in einigen Tagen mausetot. Ich drehe langsam
durch.«
    »Ja, das sehe ich, aber der Grund deines Durchdrehens hat zwei
Gründe. Presse- und Obrigkeitsterror und Jens. Ich bin doch nicht blind!«
    »Also bitte, er ist ein Journalist. Es gibt die eiserne Regel: Lass
dich nie mit einem deiner Gäste ein«, erwiderte Jo.
    »Oh ja, und du bist ja immer und vor allem ein Mensch, der sich an
Regeln hält. Du bist wie ein Trotzkind, das immer das Gegenteil von dem tut,
was erfahrene Zeitgenossen, Vernunft oder Moral dir raten. Jo, ich kenne dich!«
    »Ha, wenn Du mich kennst, dann weißt du aber, dass ich niemals mit
einem Schwaben …«
    »Mmm, ich kenne eine deiner launigen Lieblingsgeschichten aus
Italien. Damals, als wir beide in der Surfschule gejobbt haben und dieser
waschbrett-bäuchige, bronzefarben gebräunte Lockenkopf dich angeschmachtet hat.
Und du retour. Und wie er sich dann ein Herz gefasst hat und ein »Woisch,
Meisle« in bitterstem Schwäbisch herausgeschmettert hat. Wir wissen beide, dass
du behauptet hast, dass er sogar den eingesprungenen Rittberger und die
Todesspirale im Bett hätte veranstalten können, aber du nie mit einem Mann mit
so einem Dialekt hättest schlafen können. Aber diesmal ist es anders!«
    »Was ist anders? Schwabe ist Schwabe!«, rief Jo.
    »Aber dieser schwäbelt nur ganz moderat, schließlich lebt er in
Hamburg. Und außerdem bist selbst du inzwischen in der Lage, eine gewisse
Toleranz walten zu lassen. Und zudem war die Luft gestern zwischen euch
elektrisch geladen. Ein ganzes Eisstadion hätte man damit in gleißendes Licht
tauchen könnte.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Wie ich drauf komme? Weil ich das spüre. Weil du gestern an der Bar
immer so dagestanden hast, dass du immer ganz zufällig Körperkontakt hattest.
Weil du seinen Blick gesucht hast und er deinen«, sagte Andrea fest.
    »Ja, weil er inmitten dieser anderen Nasen ein Lichtblick war.
Verstehst du gar nicht, wie ich mich fühle inmitten dieses Wahnsinns? Ich bin
so schuldig an all dem, als hätte ich den Toten persönlich in das Feuer verfrachtet.
Ich habe den Arm gesehen. Es war wie in einem Horrorfilm. Nur leider sehr
real.«
    Andrea sah sie an und kam näher. Sie nahm Jo in den Arm, die zu
weinen begann. Tonlos erst, dann immer lauter. Eine Tränen-Flutwelle schwappte
über Andreas Schulter, und mit der Flut war ein wenig Last von Jos Herz
gewichen.
    Andrea reichte ihr Taschentücher. »Geht’s?«
    »Es wird müssen. Aber ich war noch selten in solch einer
katastrophalen beruflichen Situation. Der Bürgermeister kann mich jederzeit
abschießen. Da hab ich einfach gestern zu viel getrunken, deshalb bin ich so
fahrig.«
    »Ja, du hast viel zu viel getrunken. Aber auch auf die Gefahr hin,
dass du mich penetrant findest, du hast Trost gesucht. Ist ja auch okay. Aber
der Tröster war schlecht ausgesucht.« Andrea klang richtig düster.
    »Was redest du für einen Blödsinn? Ich brauch keinen Tröster«,
verteidigte sich Jo.
    Andrea sah sie spöttisch an.
    »Oh doch, und der Tröster war die Marke ›großer Junge‹. Und
natürlich blond. Grauenhaft!«, kam es von Andrea, deren Männer immer Asiaten,
Afrikaner oder zumindest Südspanier sein mussten.
    Jo atmete tief durch. »Also gut, okay, da ist was zwischen uns. Das
war immer schon so. Es war von Anfang an eine große Vertrautheit zwischen uns,
und was ich momentan inmitten des Chaos brauche, ist wirklich Vertrauen.«
    »Vertrauen, sehr schön, und was ist mit erotischem Flackern? Jo, es
geht um dich. Ich mache mir Sorgen um dich. Und bitte, gern weniger bildhaft:
Habt ihr oder habt ihr nicht?«, fragte Andrea in dem ihr eigenen Pragmatismus.
    »Jetzt sei halt nicht so direkt!«
    »Habt ihr?« Andrea konnte penetrant sein.
    »Ja, verdammt noch mal, und es war schön. Sehr schön sogar. Und
romantisch. Und ehrlich. Und – geil, jawohl«, sagte Jo trotzig.
    »Na, wunderbar! Dann kann ich mich ja schon mal drauf einstellen,
dass ich jetzt wieder nachts um vier deine Verzweiflungsanrufe bekomme. Wirst
du denn nie schlauer? Himmel!« Andrea fuchtelte pathetisch mit ihrer Brille in
der Luft umher.
    »Doch! Das hab ich im Griff. Ich verliebe

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