Weinzirl 02 - Funkensonntag
extra Metzgerschinken für die Katze! Und das bei Bauersleuten,
die sonst jeden Cent fünfmal umdrehten. Aber Resi sagte immer: »Diese Katze ist
mein Sonnenschein, sie ist was ganz Besonderes.« Nicht dass Mümmel das nicht
gewusst hätte, und huldvoll sprang dieses besondere Tier stets mit besonders
schmutzigen Pfoten auf den Küchentisch. Sie zog eine niedlich-neckische
Pfotenspur über die Tischdecke und legte sich dann aufs Landwirtschaftliche
Wochenblatt. Ein Tier am Tisch, bei Bauersleuten, das durfte nur die
besonderste aller besonderen Diven.
Nachdem der Terrortrupp abgezogen war, machte sich Jo noch einen
Kaffee, einen, den sie ganz allein trinken konnte. Sie starrte vor sich hin,
als das Telefon läutete. Gerhards Stimme klang auch ziemlich neblig.
»Du klingst müde«, sagte Jo.
»Ja, weil ich müde bin. Wir haben gestern ungefähr tausend
Krankenhäuser und Arztpraxen gecheckt. Zudem halten uns diese Recherchen zu den
schwarzen Messen in Atem. Und leider, leider muss ich dir wegen des Skifahrens
absagen. Die Pflicht ruft.«
»Schade, aber das wäre sowieso etwas stressig für mich geworden.
Dann helfe ich Andrea, das Haus ihrer Oma auszuräumen. Die geht nämlich ins
Altersheim. Und das hat mir Andrea so nebenbei erzählt. Deshalb ist sie
überhaupt im Allgäu, nicht wegen dieses Workshops.« Jo stockte. »Mensch, hab
ich dir das überhaupt erzählt? Dass Andi da ist und so?«
»Nein, aber ich habe Andrea gestern Abend noch getroffen. Sie hat
meinen Bus für den Umzug geholt. Hat da Fräulein Johanna mal wieder nur an sich
gedacht? Und andere mit ihren Problemen gar nicht zu Wort kommen lassen? Na ja,
du warst wahrscheinlich zu beschäftigt mit den Journalisten.«
Nachdem Gerhard aufgelegt hatte, hatte er ein ungutes Gefühl. Für
seine Verhältnisse war er schon viel zu deutlich geworden. Er wollte ihr nicht
unterstellen, eine Egoistin zu sein – höchstens eine ganz kleine …
Gerhard schüttelte diese Gedanken ab und ging zum Kaffeeautomaten.
Er gab ihm einen Handkantenschlag und trat ihn gleichzeitig in die Seite. Nur
mit roher Gewalt konnte man der Maschine Kaffee entlocken und auch nur mit
dieser ausgefeilten Kombination. Denn ohne den Seitenhieb kam zwar Kaffee, nur
leider kein Becher. Den Kaffee in der Hand, schlurfte er durch die angenehm
leisen und verwaisten Gänge in sein Büro. Die Ruhe tat gut. Dann wählte er die
Nummer von Schäfflerbräu in Missen, und weil er den dortigen Braumeister als
Arbeitstier kannte, wunderte er sich nicht, ihn an einem Samstag zu erreichen.
»Morgen, Gerhard hier. Wollt ihr Hündle Bräu kaufen?«
Am anderen Ende war kurz Schweigen, dann war ein trockenes Lachen zu
hören: »Guata Morga Gerhard, du haltsch di au am Samschtag it lang auf, odr?«
»Nein! Also wollt ihr?« Gerhard musste ein Lachen unterdrücken und
gab sich einen bewusst strengen Ton.
»Na, um Gotts Willa. Warum sottet mir?«, kam es retour.
»Weil ihr expandieren wollt. Weil damit ein Konkurrent platt gemacht
werden kann. Sag’s du mir.«
»Dät i ja gern saga. Aber mir sind ganz zfrieda, mit deam was mir
hond. Aber du willsch so eabbas doch it zufällig wissa, odr?«
»Wie du dir bei meinem Beruf denken kannst.« Gerhard hatte Spaß an
dieser minimalistischen Konversation. Er wusste genau, dass sein Gegenüber mehr
wusste. Und auch in Missen saß einer wahrscheinlich grinsend auf der
Schreibtischkante. Ein nettes Pingpong-Spiel am Morgen!
»Ja, denka? So fria am Morga scho?«, kam es aus Missen.
»Probiers halt mal!«
»Wenn d willsch: Also, i hon do eabbas leita ghert.«
»Und wie haben die Glocken so geklungen?« Gerhard schmunzelte vor
sich hin.
»Leis, ganz leis«, war die Missener Minimalismus Antwort.
»Aber, Du hast doch ein gutes Gehör!«
»Ja, scho.«
»Und?«
»I weiß nix Gnaus, aber dass dr Haggamüllar verkaufa will, des hot
ma scho leita ghert.«
So, allmählich musste jetzt etwas mehr Biss in das Gespräch fand
Gerhard und wurde konkreter. »Und wer kauft so eine kleine Lokalbrauerei?
Löwenbräu oder Heineken oder wer?«
Wieder war ein trockenes Lachen zu hören, und auch in Missen war der
Tempowechsel im Gesprächs-Pingpong spürbar. »A Großkopfeter kauft so eabbes it!
Was i weis, hot Hündle so um dia vierzehntausend Hektolitr. Des isch für an
Groaßa wie a Tropfa.«
»Und wer würde dann kaufen?«
»Wenn, das eabar kaufa dät, nochhert a Nachbarbrauerei. Do isch d
Kundschaft in dr Näh. Und nochhert muasch denka, dass dir beim
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