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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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später war Evi zurück,
gewandet in einen neuen Anorak. Viel Beige, wenig Apfel und Flieder, tailliert,
und selbst Gerhard musste zugeben, dass ihr das Teil sehr gut stand. Evi
strahlte jetzt wie zu Weihnachten und Ostern zusammen.
    Diese Einlage machte Gerhard durch seinen Kamikaze-Fahrstil entlang
des Alpseeufers locker wieder wett, und Evi schimpfte ausnahmsweise mal nicht.
    Als sie beide bei Frau Endrass im Büro standen, erfuhren sie, dass
Ludwig Haggenmüller heute früh angerufen und gesagt hatte, er sei auf
unbestimmte Zeit verreist. Im Notfall solle sie ihm auf der Mailbox eine
Nachricht hinterlassen.
    »Macht er so was öfter?«, wollte Gerhard wissen.
    »Nein, noch nie.« Frau Endrass war sichtlich bestürzt. »Glauben Sie,
er hat etwas mit Adis Tod zu tun?«
    »Nun, der Vogel ist ausgeflogen. Der Zeitpunkt ist etwas merkwürdig.
Die Umstände auch.« Gerhard beugte sich vor und lächelte sein
Schwiegermutter-Bestechungs-Lächeln. »Frau Endrass, wir beide, sozusagen Bruder
und Schwester in der Schokolade, können wir offen reden?«
    Sie nickte.
    »Haben Sie gewusst, dass Ihr Chef verkaufen wollte?«, fragte
Gerhard.
    Frau Endrass starrte ihn ungläubig an. »Verkaufen? Aber er wollte
doch in großem Stil dieses Hanfgesöff auf den Markt bringen. Wieso denn
verkaufen? Und an wen? Liabs Herrgöttle, ja wieso denn des alles?«
    »Sehen Sie Frau Endrass, genau das fragen wir uns auch. Und wo der
gute Ludwig Haggenmüller abgeblieben ist. Wenn Sie etwas hören, informieren Sie
mich bitte umgehend. Und erzählen Sie seiner Mailbox, er möge sich dringend,
ich sage, äußerst dringend, bei mir melden.«
    Frau Endrass konnte nur noch nicken, und als Gerhard und Evi draußen
waren, sah Gerhard gerade noch aus dem Augenwinkel, dass sie fahrig nach einer
Dreihundert-Gramm-Tafel Milka griff und sich ein großes Stück abbrach.
    Gerhard war extrem sauer und hieb kurz und saftig auf das Autodach.
»Scheiße, das hätte ich vorhersehen müssen!«
    »Hättest du nicht! Wir wussten ja noch nicht, dass er verkaufen
will«, beruhigte ihn Evi. »Die Frau Endrass weiß wirklich nichts. Was hältst du
von der Sache?«
    »Nun, Bella, ohne vorschnell zu urteilen, für diesen Haggenmüller
sieht es schlecht aus. Und sollte der auftauchen, dann muss er mir schon einen
sehr guten Grund für sein Verschwinden präsentieren. Und wenn er keinen hat,
dann gnade ihm Gott!«
    »Geben wir die Fahndung raus?«, wollte Evi wissen.
    »Wir warten noch, das Team soll erst mal die Ergebnisse der
Anwohner-Befragungen präsentieren. Ich habe um fünf Uhr ein Meeting anberaumt.«
Gerhard schaute auf die Uhr. »Scheiße, das wird knapp!«
    Er knallte unter Evis inzwischen doch wieder missbilligendem Blick
das Blaulicht aufs Dach und schleuderte vom Hof.
    Die Schonfrist für Gerhard war bei Evi abgelaufen.
    »Und dabei hast du immer über die Miami-Vice-Manieren unseres
Ex-Kollegen Reiber geschimpft. Du bist keinen Deut besser!«
    »Vergleich mich nicht mit dem!«, drohte Gerhard.
    »Nö, tu ich nicht«, setzte Evi noch eins drauf, »der war nämlich
unvergleichlich besser angezogen als du.«
    Sie hasteten die Treppe im Präsidium hoch, und es war genau fünf Uhr
und fünf Minuten.
    Gerhard plumpste auf einen Stuhl im Besprechungszimmer und grinste.
    »Und, wer beginnt?«
    Einige Finger deuteten auf Markus Holzapfel. Der hatte rote Backen
und zupfte nervös an seinen Fingern.
    Gerhard hatte Markus längst verziehen. »Na, hast du das Rohypnol gefunden?«
    Markus schluckte und schüttelte den Kopf.
    »Nein, äh, ich, äh, also ich habe, habe …«
    »Du hast was?«
    »Deinem Befehl nicht gehorcht!«, stieß Markus hervor.
    Evi gluckste vor unterdrücktem Lachen, und Gerhard atmete tief
durch. Befehl und gehorcht! Das klang ja martialisch. So ein Monster war er
doch wirklich nicht als Chef.
    »Ich habe meinen Schreibtisch unerlaubt verlassen und bin hinaus.«
    »Aha, und wohin?« Langsam begann es in Gerhard trotz der guten
Vorsätze zu brodeln.
    »Zu Adis Haus.«
    »Schön, und was will uns dein Ausflug sagen?« Das innere Brodeln war
kurz vor der Eruption.
    Für Markus war ein längerer Satz einfach ein Kraftakt, der ihn
extrem erschöpfte. Aber jetzt gab er sein Äußerstes.
    »Adi war ein Gewohnheits- äh, Gewohnheitsdings. Gewohnheitstier! Er
ist jeden Morgen gejoggt. Immer von fünf bis sechs. Im Winter mit so einem
Stirndings, äh Stirnlampe. Auch sonntags.«
    »Auch am Mordsonntag«, ergänzte der Kollege Hans Meierl, der schon
seit dreißig

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