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Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Titel: Weinzirl 04 - Gottesfurcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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hätte. Auf einmal musste er an Jo denken, die die
Weihnachtsferien hasste. »Seit Jahren haben wir an Weihnachten fast keinen
Schnee, dafür aber Full House. Ich hasse diese Schlecht-Wetter-Angebote, die
wir aus dem Hut zaubern müssen für die Schlechte-Laune-Gäste.« Jo, er sollte
sie anrufen. Zögerlich nahm er sein Handy aus der Tasche, starrte es an und
steckte es wieder ein. Später, er war ja mitten in einer Ermittlung. Er war
stehen geblieben, und wieder näherte sich von hinten ein Geräusch, als ob eine
Herde Gnus zum Wasserloch donnerte. Bei Tini saßen Leute in Skianzügen
Après-Ski-relaxed heraußen. Einige Langläufer strebten ebenfalls einem Tisch
zu. Gerhard musste grinsen angesichts der Verkleidungen. Fasching war noch
nicht, aber papageienbunte Langlauftrikots saßen über hautengen Hosen. Dazu
diese neckischen Schnabelschuhe, Till Eulenspiegel hätte seine Freude gehabt.
Ein Mann, dessen Hendlfriedhof wie ein Medizinball vorstand, wurde begleitet
von einer Dame, deren Allerwertester und deren knödelartige Knie einfach einer
etwas weiteren Hose bedurft hätten. Es hätte schon genügt, wenn sie das Teil in
ihrer Größe gekauft hätte. Nicht in der von Kate Moss. Über der Betrachtung,
warum Menschen in Ausdauersportarten – bei den Rennradfahrern in
Telekom-Magenta war das ja ganz ähnlich – aussehen mussten wie Stopfwürste in
Wursthüllen, deren Farben fast blind machten, erreichte er das Lang’sche Haus.
    Josefa Heringer
öffnete ihm wieder, sie trug Schwarz und hatte Augenringe in derselben Farbe.
Sie offerierte ihm einen Kaffee und noch während sie hantierte, erzählte ihr
Gerhard von seinen Erkenntnissen. Als er von dem Verdacht gefälschter Madonnen
erzählte, stoppte sie jäh das Kaffee-Einschenken. Die Kanne sank ihr auf den
Tisch, sie hatte den Griff umklammert und sah Gerhard so entsetzt an, dass er
es bedauerte, nicht schonender vorgegangen zu sein. Aber wie erzählt man
jemandem schonend, dass der Schwager ein Betrüger ist? Die Kanne, die sie immer
noch festhielt, war in Schräglage geraten, und der Kaffee lief auf den
Holztisch. Ein schwarzbrauner See breitete sich aus und begann, über die Kante
auf ihre Knie zu tropfen. Gerhard nahm ihr vorsichtig die Kanne ab, dann erst
glitt ihr Blick über den Tisch.
    »Himmel, wie
ungeschickt.« Sie sprang auf und eilte in die Küche, kam mit einem Handtuch
wieder und begann hektisch zu wischen.
    »Frau Heringer,
bitte!« Gerhard war aufgestanden und nahm ihr das Handtuch aus den eiskalten
Fingern. »Jetzt setzen Sie sich doch bitte hin.« Er wischte weiter auf.
    »Sind Sie sicher?«,
fragte sie nach einer Weile.
    »Sicher, was ich
gesehen habe. Auch wenn ich Laie bin. Sicher natürlich nicht, ob die Figuren
wirklich von Ihrem Schwager stammen. Und genau das müssen wir jetzt rausfinden.
Möchten Sie mich in die Werkstatt begleiten?« Er verzichtete momentan auf die
Frage, ob sie oder ihre Schwester etwas davon gewusst hatten. Oder geahnt.
    Josefa Heringer
stand auf, langsam, angestrengt, sie stützte sich mühsam auf der Tischplatte
auf.
    »Geht es Ihnen
gut?«, fragte Gerhard und verfluchte sich für diese dumme Frage. Natürlich ging
es ihr nicht gut.
    Sie nickte und bat
Gerhard, ihr zu folgen. Sie verließen das Haus durch eine Hintertür. Am
Türstock griff sie sich einen großen Schlüssel und schlurfte dann auf die
Werkstatt im Garten zu. Die hatte andere Dimensionen als die Kate von
Stuckenzeller. Es war ein großes, helles Atelier. Vielleicht war es ja doch nur
Neid, vielleicht wollte Stuckenzeller der Familie einfach was anhängen?
    »Frau Heringer, Sie
müssen mir jetzt helfen. Sie haben das Auge, um festzustellen, ob an Figuren
etwas manipuliert wurde.«
    Sie nickte wieder.
    Die Werkstatt war
peinlich sauber und aufgeräumt. Die Werkzeuge lagen in Kästen, die ihrerseits
im rechten Winkel zur Tischkante ausgerichtet waren. Vor dem Tisch war ein
riesiges Fenster, durch das Strahlen einer tief stehenden Sonne einfielen. Auf
Regalen links und rechts des Arbeitsplatzes standen Figuren. Tiere, vor allem
ein Eselchen mit pfiffigem Gesichtsausdruck, ein Pferd im Sprung, so echt, dass
man fast den Atem aus seinen geweiteten Nüstern zu spüren glaubte. Keine
Madonnen. Keine Maria. Hier nicht, auch nicht im Nebenraum. Auch nicht im
Keller des Hauses, den Gerhard später genauestens durchsuchte. Schließlich
standen sie wieder in der Werkstatt. Noch mal ließ Gerhard den Blick schweifen.
Das einzige »Werk«, das sich etwas abhob,

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