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Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Titel: Weinzirl 04 - Gottesfurcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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schlanken Frau lag. Sie schwiegen während der Fahrt. Aus den
Parkplätzen am Kolben quollen Autos, der Verkehr stockte, augenscheinlich
hielten sich ein paar Oberschlaue nicht an die Einbahnregelung. Auf der B 23
kamen sie nur langsam vorwärts, weil auch in Unterammergau Autos auf die Straße
drängten. Autos mit A und AIC – Arsch im Cockpit, dachte Gerhard –, mit FFB und M , mit Skisärgen beladen und
Dachträgern, auf denen sich Ski und Rodel und Plastikwannen türmten. Glückliche
Winter-Ausflügler, Staulemminge, die alle nach dem Frühstück aufbrachen und
wahlweise in Landsberg oder am Autobahnende bei Eschenlohe zum Stillstand
kamen. Sie drängelten dann am Lift gemeinsam, und trugen Engpässe und leichte
Steigungen in der Liftspur im Stock-Nahkampf aus. Am Abend dann stauten sie
sich gemeinsam vor dem Bahnübergang hier in Unterammergau. Gerhard ging seit
geraumer Zeit nur noch Skitouren, es sei denn, Jo überredete ihn mal an einem
schönen Wochentag zum Pistenfahren. Jo, die Rennsau, die ihre messerscharfen
Schwünge zog. Die ihn immer verlachte, wegen seines
»Hollureiduljö-Hoch-Tief-Stils« und der zammgepappten Knie. Wieso musste er
dauernd an diese Frau denken?
    Noch immer war es
still im Wagen, bis Helga Kölbl nach rechts deutete. »Kappel, schöne Wanderung
rauf aufs Hearndl, müssen Sie im Sommer mal machen.« Wenig später hieß sie ihn
links nach Altenau abzubiegen, Baiers Auto stand schon da. Er machte eine
fahrige Handbewegung und folgte Gerhard. Schlagartig verebbte das
Verkehrsgetöse. Altenau lag so still in die winterlichen Wiesen eingebettet,
dass es wie Balsam auf Gerhards Seele war. Am Ortseingang war ein
Mazda-Händler, der wie ein Fremdkörper in dem Bauerndorf wirkte. Sie fuhren
unter der Bahn durch und schlängelten sich durch den behäbigen Bauernort. Ein
Huhn überquerte langsam die Straße. Sie fuhren an der Kirche vorbei, hinein in
eine Rechts-links-Kombination, bis Helga Kölbl am Ortsende nach rechts wies.
Ein kleines Sträßchen führt durch Wiesen, rechts oben thronte ein großer Hof, an
einer winzigen Kapelle brannten Kerzen hinter einer Glasscheibe. Sie folgten
der Straße durch die winterlichen Wiesen, der wenige Schnee hatte die starren
Halme leicht überzuckert. Helga Kölbl wies auf einen Stadel, der links unten
kauerte. »Da!« Sie parkten an der Straße und gingen über die Wiese.
    Die Eingangstür war
mit einem schweren Vorhängeschloss gesichert. Zögerlich hielt Helga Kölbl
Gerhard einen Schlüsselbund hin. »Ich weiß nicht, ob einer passt.«
    Baier breitete die
Arme aus. »So, meine verehrten Damen, Sie warten bitte draußen.«
    Der letzte
Schlüssel, den Gerhard ausprobierte, passte wirklich. Knarzend ging die Tür
auf, der Raum lag in dämmrigem Licht. Gerhard schaltete eine starke Akkulampe
an und ließ den Lichtstrahl über die Wände gleiten. Auf der Stirnseite standen
Kellerregale, von denen Madonnenfiguren und einige St. Georgs
herunterlächelten. Gerhard trat näher. Die Madonnen waren stupsnasig und
lächelten betörend. Auch die heiligen Georgs hatte feine Näschen und schauten
besonders heilig. Die Figuren waren bemalt. Gerhard drehte eine um: Sie trug
den Stempel des St.-Lukas-Vereins. Er setzte Baier ins Bild, was da zu sehen
war. Das hatte Gerhard in der kurzen Zeit am Kollegen Baier zu schätzen
gelernt. So knapp, wie er sprach, so knappe Erklärungen reichten aus, damit er
begriff.
    »Wir sollten die
Damen bitten, einen Blick drauf zu werfen. Nicht, dass ich Ihnen nicht traue,
Weinzirl.«
    »Ich bitt Sie,
natürlich, ich bin kein Fachmann«, erwiderte Gerhard.
    Als Helga Kölbl und
Josefa Heringer die Figuren in der Hand hielten, hatte die Szene etwas
Biblisches. Die beiden Damen in den schweren Mänteln, das Dämmerlicht, die
Figuren, von denen so viel Kraft ausging.
    Josefa Heringer
schließlich war die Erste, die den Kopf hob. »Die Figuren sind maschinengefräst.
Hundertprozentig, leider. Ja, und sie sind handbemalt.«
    »Und sie tragen das
Wappen des Lukasvereins, o Gott steh mir bei!«, flüsterte Helga Kölbl.
    Gerhard hatte den
Raum weiter inspiziert und wühlte inzwischen in einigen Holzkisten, die unterm
Fenster aufgetürmt waren. Holzwolle quoll heraus, sonst waren sie leer. Eine
der Kisten enthielt noch einen alten Lieferschein. Sie waren nach Berlin
gegangen. An einen so genannten »Matzke-Kunstimport«.
    »Sagt Ihnen der Name
Matzke etwas? Frau Kölbl? Frau Heringer? Als Kunde?«
    Sie überlegten.
Josefa Heringer schüttelte

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