Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harper Ames
Vom Netzwerk:
Impuls drängte Lewin dazu, die Tür wieder zu verschließen und sich an einen anderen Arzt zu wenden, aber etwas hielt ihn davon ab. Die unverschlossene Tür wirkte plötzlich wie eine Einladung auf ihn. Nach kurzem Überlegen trat er einen Schritt in die Wohnung hinein und zog die Tür behutsam hinter sich ins Schloss.
    Auch in diesem Haus war es angenehm kühl und Lewin wunderte sich nicht zum ersten Mal, wie sehr diese steinernen Mauern das Leben in einer Stadt wie Weiß doch erleichtern konnten.
    Mit ausgestreckten Händen tastete er sich Stück für Stück an der Wand entlang durch den Flur. In das Behandlungszimmer gelangte man durch die zweite Tür auf der rechten Seite. Wohin die anderen Türen führten, wusste Lewin nicht. Sie waren bei seinen Besuchen stets verschlossen gewesen und da er davon ausging, dass sich dahinter die Privaträume Galens befanden, hatte nie eine Veranlassung dazu bestanden, einen Blick hinter sie zu werfen.
    Nach einigen Schritten hatte Lewin die erste Tür passiert und bewegte sich nun auf die zweite zu. Nachdem er die Eingangstür hinter sich zugezogen hatte, war der Flur in komplette Dunkelheit getaucht und Lewin hatte jegliches Gefühl für Entfernungen verloren. Er wusste nicht, ob er bereits die Hälfte des Raumes durchschritten oder nur einen kleinen Bruchteil davon erkundet hatte. Er hätte sich hier verlieren können.
    Nach schier endlosen Sekunden ertasteten seine Finger den Rahmen der zweiten Tür. Erleichtert atmete Lewin auf. Er wusste, dass seine Erregung vollkommen übertrieben war und dass sich niemand in einem zehn Quadratmeter kleinen Flur verlaufen konnte, nur weil dieser dunkel war. Aber die Tatsache, dass er sich unbefugt in dieser Wohnung aufhielt, brachte seinen Puls ganz von allein auf Hochtouren.
    Mit zittrigen Fingern ergriff Lewin die Türklinke, die sich schmerzhaft kalt anfühlte, und drückte sie herunter. Impulsiv hatte er beim Öffnen der Tür die Augen fest zusammengekniffen und als er sie jetzt vorsichtig öffnete, musste er über sich selbst lachen.
    Der Raum war, abgesehen von der altbekannten Einrichtung, vollkommen leer. In der Mitte des Zimmers standen zwei Stühle einander an einem kleinen Tisch gegenüber . An der Längsseite des Raumes stand eine alte, wackelige Pritsche an der Wand. Die verbeulten Jalousien vor den Fenstern waren heruntergezogen, sodass die Wärme nur in kleinen Portionen eindringen konnte. Trotzdem fiel genug Licht in den Raum, sodass Lewin dazu in der Lage war, seine Umgebung zu erkennen.
    Er war erleichtert, dass er nicht in eine Behandlung geplatzt war, die so intensiv gewesen war, dass Galen und sein Patient weder das scheppernde Klingeln, noch sein Rufen gehört hatten.
    Er trat ein paar Schritte in den Raum hinein und sah sich um. Zum wiederholten Male fiel ihm auf, wie karg dieses Zimmer war. Es fehlten sämtliche medizinischen Apparate, Diagnosemanuale oder Aufzeichnungen, geschweige denn, dass ein Computer zu entdecken gewesen wäre. Lewin hatte sich schon häufig gefragt, wie es möglich war, als Arzt in der heutigen Zeit ohne all diese Dinge auszukommen, aber er hatte sich nie getraut, diese Frage an Galen zu richten. Zu groß war die Befürchtung, dass er damit einen empfindlichen Punkt treffen würde, denn da nicht viele Leute diese kleine und versteckt gelegene Arztpraxis aufsuchten, war es gut möglich, dass Galen sich einen Computer einfach nicht leisten konnte.
    Nachdem Lewin sich eine Weile in dem leeren Raum umgesehen hatte, trat er in den Flur zurück, ließ dabei aber die Tür zum Behandlungszimmer offen. Er hatte keine Lust, sich eine weitere Ewigkeit durch die Dunkelheit tasten zu müssen.
    Eigentlich hatte er vorgehabt, sich nach der Untersuchung des Behandlungszimmers sofort wieder aus der Wohnung hinauszuschleichen, aber etwas sagte ihm, dass es vielleicht ganz nützlich sein könnte, auch die anderen Zimmer zu untersuchen. Wenn es sich bei dieser Krankheit, von deren Existenz er überzeugt war, tatsächlich um so etwas wie einen Virus handelte, dann waren andere Menschen vielleicht ebenfalls betroffen und Galen hätte auch ohne Computer schon etwas von dieser Sache gehört. In einem solchen Fall musste es Aufzeichnungen geben und wenn es nur handschriftliche wären. Lewin würde sie überprüfen können, um zu sehen, mit was er es zu tun hatte und wie gefährlich der Erreger war.
    Er fingerte einen Moment lang in seiner Hosentasche herum und zog erneut eine kleine weiße Tablette heraus. Was auch

Weitere Kostenlose Bücher