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Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harper Ames
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er nun eine Pause einlegen. Er wollte nicht riskieren, irgendwo hinter einem Busch oder zwischen zwei geparkten Autos zusammenzubrechen, nur weil er sich seine Kräfte nicht gut eingeteilt hatte. Aber Der Weg in den Wald war ihm noch nie so lang vorgekommen.
    Er kletterte über einen kleinen, weiß lackierten Jägerzaun, von dem die Farbe in großen Stücken abblätterte, und schlich auf ein niedriges Haus mit zerschlagenen Fenstern zu. Nur wenige Sekunden später spürte er die kühle Wand der alten Bäckerei an seinem Rücken. Das Gebäude war bereits seit längerem verlassen. Es bestand keine Gefahr, dass ihn jemand erwischen würde, während er hier hockte. Der kleine Vorgarten, in dem er kauerte, war von drei Seiten mit hohen Büschen eingerahmt, das Schaufenster hinter ihm hatte einen großen Sprung und Lewin wusste, dass man von der Straße aus keinen Blick auf ihn werfen konnte. Oft genug hatte er sich hier bereits vor Simon und den Anderen versteckt. Zumindest kurzfristig, um Atem zu holen. Genau wie jetzt.
    Er lehnte den Kopf an die rissigen Steine und schloss die Augen. Langsam merkte er, wie seine Brust sich immer weniger hektisch hob, das Rauschen in seinen Ohren leiser wurde und sein Atemtempo sich regulierte. Er beruhigte sich.
    In seinem Kopf ging er den restlichen Weg bis zum Waldrand durch, versuchte sich vorzustellen, welche Versteckmöglichkeiten sich auf der Strecke boten und wägte diese anschließend gegeneinander ab, als seine Gedanken durch ein aufgeregtes Murmeln unterbrochen wurden.
    Lewin hielt den Atem an und versuchte die Herkunft der Geräusche zu lokalisieren. Offenbar befanden sich auf der Straße, direkt vor der alten Bäckerei, Leute, die sich ganz offenkundig miteinander stritten.
    Als das Gespräch immer lauter wurde, konnte Lewin seine Neugierde nicht länger unterdrücken. Auf Händen und Knien kroch er vorsichtig an einen dichten Busch heran und ließ sich der Länge nach auf den Boden sinken. Zwischen Blätterwerk und Erdboden war ein schmaler, unbewachsener Spalt, auf dem einige Ameisen und Käfer herumkrochen, und durch diesen konnte Lewin erkennen, was auf der Straße vor sich ging.

Vier
    Nur wenige Meter von Lewin entfernt standen drei Gestalten auf der Straße. Zwei von ihnen standen mit dem Rücken zu ihm, sodass Lewin ihre Gesichter nicht erkennen konnte, aber die dritte Person hatte ihm ihre Vorderseite zugewandt und Lewin fühlte eine kurze, aber trotzdem spürbare Arrhythmie in seinem Herzschlag. Es war Sami, Bruder der überfahrenen Gaja und rechte Hand von Simon.
    Die drei schienen erregt über einen Gegenstand zu diskutieren, den Sami in den Händen hielt. Lewin konnte nicht sehen, um was es sich handelte, aber angesichts der Lautstärke und Samis Gesichtsausdruck zu urteilen, war es nichts, das die kleine Gesellschaft erfreute.
    Lewin drehte den Kopf nach links, sodass seine Ohrmuschel in Richtung der kleinen Gruppe zeigte, in der Hoffnung, dass er dann besser verstehen konnte, worüber die Drei dort diskutierten, aber es gelang ihm nicht. Er verstand nur einzelne Wörter, die über das Thema der Unterhaltung keinen Aufschluss gaben. Trotzdem blieb Lewin unter dem Busch liegen und beobachtete das Geschehen.
    Er wunderte sich über den aggressiven Tonfall der drei. Weshalb waren sie nur so aufgebracht?
    Wenige Augenblicke später erschien eine vierte Person auf der Straße, die Lewin zwar erkennen konnte, ihm aber unbekannt war. Der Neuankömmling mischte sich augenblicklich in die herrschende Diskussion ein und sofort wurde der Tonfall schärfer und lauter. Sami hob jetzt seinen Arm und Lewin konnte endlich erkennen, um was es bei der Versammlung auf der Straße ging.
    An Samis ausgestrecktem Arm baumelte eine tote Katze.
    Lewin sog hörbar die Luft ein. Er berührte sie! Sami berührte die tote Katze mit den bloßen Händen, schüttelte sie sogar in der Luft! Lewin hatte keinen Zweifel daran, dass diese Katze dort vorn ein Seuchenopfer war und dass Sami sich und seine Gegenüber im Augenblick einer tödlichen Gefahr aussetzte. Die vier aber schienen nicht auf die Idee zu kommen, dass das tote Tier gefährlich sein könnte. Sie stritten zwar, aber niemand machte Anstalten, sich aus der unmittelbaren Nähe der Katze zu entfernen. Im Gegenteil, Lewin sah immer wieder, wie die Männer die Katze berührten, ihren Körper untersuchten und sogar an ihr rochen.
    Lewin schluckte. Sein Gewissen sagte ihm, dass er die Leute warnen musste. Er hatte schon vorher darüber

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