Weiss
Polizeibehörde in Vantaa klapperte. Unter der Decke war doch eine Überwachungskamera befestigt, warum mussten die Wächter durch den Spion kontrollieren, dass er sich nicht aufgeknüpft hatte? Bald müsste er auch diese Alternative in Erwägung ziehen, lange konnte er sich nicht mehr zusammenreißen. Seit den Ereignissen vor reichlich zwanzig Jahren hielt er es in Zellen oder anderen geschlossenen Räumen nicht aus. Da war es völlig egal, ob sie sich in Finnland oder im Sudan befanden.
Er rollte sich auf der knochenharten Pritsche zusammen, lag da wie ein Embryo und versuchte wieder in seine Phantasiewelt zu fliehen. Aus irgendeinem Grund funktionierten die Geschichten am besten, in denen er sich nach einem Unglück oder aus der Wildnisretten konnte. Genauer gesagt, sie hatten funktioniert, derzeit klappte nicht einmal mehr die Flucht in sein Inneres richtig.
Kara erhob sich von der Pritsche, trat zur Tür und schlug mit der Faust einmal, zweimal, ein drittes Mal an den Stahl. Zu seiner Überraschung waren im selben Moment hinter der Tür Stimmen zu hören, es klirrte metallisch, dann ging die schwere Tür langsam auf, und wer stand da? Jukka Ukkola. Kara schlug sofort zu und traf die Tür. Ukkola erschrak so sehr, dass er zögerte, in die Zelle hineinzugehen.
»Nun reiß dich mal am Riemen, du Verrückter, bei einem tätlichen Angriff auf Vollzugsbeamte kommt man nicht mit einer Geldstrafe davon.«
Kara ging zur Pritsche, setzte sich hin und schloss die Augen, es blieb ihm nichts anderes übrig, sonst könnte er die Verantwortung für das, was er tat, nicht mehr übernehmen. Jemand musste Ukkola eine Lehre erteilen, die er nicht vergessen würde. Der Mann machte Kati Soisalos Leben zu einem Alptraum und war sowohl am Menschenhandel als auch am Drogenschmuggel beteiligt.
»Ich bin freiwillig hierhergekommen, um zu berichten, was in Lohja geschehen ist«, sagte Kara. »Ihr habt keinen Grund mehr, mich in der Zelle festzuhalten. Selbst du wirst nicht so dumm sein und dir einbilden, dass ich zwei Polizisten erschossen habe.«
»Das Leben so eines Typs, der ständig ausrastet, ist bestimmt sehr interessant«, erwiderte Ukkola, der sich bis in die Tür gewagt hatte, und betrachtete Kara. »Du hast erzählt, ein Kirgise namens Manas habe in Hormajärvi den Eigentümer des Feriendorfes und zwei Polizisten umgebracht, dir aber sei es gelungen, zu fliehen. Bis jetzt wurde dort nichts gefunden, was deine Geschichte bestätigen würde, außer der Nachricht einer Polizeistreife, wonach in der Nähe der Gebäude zwei Autos geparkt waren – ein Mercedes einer Autovermietung und Kati Soisalos Smart, mit dem du unterwegs warst. Hast du meine Frau übrigens gevögelt?«
Kara ging zur Tür und blieb so nahe vor Ukkola stehen, dass der sich ein wenig nach hinten beugen musste. »Aber natürlich. Kati ist gut im Bett.«
Für einen Augenblick sah es so aus, als würde Ukkola die Nerven verlieren. Er spitzte die Lippen, strich über sein rabenschwarzes Haar und stieß die Tür ganz auf. »Der Generaldirektor des UNODC hat das Außenministerium in den letzten zwei Stunden mit Telefonaten bombardiert. Die Schmauchspurenproben zeigen, dass du in den Stunden vor der Untersuchung nicht geschossen hast. Ich lasse dich jetzt gehen, aber vergiss nicht, wie du dich in diesem Loch gefühlt hast. Nach Abschluss dieser Ermittlungen wirst du Jahre irgendwo in einer ähnlichen Zelle verbringen.«
***
Als Kati Soisalo das Gebäude der Helsinkier Polizei in Pasila verließ, war sie so in Gedanken versunken, dass sie an ihrem bestellten Taxi vorbeilief. Ukkola hatte bei seiner Inszenierung gründliche Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass sie beschuldigt wurde, einen Teil des Nachlasses von Eini Eronen unterschlagen zu haben. Man hatte sie gerade unter dem Verdacht einer Straftat vernommen, der Straftatbestand lautete schwere Unterschlagung, und die Polizei war dank der Zeugenaussagen vollkommen im Bilde über den Ablauf der Ereignisse. Ein netter junger Kriminalobermeister hatte sie eine Stunde lang dazu befragt, warum die Halskette Eini Eronens, deren Wert auf hundertzwanzigtausend Euro geschätzt wurde, im Nachlassverzeichnis fehlte und wie sie in den Besitz des Juweliergeschäfts »Myrow« gelangt war.
Vor dem ehemaligen Gerichtsgebäude wäre Kati Soisalo um ein Haar gegen einen auf dem Fußweg abgestellten Kleintransporter gelaufen, da fiel ihr ein, dass sie ein Taxi angerufen hatte, sie machte kehrt und ging zurück. Vilmas
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